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Auch unter Kuehen gibt es Zicken

Auch unter Kuehen gibt es Zicken

Titel: Auch unter Kuehen gibt es Zicken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Michalke
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wenn der Abschied kommt, sperr ich die Tür zu und häng ein Schild dran »Bin nicht da«. Sollen doch die, die’s können, das mit dem Abschied machen. Die, die ein Ziel haben, nach dem Abschied. Aufregende Pläne. Dringende Termine. Aber mich soll er in Ruhe lassen, der Abschied. Der Almabtrieb. A-Day. Ich latsche ins Leere, nach dem A-Day. Das reicht mir schon. Da hab ich schon Angst genug. Und die brutalen Kaliber kommen noch davor. Die Momente, wenn wir alle weinen möchten, aber stattdessen den Boden schrubben oder das Leergut wegfahren, weil wir Menschen sind, die so was nicht zeigen. Man reißt sich zam. Egal, wie. Dem Hias müsst ich, wenn die Wahrheit rauskäme, um den Hals fallen und Danke schluchzen. »Das war so ein schöner Sommer. Danke. Danke, für alles, was du getan hast für mich. Was du mir beigebracht hast. Und was du mich selbst hast lernen lassen. Dafür vor allem. Danke.«
    Machen werd ich’s nicht. Sagen auch nicht.
    Aber ich ahne, dass sie längst lauern, diese Momente. Wie unsichtbare Monster. Hinter jeder Tür. Auf jedem Regal. An jedem Nagel, an den ich zum letzten Mal was hänge.
    Annika schenkt sich auch noch einen ein. »Wenn nie einer anfängt zu sagen, was er fühlt, wird nie einer sagen, was er fühlt.«
    »Jaa …«
    Und dann erzähl ich ihr vom Ende meiner Liebe. Traurig. Auch wenn’s absehbar war. Auch wenn’s von vornherein nicht zusammengepasst hat. Einsam. Aber ich hätt mir lieber einen Zahn am Tischeck ausgebissen, als das zuzugeben.
    »Hast du Schluss gemacht?«, fragt sie.
    Ich nicke. Und denke, gleichzeitig, vielleicht hätt es doch noch irgendwie klappen können …
    Annika trinkt ihren Milchkaffee und betrachtet mich wie eine Katze ihre Maus. »Kipp ihn die nächste Schlucht runter. Ihn zurückhaben wollen ist Blödsinn.«
    »Ja.«
    »...«
    »Er wird sich umdrehen und die perfekte Hausfrau heiraten.«
    »Männer, die perfekte Hausfrauen wollen, sind nicht die Richtigen für Frauen wie uns.«
    »...«
    »Du bist für die Liebe gemacht«, sagt Annika und tanzt quer durch ihre Hütte. Und vor meinem inneren Auge spielen sich Horrorszenen ab. Hundert Mountainbiker, die a Woaz’n bestellen. Ein Bügelbrett als Weihnachtsgeschenk. Und dann, weil der Wind grad so praktisch steht, landet einer mit dem Gleitschirm vor meiner Hütte und fragt mit sanfter Stimme: »Spatzl, hast du ’n Kaffee für mich?«
    Ach, es ist zum Kotzen mit den Männern. Und grad auf der Alm, wo man denken möchte, all diese Dinge würden einen hier oben nicht heimsuchen. Man denkt, man könnte inRuhe sein Herz reparieren. Sich klar werden über sich und das Leben, und die Liebe und wohin man will mit alldem. Ha, ha. Auf der Alm bist du dir selber ausgeliefert. Deiner eigenen Sehnsucht und Phantasie. Und das ist viel schlimmer als der schlimmste Männerzirkus.
    »Auf der Alm, mit de Männer, is der gleiche Wahnsinn wie im Tal«, grinst Annika und wickelt den Zucchinikuchen aus der Alufolie.
    Wir stoßen mit den Kaffeetassen an, auf die Liebe und darauf, dass das Leben nie so läuft, wie’s sollte. Und dass wir’s trotzdem leben, irgendwie.
    Und dann trinken wir auf die, die unsere Liebe verdient haben, und noch mehr. Zurzeit sind das unsere Viecher. Die haben mein Herz erobert. Alle. Und ganz besonders eine. Wenn sie mich anschaut, so groß. Und alles muss sie mit ihrer kababraunen Schnauze riechen, anstupsen, damit sie’s versteht. Und in ihren Ohren hat sie Fell. Wenn ich ihr schreie, läuft sie mir nach. Meine Nelly.
    »Kann sie schon Sitz?«, fragt Annika.
    »Nein. Aber sie kommt auf Pfiff«, sage ich, lächelnd, und dann bricht das ganze stolze Gerede von der Liebe über mir zusammen wie ein Kartenhaus, und ich vergrabe mein Gesicht in den Händen, damit ich nicht laut aufheule. Damit ich nicht fühlen muss, wie’s mir gerade mein Herz zerreißt.
    Annika nimmt mich in den Arm und wiegt mich hin und her.
    »Wenn der Lastwagen kommt, und die Nelly muss da rein ...«
    Sie streichelt meine wirren, zottligen Haare und gibt mir ein Geschirrtuch, damit ich schnäuzen kann.
    »Sie wird nicht reingehen, das weiß ich.« Sie ist ja nicht blöd. Aber dann wird der G-Bau’r, dem sie ja gehört, mit dem elektrischen Viehtreiber kommen und sie mit Stromschlägen hineinjagen. Weil er keine Zeit hat für so einen Zirkus.
    Und ich weiß, wie sie mich anschauen wird.
    Weil ich nur dastehe und zuschaue. Zulasse, dass sie das machen mit ihr und sie wegbringen. Irgendwohin.
    »Vielleicht, wenn du sie

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