Auf Allie ist Verlass
Brittany hatte bestimmt alle Filme gesehen und dachte, dann müsste sie nicht auch noch die Bücher lesen. Was dann?
Von draußen hörte ich Kevins Stimme. Er bat darum, das Innere der Limousine besichtigen zu dürfen. Normalerweise wäre mir das schrecklich peinlich gewesen, aber in diesem Fall war ich stolz auf ihn. Er wollte Zeit schinden, damit ich ein Buch aussuchen konnte. Gleichzeitig erfüllte er sich seinen Wunsch, einmal in einer Limousine zu sitzen. Ich war sehr stolz auf ihn.
Endlich fiel mein Blick auf das perfekte Buch. Natürlich. Wieso war ich nicht eher darauf gekommen? Und ich hatte es sogar doppelt, und das eine Exemplar war völlig unversehrt, weil Harmony es mir geschenkt hatte. Sie wusste nicht, dass ich es schon zigmal gelesen hatte. Als Kind war es auch ihr Lieblingsbuch gewesen.
Eigentlich wollte ich es Brittany nicht schenken, auch wenn ich zwei davon hatte. Schließlich war es mein Lieblingsbuch, und die Ausgabe von Harmony war noch so neu und hübsch. Auf die Titelseite hatte sie geschrieben Für eine wahre Freundin . Da stand nicht mein Name oder ihrer, nichts dergleichen. Deshalb konnte auch keiner wissen, wer das geschrieben hatte, und ich konnte es Brittany trotzdem schenken. Auch wenn sie nun wirklich nicht meine wahre Freundin war. Aber ich hatte keine andere Wahl. Das oder keins. Darauf lief es hinaus. Ich nahm das Buch und lief nach unten.
»Hier«, sagte ich und warf es Onkel Jay praktisch zu.
Er schaute auf das Buch, das er in der Hand hielt.
»Gute Wahl«, sagte er und ging ins Esszimmer, um es in den Comic aus der Tageszeitung einzuwickeln. Also wirklich! Ausgerechnet die Witzseite.
Als ich stöhnte, hob er den Blick.
»Was?«, fragte er. »Das nennt man Recycling. Überaus umweltfreundlich von dir.«
Als er fertig war, reichte er mir das Buch und wünschte mir viel Spaß.
»Werde ich haben.«
Allmählich war ich wieder gespannt auf die Party. Immerhin war ich jetzt mit einem Geschenk bewaffnet und hatte die Limousine schon von nahem gesehen. Onkel Jay hatte recht. Es war egal, wie teuer ein Geschenk war. Wichtig war, dass es von Herzen kam. Ich nahm meine Übernachtungstasche, gab Onkel Jay einen Abschiedskuss und lief aus dem Haus. Ich war entschlossen, mich bestens zu amüsieren.
Regel Nummer 7
Mädchen, die verrückt nach
Jungen sind, verstehen nicht,
dass nicht alle Jungen süß sind
»Dein kleiner Bruder«, sagte Brittany, als ich Kevin endlich aus der Limousine gezogen hatte und selbst eingestiegen war, »ist niedlich.«
Alle tuschelten zustimmend. Ich wusste, das war ein gutes Omen. Die meisten Leute fanden meinen kleinen Bruder Kevin süß (die mussten ja auch nicht mit ihm zusammenleben). Ich hatte ihm seine grässliche Tat, dass er mein Geheimnis Mariannes Schwester verraten hatte, beinahe verziehen. Denn er hatte die Mädchen in der Limousine zu meinen Gunsten beeinflusst. Und dieses Publikum war nicht leicht zu gewinnen. Außer Brittany Hauser, die hinter der »Allie-Stinkle«-Sache steckte, war auch noch Mary Kay Shiner da, meine ehemalige beste Freundin, die damals der ganzen Schule erzählt hatte, dass ich Regeln in ein Buch schreibe (was ich für völlig normal halte. Seltsam sind höchstens Leute, die kein Regelbuch führen. Woher soll man wissen, wie man sich verhalten soll, wenn man die Regeln nicht kennt?).
»Ha, danke«, sagte ich.
Ich muss zugeben, dass ich etwas nervös war. Der Chauffeur (die Limousine wurde von einem Chauffeur in Uniform gesteuert!) war ausgestiegen, nahm mir meine Tasche ab und stellte sie in den Kofferraum. Dann hielt er mir die Tür auf, als wäre ich ein Filmstar! Das hatte noch nie jemand für mich getan.
Als ich dann einstieg, starrten mich fünf Augenpaare an – Mrs Hauser nicht mitgezählt, die vorne neben dem Fahrer saß. Da war natürlich Brittany, das Geburtstagskind, und Courtney Wilcox, Brittanys ehemalige beste Freundin, die von meiner ehemaligen besten Freundin Mary Kay Shiner verdrängt worden war. Die saß auf der anderen Seite von Brittany. Außerdem saßen noch zwei Mädchen im Auto, die ich auch aus unserer Klasse in der Walnusswald-Schule kannte: Lauren Freeman und Paige Moseley.
Alle fünf Mädchen waren super stylish angezogen, trugen Lipgloss und kleine Täschchen und – ich hätte es mir denken können – hochhackige Stiefel mit Reißverschluss.
Traurig blickte ich auf meine Cowboystiefel. Manchmal habe ich das Gefühl, nie zur Siegergruppe zu gehören, egal wie viel Mühe ich mir gebe.
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