Auf Befehl des Koenigs
ist mir so peinlich. Aber du bist der einzige Mensch, dem ich mich anzuvertrauen wage.«
»Ja?«
»Daniel hat nicht verlangt, dass ich mich ihm hingebe.«
»Nannte er seine Gründe?«
Mary nickte. »Anfangs dachte ich, er wollte nur rücksichtsvoll sein. Er sagte, er würde mir Zeit lassen, damit ich ihn besser kennen lerne.«
»Das war doch sehr nett von ihm«, meinte Jamie und fragte sich, warum Alec nicht so viel Feingefühl gezeigt hatte.
Ihre Schwester brach wieder in Tränen aus. »Zunächst fand ich das auch. Dann erklärte er, ich hätte sein Missfallen erregt, weil ich dich beim Überfall dieser grässlichen Banditen als Schild benutzte. Stattdessen hätte ich dich beschützen sollen.«
»Warum?«
»Weil du die Jüngere bist.«
»Hast du nicht entgegnet, ich sei in solchen Dingen geschickter als du?«
»Das versuchte ich, aber er wollte nicht auf mich hören. Er beleidigte mich, und ich zahlte es ihm mit gleicher Münze heim – das muss ich zugeben.«
»Was sagte er?«
»Dass ich wahrscheinlich kalt wie ein Fisch bin. Alle Engländerinnen seien so.«
»O Mary, das war sehr unfreundlich von ihm.«
»Das ist noch nicht das Schlimmste. Als wir in seiner Burg ankamen, wurde er von einer dicken, hässlichen Frau erwartet, die sich in seine Arme warf. Er tat nichts, um ihren Annäherungsversuch abzuwehren, und sie küssten sich vor meinen Augen.«
»Du hast Recht, Schwesterherz.«
»Inwiefern?«
»Ich verabscheue ihn.«
»Das hab ich dir ja prophezeit. Und was soll ich jetzt machen? Den Heimweg zu Papa kann ich niemals finden, und Daniels Krieger werden mir sicher nicht glauben, wenn ich ihnen einrede, er habe mir gestattet, nach England zurückzukehren.«
»Vermutlich nicht«, stimmte Jamie zu.
»Ich will zu Papa!«
»Ich vermisse ihn genauso, und manchmal habe ich ebenfalls Heimweh.«
»Denkt Alec, du wärst kalt wie ein Fisch?«
Jamie zuckte die Achseln. »Das hat er nicht gesagt.«
»Hat er eine Geliebte?«
»Keine Ahnung. Vielleicht … O Gott!«, flüsterte Jamie. »An diese Möglichkeit habe ich noch gar nicht gedacht.«
»Darf ich bei dir bleiben?«
»Willst du das wirklich?« Mary nickte, und ihre Schwester fuhr fort: »Als wir unsere Männer zum ersten Mal sahen, dachte ich, Daniel wäre der nettere. Er lächelte dauernd und wirkte so fröhlich.«
»Das fand ich auch. Aber wenn er Recht hat? Wenn ich tatsächlich kalt wie ein Fisch bin? Es gibt Frauen, die nichts spüren, wenn ein Mann sie anfasst. Ich glaube, Tante Ruth war so. Erinnerst du dich, wie garstig sie ihren Gemahl behandelt hat?«
»Sie war zu allen Leuten eklig.«
»Ich weiß, ich bringe dich in Verlegenheit, aber ich frage mich …«
»Was denn?«
»Sind alle Männer so wie Daniel, oder ist Alec …? Ach, wie soll ich es bloß in Worte fassen? Jetzt hab ich grässliche Angst vor Daniels Berührung, und das ist ganz allein seine Schuld.«
Jamie wusste nicht, wie sie Mary helfen konnte, aber sie versuchte es. »Ich muss Alec finden, ehe er auf die Jagd geht.«
»Brauchst du seine Erlaubnis, um mich hier zu behalten?«, fragte Mary erschrocken. »Und wenn er es verbietet?«
»Ich benötige seine Erlaubnis nicht«, prahlte Jamie und bemühte sich, ihrer Lüge einen wahrhaftigen Klang zu verleihen. »Aber ich habe etwas anderes mit ihm zu besprechen. Geh in die Halle und warte dort auf mich. Schließ Bekanntschaft mit unserem Priester, Vater Murdock. Runzle nicht die Stirn, du wirst ihn mögen. Er ist ganz anders als Vater Charles. Sobald ich mit Alec geredet habe, komme ich zu dir.«
Jamie schaute ihrer Schwester eine Weile nach, ehe sie vor das Tor trat und zur Straße hinabblickte, um festzustellen, ob Alec und seine Leute bereits aufgebrochen waren. Als sie über die Brücke gehen wollte, versperrten ihr Soldaten den Weg.
»Warum lassen Sie mich nicht vorbei?«, fragte sie den rothaarigen Riesen, der direkt vor ihr stand.
»Wir haben unsere Befehle, Mistress.«
»Und wer hat sie Ihnen erteilt?«
»Laird Kincaid.«
»Oh …« Jamie versuchte ihren Ärger zu verbergen. »Ist mein Mann schon weggeritten?«
»Nein.« Die Lippen des Kriegers verzogen sich zu einem Lächeln. »Er steht hinter Ihnen.«
Sie drehte sich um und starrte auf Alecs breite Brust. »Du kannst dich an einen ranschleichen wie eine Katze.«
»Wohin wolltest du?«
»Ich habe dich gesucht. Warum müssen mich deine Männer hier festhalten?«
»Um deine Sicherheit zu gewährleisten.«
»In deiner Abwesenheit bin ich also eine
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