Auch sonntags Sprechstunde
bleibe zu Hause. Ich mache nicht für andere den Narren.«
»Große Geister können es sich leisten, sich klein zu machen.«
»Es bleibt beim schwarzen Anzug. Tut mir leid.«
»Nun, die Party findet erst statt, wenn wir aus Paris zurück sind. Du hast noch genug Zeit, es dir zu überlegen.«
»Wenn ich >nein< sage, heißt das auch nein.«
»Nein«, sagte Sylvia, »ich werde die Einladung annehmen. Es klingt großartig. Schließlich gehen wir sonst nie zu einem Kostümfest, nicht wahr.«
Mein erster Patient kam ohne Karteiumschlag ins Sprechzimmer. Ich rief Miss Nisbet durchs Telefon herbei. Keine Antwort. Ich drückte den Summer anhaltend, noch immer keine Antwort.
Der Patient, dessen Name mir entgangen war, war nicht größer als fünf Fuß und sah wie ein Spaniel aus.
»Wo steckt nur Miss Nisbet?«
»Sie meinen Mrs. Bottomley?«
»Woher kennen Sie ihren Namen?«
Er wirbelt seinen Hut herum und sagte: »Ich bin Mr. Bottomley.«
»Oh, Sie sind Miss Nisbets Ronald?«
»Mrs. Bottomley!«
»Nun gut, Mrs. Bottomley«, seufzte ich. Ich hatte noch nie die Bekanntschaft mit einer Familie gemacht, die so viel Wert auf Protokoll legte. »Vielleicht können Sie mir verraten, wo Ihre Frau steckt. Ich habe eine rege Praxis, und sie scheint nicht gekommen zu sein. Ich kann einfach nicht ohne Sprechstundenhilfe auskommen.«
»Ich befürchte aber, daß Sie es müssen, Herr Doktor.«
»Wieso? Was ist passiert? Wenn es sich um die Gehaltsfrage handelt...« Plötzlich fiel mir Miss Nisbets Indisposition vom letzten Abend ein.
»Ist Ihre Frau erkrankt?«
Wieder drehte er an seinem Hut. »Nun, man kann es so bezeichnen. Ich bin gekommen, um Ihnen mitzuteilen, Herr Doktor, daß Mrs. Bottomley nicht länger ihre Pflichten ausführen kann. Sie hätte Ihnen selbstverständlich fristgemäß gekündigt, aber unter den Umständen... «
»Welche Umstände?«
Er hüstelte und wurde rot. »Mrs. Bottomley befindet sich in einem gewissen Umstand.« Er sagte es, als sei es die Schuld der Vögel und der Bienen.
»Sie meinen, sie ist schwanger?«
Er nickte.
»Schön für sie!« Ich kritzelte ein Rezept. »Passen Sie auf, geben Sie ihr das, zwei jede Nacht, und sie wird in wenigen Tagen wieder wohlauf sein.«
»Ich glaube, Sie mißverstehen die Situation, Herr Doktor. Mrs. Bottomley erwartet ein Kind. Unser erstes Kind. Ich will, daß sie alles tut, damit dieses Kind gesund zur Welt kommt. Sie soll im Bett frühstücken, ich werde ihr das Frühstück zubereiten, ehe ich ins Büro gehe, sie soll eine Hilfe für den Haushalt bekommen und am Nachmittag ausruhen. Ich kann kaum ernsthaft annehmen, Herr Doktor, daß Sie ihr einige Pillen verschreiben und vorschlagen, sie soll ihre Arbeit hier fortsetzen und für jedermann rennen und springen. Das könnte ich mit meinem Gewissen nicht vereinbaren. Deshalb -« und er erhob sich und richtete sich zu seiner vollen Höhe auf — »verbiete ich es.« Er setzte seinen Hut auf. »Und da ich schon hier bin, Herr Doktor, möchte ich noch hinzufügen, daß ich mit Mrs. Bottomleys Arbeit hier nie einverstanden war. Ich finde, man hat sie reichlich ausgenützt« (ich überlegte, ob er die Überstunden bei der Pocken-Epidemie meinte) - »und es sind, Arbeiten von ihr verlangt worden, die für eine junge Dame ganz ungeeignet sind.« Ich nahm an, daß er auf die Urinuntersuchungen anspielte, welche wir ihr beigebracht hatten und gegen die sie auch niemals nur den leisesten Protest eingelegt hatte.
Er streckte mir die Hand entgegen, die ich schüttelte. Er sah mich überrascht an.
»Ich wollte eigentlich ihre Versicherungskarten mit der Eintragung bis zum heutigen Tage haben.«
»Ich befürchte, daß ich nicht weiß, wo sie liegen. Sie müssen Miss Nis... Ihre... ich meine, Mrs. Bottomley fragen. Sie hat sich um diese Dinge gekümmert.«
»Ich hoffe, daß Ihre Praxis auch ohne sie weiterlaufen wird.«
»Viel besser aber mit ihr«, lächelte ich zustimmend. »Wollen Sie es sich nicht doch überlegen?«
»Und dadurch das Leben eines kleinen Bottomley gefährden? Niemals! Guten Morgen, Herr Doktor.«
Ich verabschiedete mich von ihm und wünschte ihm für seine Frau und die zukünftige Familie alles Gute.
Das war das Ende der tüchtigen Herrschaft von Miss Nisbet.
Mr. Bottomley war gegangen und hatte mich niedergeschlagen zurückgelassen: der Gedanke, nach so vielen Jahren mit einer neuen Sprechstundenhilfe arbeiten, ja sie wieder ausbilden zu müssen, war mir schrecklich. Ich drückte
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