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Auch Santiago hatte einen Hund

Auch Santiago hatte einen Hund

Titel: Auch Santiago hatte einen Hund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Lindenthal
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Saint-Jean-Pied-de-Port nach Burgos, von wo sie etwa drei Wochen später zurückkehrten, erfüllt von der Faszination des Camino und begeistert von den Erlebnissen und Begegnungen auf ihrem Weg. So war es nur selbstverständlich, dass sie im Jahr darauf wieder aufbrachen, um den zweiten Teil -bis Santiago - in Angriff zu nehmen. Doch diese Reise blieb nicht ohne schwere Konsequenzen für Ingrid. Vor Santiago schloss sich ihnen ein offensichtlich herrenloser, riesiger Hund an und wich ihnen bis in die Stadt hinein nicht mehr von der Seite - er hatte sie adoptiert! Da Ingrid seit und dank Ajiz keine Angst mehr vor Hunden, sie sogar ins Herz geschlossen hatte, akzeptierte sie die Adoption und fütterte ihn während dieser Tage, ohne allzu genau über die Konsequenzen nachzudenken, die sich aus ihrem spontanen, vom Herzen gelenkten Handeln ergaben. Denn sie hatte Verantwortung für ein Lebewesen übernommen, die sie jetzt, nach Erreichen ihres Zieles, nicht einfach wieder sang- und klanglos fallen lassen konnte. Also was tun? Wer wollte in Spanien -kein eben hundefreundliches Land - schon einen herrenlosen, großen und auch nicht mehr jungen Hund aufnehmen? Denn ihn einfach zurückzulassen oder in ein Tierheim zu stecken kam für sie nicht in Frage.
    Heute, vier Jahre später, kann ich Folgendes berichten: Ingrid hat den Hund mit einer kleinen Privatmaschine (ein mit ihr bekannter Pilot hat ihr einen Sonderpreis gemacht) nach Österreich geholt, nachdem sie ihn für die Dauer ihrer Heimreise und der Organisation seiner Überführung kurzfristig in einem spanischen Tierheim „zwischengelagert“ hatte , für das sie heute noch in ihrer Praxis Spenden sammelt. Da der Besitzer des Hauses in Innsbruck, in dem sie ihre Praxis betrieb, auf Dauer keine Hunde duldete, suchte sie sich eine neue, hundefreundliche. Und als Arca -sie benannte ihn nach dem Dorf, in dem er ihr zugelaufen war -schon fortgeschrittenen Alters war und Anzeichen eines beginnenden Hüftleidens zeigte, gab sie ihre Eigentumswohnung im zweiten Stock eines Hauses (ohne Lift) in Schwaz - 30 km von Innsbruck - auf und übersiedelte in ein altes Bauernhaus, in dem sie ebenerdig wohnt. Dort wird sie bleiben, solange Arca lebt. Doch damit nicht genug. Zu guter Letzt sollte auch Traudl mit ihrem Wunsch nicht ganz Unrecht behalten, denn Ingrids damalige Beziehung ging wegen Arca zu Ende (klassisch: der Hund oder ich) und vor fast einem Jahr hat sie beim täglichen Spaziergang mit Arca einen männlichen Hundebesitzer kennen gelernt, der heute ihr Lebensgefährte und mit dem sie glücklich ist - hoffentlich lange! Ajiz, du Engel, danke!
    Jetzt habe ich es doch wieder geschafft, mir ins Knie zu schießen! Wahrscheinlich war ich ob der überwältigenden Gastfreundschaft der Schwestern noch in so einem Hochgefühl; oder war es der Umstand, dass mein - vorerst definiertes - Ziel in greifbare Nähe gerückt ist, oder ist mir die nach dem heftigen nächtlichen Gewitter so erfrischende Morgenluft zu Kopf gestiegen; oder war es all das zusammen, keine Ahnung! Jedenfalls hat mich der Teufel geritten und ich habe entgegen meinen eigenen Ratschlägen doch wieder eine Abkürzung über einen Waldweg gewagt, weil mir der Bogen, den die Straße von Westen nach Süden beschrieb, viel zu groß und lang erschien. Es kam, wie es kommen musste. Der Weg, der anfangs gerade nach Süden führte und so den Bogen offensichtlich abschnitt, schwenkte nach Osten und ermöglichte mir so zum Preis des Verlustes von viel Zeit und Schweiß den Gewinn bzw. die Bestätigung einer schon gewonnenen, äußerst simplen Erfahrung: Bleib am Weg!
     
    29
    DIENSTAG, 20. JULI
    ECHOURGNAC - WALD BEI SAINT-MARTIN
     
    Trotzdem komme ich heute sehr gut voran, ich fühle mich voller Energie. Die erste Trinkpause mache ich erst nach über drei Stunden, als der Wald schon hinter mir liegt. So gut drauf war ich schon lange nicht mehr. Doch dann wird es wieder zäh. Auf der dicht befahrenen Straße hinein nach MONTPON-MENESTEROL, einer kleinen Stadt am Fluss Isle; Einkauf im Supermarkt; Stadtdurchquerung; Ausfallstraße; Mittagsrast. Zwei Frauen, die ich nach dem Weg frage, haben noch nie in ihrem Leben etwas vom Jakobsweg gehört. Wie verschiedene Welten es doch auf unserer einzigen geben kann! Für mich ist der Jakobsweg seit einem Monat Lebenszentrum, vom Aufstehen bis zum Schlafengehen dreht sich alles um ihn, für sie ist er - nichts.
    Abgesehen von meiner „Abkürzung“ heute früh bin ich seit gestern

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