Auf Befehl des Koenigs
dermaßen gedemütigt hätte.
»Wir stehen unserem Vater alle sehr nahe«, wisperte Jamie, als der Baron die Frage des Priesters, wer die Bräute zum Altar führen solle, nicht beantworten konnte und sein Gesicht in einem nass geweinten Taschentuch vergrub. »Er wird uns sehr vermissen, Mylord. Das alles ist schrecklich schwer für ihn.«
Sie sah Alec nicht an, während sie das schändliche Benehmen ihres Vaters entschuldigte. Aber er hörte den flehenden Unterton in ihrer etwas rauen Stimme und wusste, dass sie ihn um Verständnis bat. Das fand er so hochherzig, dass er seine Meinung über den Schwächling für sich behielt. Soeben hatte sie ihm einen weiteren Einblick in ihren Charakter gewährt, denn ihre Bitte verriet eine ausgeprägte Loyalität gegenüber ihrer Familie, und das hielt er unter allen Umständen für eine lobenswerte Eigenschaft. Angesichts gewisser Mitglieder dieser Familie grenzte Jamies Treue geradezu an die Duldsamkeit einer Heiligen.
Sie wagte ihren Bräutigam nicht anzusehen. Die beiden Schwestern – Seite an Seite – hielten sich an den Händen, um einander zu trösten. Daniel hatte rechts von Mary Stellung bezogen, Alec links von Jamie. Sein Arm und sein Schenkel streiften sie. Mehrmals, mit Absicht.
Sie konnte ihm nicht ausweichen, denn an ihrer anderen Seite stand Mary, und sie konnte nicht zurücktreten, weil dieser Fluchtweg von Alecs Schulter versperrt wurde. O Gott, wie sie es hasste, Angst zu empfinden! An solche Gefühle war sie nicht gewöhnt. Entschlossen redete sie sich ein, es liege an Laird Kincaids Größe. Wie eine düstere, wütende Wolke überragte er sie. Er roch nach Heidekraut und Leder. Unter erfreulicheren Umständen hätte ihr dieser Duft vielleicht gefallen. Jetzt verabscheute sie natürlich alles an ihm.
Der Priester beendete seine Predigt über das Sakrament der Ehe, dann wandte er sich an Mary. Von Natur aus grundehrlich, veranlasste sie Daniel, laut aufzulachen, weil sie sehr lange über die Frage nachdachte, ob sie ihn zum Mann nehmen wollte. Dabei zog sie die Stirn in Falten, als müsste sie die Bedeutung der normannischen Eroberung von England erklären. Schließlich gestand sie: »Lieber nicht, Vater Charles.«
Jamie näherte sich der Schwelle eines hysterischen Anfalls. Warum mutete man ihr zu, diesen schottischen Kriegsherrn namens Kincaid zu heiraten? Und er erleichterte ihr die Situation keineswegs, denn er stand viel zu dicht neben ihr, sodass sie seine Körperwärme spürte.
Während der Geistliche ihre Schwester bat, die richtige Antwort zu geben, versuchte Jamie von Alec wegzurücken. Im Hintergrund ihres Bewusstseins lauerte der feige Gedanke, den Mann einfach wegzustoßen und davonzulaufen. Offenbar erriet er diesen Plan, denn nun legte er einen Arm um ihre Schultern. Vergeblich versuchte sie sich zu befreien, bevor sie ihm zuflüsterte, er solle sie loslassen. Diese Forderung blieb unbeachtet. Resignierend wisperte sie in Marys Ohr: »Es ist wohl gleichgültig, was wir wollen. Wenn du dich weigerst, Daniel zu heiraten, stellst du dich gegen deinen König.«
»Aber wenn ich sage, ich will ihn zum Mann nehmen, stelle ich mich gegen den Allmächtigen, denn das wäre eine Lüge.«
»Um Himmels willen, Mary, antworte dem Priester!«, fauchte Jamie.
Dieser feindselige Ton kränkte Mary. Sie bedachte ihre Schwester mit einem vernichtenden Blick, dann wandte sie sich wieder zu Vater Charles. »Also gut, ich will ihn nehmen.« In Jamies Richtung zischte sie: »Bist du jetzt glücklich? Du hast mich gezwungen, einen Mann im heiligen Gewand zu beschwindeln.«
»Ich habe dich gezwungen?« Der gepresste Klang ihrer Stimme lag nicht nur am Zorn über den ungerechten Vorwurf. Alecs Hand glitt zu ihrem Nacken, seine Finger streichelten ihre empfindsame Haut.
Der Priester nickte, zufrieden mit Marys Antwort. Nun waren Alec und Jamie an der Reihe. »Ihr voller Name, Mylord?«
»Alec Kincaid.«
Plötzlich hatte es Vater Charles sehr eilig, die Zeremonie hinter sich zu bringen, denn die Blicke der sonst so lieben, guten Jamie nahmen einen mörderischen Ausdruck an. In seiner Verwirrung flocht er das Wort »bereitwillig« ein, als er sie fragte, ob sie Alec zum Mann nehmen würde.
»Bereitwillig?« Sie holte tief Luft, um ihre Meinung zu verkünden, doch da spürte sie, wie Alecs Hand ihren Hals umschloss. Offenbar versuchte er sie einzuschüchtern. Sie griff nach oben, bemühte sich seine Hand wegzuziehen – ohne Erfolg. Der Druck seiner Finger
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