Auf Befehl des Koenigs
sie den Eindruck gewinnen, dass sie nicht hierher gehört.« Nach dem Bad bürstete sie dem kleinen Mädchen das Haar und zog ihm ein sauberes weißes Nachthemd an, das Edith zur Verfügung gestellt hatte.
Während Mary zu Abend aß, ging Edith mit Annie nach oben, um ein Schlafzimmer für die neue Hausbewohnerin herzurichten. Sie sollte den Raum neben jenem bewohnen, den der Laird und seine Frau beziehen würden. Jamie wollte in der Nähe des Kindes bleiben für den Fall, dass es nachts aufwachte und schrie. »Alle Mütter haben einen leichten Schlaf«, erklärte sie. »Wir wissen instinktiv, wann unsere Töchter uns brauchen. Das werden Sie verstehen, wenn Ihr Baby geboren ist, Elizabeth.«
Elizabeth hatte nicht das Herz, die Begeisterung ihrer Herrin mit dem Hinweis zu dämpfen, deren Mutterschaft habe erst vor einem halben Tag begonnen. »Angus kann sich kaum noch gedulden, bis die Fäden aus seiner Brust gezogen werden. Er erwartet Sie drüben am Tisch.«
»Setzen Sie sich zu ihm, dann wird er nicht so laut schreien.«
»Wird’s ihm wehtun?«
»Überhaupt nicht. Er wird nur jammern, weil ihm das alles lästig ist.«
Elizabeth eilte zu ihrem Mann, und Alec machte gerade ein Feuer im Kamin. Er hörte die Schritte seiner Frau, drehte sich um, und da wurde ihm Mary in die Arme gedrückt. »Du fürchtest dich doch nicht mehr vor mir, Kleines?«, fragte er auf Gälisch.
Lächelnd schüttelte sie den Kopf, und als er sie auf seine Schultern setzte, kreischte sie vor Vergnügen. Aber Jamie schrie erschrocken auf, und er stellte Mary sichtlich zerknirscht auf den Boden. »Ich kenne mich nicht so gut mit Kindern aus«, gestand er.
»Du wirst es schon noch lernen.«
Er musste Marcus und Gavin eine ganze Weile entrüstet anstarren, bis ihr respektloses Grinsen endlich erstarb. Dann führte er Mary zum Schaukelstuhl. Er setzte sich hinein, nahm sie auf den Schoß und befahl ihr, einzuschlafen. Der Stuhl stimmte sie genauso misstrauisch wie ihren Vater, und sie musste erst einmal beruhigt werden.
Inzwischen kümmerte sich Jamie um Angus, und der Laird überlegte, was er nun tun sollte. Vielleicht wäre eine Gute-Nacht-Geschichte angebracht, und so schilderte er eine seiner schönsten Schlachten. Mary Kathleen lauschte fasziniert. Auch Gavin und Marcus zeigten Interesse an den blutrünstigen Ereignissen, rückten Schemel zum Kamin und bekundeten ihre Anerkennung durch leise Grunzlaute.
Jamie hörte Alecs Stimme im Hintergrund, achtete aber nicht auf seine Worte. Erbittert beschwerte sich Angus, weil sie ihm vorerst nicht gestattete, die Armschiene abzunehmen.
»Sie können zwar jetzt schon die Finger bewegen, Angus, doch das bedeutet noch lange nicht, dass der Knochen zusammengewachsen ist. Diesen Verband müssen Sie noch einen guten Monat tragen, und damit basta. Die Wunde in der Brust ist gut verheilt, nicht wahr, Elizabeth?«
»O ja, und wir sind Ihnen beide sehr dankbar, Jamie.« Erst als Elizabeth ihren Mann anstieß, stimmte er widerwillig zu: »Aye, das sind wir.«
Jamie unterdrückte ein Lächeln. Sie hatte bereits erkannt, welch goldenes Herz sich hinter Angus’ Bärbeißigkeit versteckte. Sie trug ihre ärztlichen Gerätschaften hinter die Trennwand, dann war es an der Zeit, Mary ins Bett zu bringen. Das Kind hatte einen anstrengenden Tag hinter sich. Doch als sie es auf Alecs Knien sitzen sah, brachte sie es nicht fertig, diese zauberhafte Szene zu stören. Er erzählte Mary eine Gute-Nacht-Geschichte – nein, er erzählte Mary, Marcus und Gavin eine Gute-Nacht-Geschichte. Und jetzt gesellte sich auch Angus hinzu. Die Erzählung schien die ausgewachsenen Männer genauso zu faszinieren wie die Dreijährige.
Zärtlich betrachtete Jamie ihren Gemahl. Wie sehr sie ihn liebte … Nie hätte sie ihm so viel Feingefühl zugetraut. Natürlich würde er energisch bestreiten, eine solche Eigenschaft zu besitzen, dachte sie lächelnd. Wie würde er sich verhalten, wenn sie ihm endlich ihre Liebe gestand? Würde er erkennen, dass auch solche Empfindungen zu einer Ehe gehörten und sie ebenfalls lieben lernen?
Wie hatte sie jemals glauben können, die Schotten wären den Engländern unterlegen? Beschämt über ihren Irrtum, schüttelte sie den Kopf und trat näher, um die Geschichte zu hören, die das Publikum dermaßen fesselte.
Aber nicht alle waren begeistert. Das merkte Jamie, als sie Elizabeths entsetztes Gesicht sah. Und dann vernahm sie Alecs Worte. »Der gewaltige Schwertstreich trennte ihm den Arm ab
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