Auf all deinen Wegen - Lene Beckers erster Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)
würden. Noch hatte sie einige Tage Urlaub – und die wollte sie in seiner Nähe sein.
Wie es ihm wohl ginge? Hatte er wirklich auf sie gewartet? B eruflich oder …?
Weiß t du, Lene, eigentlich bist du über das Teenageralter schon etwas hinaus. Aber in ihrem Bauch fühlte es sich genauso an. Werden wir weise und erwachsen in allen Lebensdingen außer in der Liebe? Manchmal bist du unfair, Gott. Und doch ist es schön!
Kapitel 3 6
Lene sah aus dem Fenster auf die beleuchtete Straße. Wartete auf Mike. Sophie und Fred unterhielten sich angeregt. Sophie fragte ihn gerade nach seinem Großvater. Lene erschrak, sie würde doch nicht, aber beruhigte sich sofort wieder. Sie konnte sich auf Sophie verlassen. Dabei fiel ihr ein, dass sie Fred noch nach den fehlenden Fingerabdrücken von ihm auf der Safetür fragen wollte. Fred erzählte von seinem Grandpa und man sah wieder die Liebe und Trauer dahinter. Aber auch Verwirrung.
» Er war ein seltsam gegensätzlicher Mann. Auf der einen Seite so fürsorglich und liebevoll, wie ich es mir von meinem Vater mehr gewünscht hätte. Durch ihn, Jeff, hatte ich eine tolle Kindheit. Er ist mit mir überall hingefahren, wir haben die Wälder nördlich von San Francisco erforscht, er war es auch, der mit mir zum Yosemite Natural Park fuhr. Wir sind zelten gefahren, oft am Wochenende zum Fischen. Einfach toll. Auf der anderen Seite war er nachtragend und jähzornig. Er konnte richtig in Wut geraten.«
» Hat er dich dann geschlagen?« Sophies Augen waren voller Anteilnahme.
» Nein, das nie. Aber ich war auch nie sein Feind. Bei meinem Vater war er hingegen oft wütend, aber auch ihn hat er nie geschlagen.«
» Und deine Mutter? Was ist mit ihr?«
Freds Augenbrauen zogen sich zusammen. Das gab seinem G esicht einen hilflosen und zugleich unwilligen Ausdruck.
» Sie ist tot. Sie starb vor fünf Jahren an Krebs.«
Sophie legte ihre Hand auf se ine. »Das tut mir leid«, sagte sie leise.
» Ja, es war so früh. Sie war erst neunundvierzig.«
Neunundvierzig. Wie ich jetzt, überlegte Lene. Sophie musste dasselbe gedacht haben, sie sah Lene richtig erschrocken an.
Das hat seine Bindung an den alten Jeff noch enger gemacht, dachte Lene.
Schon eigenartig, dass in ihrer eigenen Familie die Frauen die prägende Rolle spielten, in Freds Familie jedoch die Männer. Und dass Zach durch die Arbeitslosigkeit seinen Enkel Jeff betreut hatte, und dadurch auch erzogen, und später Jeff, aus dem gleichen Grund, Fred.
» Sag mal, Fred, mir ist unterwegs noch etwas eingefallen. Oder aufgefallen. Hast du eigentlich Handschuhe angehabt, als du den Safe geschlossen und am nächsten Tag wieder geöffnet hast?«
Fred schaute verständnislos.
» Handschuhe? Wieso? Nein. Ach, wegen etwaiger Fingerabdrücke, ich verstehe. Nein, Handschuhe hatte ich nicht bei mir, wozu auch, aber ich habe ein Handtuch aus der Küche um meine Hand gewickelt, beide Male. Ich habe ja nichts greifen müssen, nur die Tür anstoßen bzw. dahinter haken und aufmachen.«
Das klang plausibel – wenn man die ganze Aktion überhaupt so annahm, wie Fred sie geschildert hatte.
Lene lä chelte ihn beruhigend an.
» Ach so, ja, das leuchtet ein.« Wie sollte sie nur danach fragen, ob er einmal Iris gegenüber von seiner Liebe zu Joanne gesprochen hatte? Etwa so - Sag mal Fred, hast du Iris erzählt, wie sehr du Joanne liebst? Nein, das ging nicht. Schon gar nicht hier.
Stattdessen fragte sie:
»Wo ist überhaupt Iris heute Abend?«
» Sie wollte noch im Geschäft nachsehen, ob irgendetwas Wichtiges war. Ich dachte, sie kommt noch nach. Mal sehen.«
I n dem Moment ging die Eingangstür auf und Mike kam herein. Sein Lächeln wich einer leichten Verwirrung, als er sie zusammen am Tisch sitzen sah. Aber Fred stand gleich auf.
» Ich gehe dann mal wieder zu Ian rüber. Bis später.«
Sophie stand auch auf. »Hast du etwas dagegen, Mom, wenn ich zu den Jungs rübergehe?«, fragte sie mit mutwilligen Augen.
Lene musste lachen. »Nicht wirklich. Aber bestell dir etwas zu essen, oder willst du mit uns essen?«
» Ich esse dort. Also – viel Spaß!«
M it deutlicher Verschwörermiene Mike noch schnell zulächelnd, schwang sie ihr offenes Haar nach hinten und ging hinüber zu den »Jungs«.
Auch Mike lä chelte. In seinen Augen tanzten kleine Sterne.
» Ist deine Tochter immer so – äh – wissend? Und rücksichtsvoll?«
Er beugte sich zu Lene hinunter und küsste sie auf die Wange, drückte dabei sein Gesicht
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