Auf Befehl des Königs
der Schleier von einem Goldreif gehalten. Sie trug das Kleid, das er ihr geschenkt hatte, dazu einen Halsschmuck aus kostbaren Juwelen, allerdings keine Gabe, die von ihm stammte.
Orrick verkniff sich ein Schmunzeln, da er ihre Taktik erkannt hatte. Mit der Zurschaustellung der wertvollen, mit Rubinen und Smaragden besetzten Goldkette wollte sie ihn kränken und sich gleichzeitig vor ihm schützen. Immerhin hatte er etwas erreicht!
Während der Mahlzeit beobachtete er sie heimlich. Sie präsentierte sich wieder einmal als wohl erzogene Edeldame, die wusste, Haltung zu bewahren, ließ sich von ihm die Speisen vorlegen und beantwortete seine Fragen höflich und zuvorkommend, wenngleich mit vornehmer Zurückhaltung. Erst beim Hauptgang fiel ihm auf, dass sie englisch sprach. Ob dahinter eine Absicht steckte?
Immer wieder nestelten ihre Finger an der Halskette, wobei er nicht unterstellte, dass sie damit etwas bezwecken wollte, indem sie den mittleren großen Edelstein so zurechtrückte, dass er genau über ihrem Buseneinschnitt lag. War die Geste nur Ausdruck ihrer Nervosität, oder spielte sie mit Orrick? Nach Beendigung des Essens stand er auf, um sie in ihr Gemach zu bringen.
"Mylord, mit Eurer Erlaubnis möchte ich gerne Bruder Wilfrid aufsuchen, bevor ich zu Bett gehe."
Eine ungewöhnliche Bitte zu dieser Tageszeit, die ihm allerdings harmlos erschien. Er hatte keine Einwände gegen eine Unterhaltung mit dem Mönch. "Wenn Ihr gestattet", antwortete er, "begleite ich Euch."
Sie nickte und legte ihre Hand in seine Armbeuge. Er führte sie von der Hochtafel durch die Korridore zur Werkstatt, die hinter der Küche und den Vorratsräumen nahe dem Hinterausgang des Wohnturms lag.
Kurz vor der Studierstube erkundigte er sich: "Wollt Ihr ihm sagen, dass Ihr ihm nicht länger behilflich seid?"
Sie sah mit einem Stirnrunzeln zu ihm auf. "Warum stellt Ihr mir diese Frage, Mylord?"
Er wollte sie schon wegen ihrer förmlichen Anrede zurechtweisen, als zwei Küchenmädchen durch den Flur huschten und ihn daran hinderten.
"Wegen der Spritzer an Euren Händen. Falls der Umgang mit Tinte und Feder Euch so sehr stört, können wir eine andere Beschäftigung für Euch finden."
"Ich muss gestehen, dass mich der Anblick meiner schwarzen Finger anfangs sehr verunsichert hat. Aber ich habe über Eure Worte nachgedacht und beschlossen, Bruder Wilfrid weiterhin zur Verfügung zu stehen, zumindest so lange, bis sein Nachfolger aus der Abtei angereist ist."
Orrick ließ sich sein schlechtes Gewissen wegen dieser Notlüge nicht anmerken, hatte er doch gar keinen Ersatz für den alten Mönch angefordert.
"Im Übrigen hat Wilfrid mir ein Reinigungsmittel gegeben, das die Flecken fast vollständig entfernt hat", sagte sie und zeigte ihm ihre Hände. Bis auf ein paar dunklere Schatten waren die Kleckse tatsächlich verschwunden. "Und die neue Schürze schützt mein Kleid bei meiner Arbeit. Vielen Dank … auch für das neue Gewand."
Ihre Stimme hatte diesen verführerischen dunklen Tonfall angenommen, der seine Wirkung auf ihn nicht verfehlte. Sie wollte die Tür öffnen, er aber hielt sie zurück und drehte sie zu sich um. Mit einem Blick auf ihren kostbaren Halsschmuck sagte er: "Mit den Aufmerksamkeiten des Königs kann ich zwar nicht konkurrieren, aber meine Geschenke kommen von Herzen. Mit meinen Bemerkungen über weibliche Eitelkeiten und das Überbewerten der äußeren Erscheinung wollte ich keinesfalls Eure Gefühle verletzen. Deshalb war es mir ein Bedürfnis, das Kleid zu ersetzen, welches Ihr Euch bei mir ruiniert habt."
Marguerite schaute ihn fest an. "Ich nehme Eure Gabe dankbar an und erkenne die gute Absicht dahinter."
Orrick konnte nicht länger widerstehen. Er neigte sich über sie, ihre Lippen begegneten einander, ohne dass er sie in die Arme nahm. Er beendete den Kuss, blickte ihr tief in die Augen. Erneut herzte er sie hingebungsvoll. Diesmal drängte er seine Zunge in ihre Mundhöhle, um von ihr zu kosten. Als sie keinen Widerstand leistete, zog er sie sanft zu sich. Orrick spürte, wie sie ihre Hände in seine Ärmel krallte. Erst dann schlang er seine Arme um sie und zog sie eng an sich.
Er hob den Kopf, wollte ihr in die Augen sehen, doch sie hielt die Lider geschlossen. Da gab es kein Halten mehr für ihn, er küsste sie wild, bis beide atemlos waren. Küsse mit aller Leidenschaft, die er für sie empfand. Liebkosungen voller Hoffnungen und Träume, denen er sich hingab. Er presste ihren Rücken gegen die
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