Auf Befehl des Koenigs
bestätigte er: »Nein, ich würde dich nicht zurückholen.«
Rasch senkte sie den Blick, um ihm nicht zu zeigen, wie weh ihr seine Antwort tat. Spielte es überhaupt eine Rolle, ob er sie heimholen würde oder nicht? Der Mann war ein schottischer Barbar, der ihr nichts bedeuten dürfte.
»Ich würde dir jemanden nachschicken«, fuhr er fort. »Aber da du nicht weggelaufen bist, sind diese Überlegungen müßig, nicht wahr?«
»Ich mag dich immer weniger, Kincaid.«
»Du solltest dein zorniges Temperament im Zaum halten, Engländerin.« Er strich mit einem Finger über ihre Wange. »Mach keinen Ärger während meiner Abwesenheit.«
Mit zärtlichen Abschiedsworten konnte sie wohl nicht rechnen. Er schob sie von sich, ging zu seinem Pferd und stieg auf. Sie starrte ihm nach, als er davonritt, und strich über die Wange, die er berührt hatte. Dann ließ sie hastig ihre Hand sinken. Beinahe verabscheute sie ihn. Beinahe …
Sie erinnerte sich, dass er ihr erlaubt hatte, Veränderungen in der Küche vorzunehmen. Es war nur eine geringfügige Aufgabe, aber immerhin ein Anfang. Wenn er sah, wie hübsch sie sein Heim gestaltete, würde er ihr bald Vertrauen schenken. Jamie straffte die Schultern und ging ins Haus.
Kapitel 12
Die Kunde von Lady Kincaids bemerkenswerten Heilkünsten breitete sich wie ein Lauffeuer im Hochland aus. Die Geschichte von Angus’ Genesung bedurfte keiner Übertreibung, denn die Wahrheit war eindrucksvoll genug und musste nicht ausgeschmückt werden.
Die Mitglieder des Kincaid-Clans, die das Frühlingsfest in Gillebrids Burg besuchten, erfuhren einen halben Tag, nachdem sie von Angus’ Tod gehört hatten, auf welch wunderbare Weise er gerettet worden war. Lydia Louise, seine jüngere Schwester, hatte eben noch verzweifelt geschluchzt, und nun vergoss sie Freudentränen. Schließlich war sie am Ende ihrer Nervenkraft. Man gab ihr starken Wein zu trinken und brachte sie dann ins Bett.
Keiner von den McPhersons erschien zu den Festlichkeiten. Der einzige Sohn des Clanführers, ein drei Monate alter Junge, war so krank und schwach, dass niemand an seinem baldigen Tod zweifelte. Eigensinnig wie der Vater, hatte das Baby plötzlich heftige Abneigung gegen die Muttermilch entwickelt. Wann immer es gestillt wurde, übergab es sich, und schließlich fehlte ihm die nötige Kraft, um an den Brustwarzen zu saugen.
Laird McPherson ergriff die Flucht und suchte Trost in seinen geliebten Wäldern. Wie ein Kind weinte er, denn er erwartete, bei seiner Rückkehr sein Söhnchen begraben zu müssen.
Die Fergusons waren mit den McPhersons gegen die verhassten Fischer, die McCoys, verbündet. Diese Fehde währte nun schon so viele Jahre, dass sich niemand an ihren Beginn erinnerte. Hingegen waren die Kincaids mit den McCoys verbündet, seit ein McCoy-Krieger eine Kincaid-Tochter aus dem Fluss gefischt und vor dem Ertrinken bewahrt hatte. Das Gebot der Ehre verlangte es, dass die Kincaids den McCoys in allen Kämpfen gegen die McPhersons zur Seite standen.
Aber als Lady Cecily McPherson von Lady Kincaids Heilkunst hörte, missachtete sie alle Gesetze des Hochlands. Um ihr Kind zu retten, hätte sie sogar mit dem Teufel einen Pakt geschlossen. Ohne irgendjemanden in ihren Plan einzuweihen, brachte sie das Baby zur Ferguson-Burg und flehte Lady Ferguson um Hilfe an. Mary zeigte großes Verständnis für die Notlage der armen Frau. Und da Daniel noch auf der Jagd nach Angus’ Feinden War, brauchte sie ihren Gatten nicht um Erlaubnis zu bitten. Ohne zu zögern, ritt sie mit dem Kind zu Jamie.
Natürlich wussten alle Kincaid-Soldaten, zu wem das Baby gehörte, so wie jeder in den Bergen über die Angelegenheiten aller anderen Leute im Bilde war. Aber niemand teilte der Herrin mit, dass sie den Sohn eines Feindes verarztete. Die Mannen errieten, dass dieser Umstand keine Rolle für Lady Jamie spielen würde. Sie war nur eine Frau und würde ihren Mutterinstinkt wichtiger nehmen als die Kriegsgefahr. Außerdem vermochte sie die Bedeutung einer Clanfehde nicht zu verstehen, und nach der Art und Weise zu urteilen, wie sie bei Angus’ Letzter Ölung ihren Willen durchgesetzt hatte, würde sie auch diesmal tun, was ihr richtig erschien.
Aber Gavin ahnte, was geschehen würde, sollte das Baby auf dem Grund und Boden der Kincaids sterben. Nachdem er dem bedauernswerten Kind einen kurzen Blick zugeworfen hatte, hielt er einen Krieg für unvermeidlich. Er befahl seinen Soldaten, sich für einen Kampf zu rüsten,
Weitere Kostenlose Bücher