Auf Bewährung
»Hey, du hast doch nicht gewusst, was passieren würde. Und wir haben uns gar nicht so schlecht geschlagen, stimmt’s?«
»Du hast dich sogar ganz hervorragend geschlagen.«
»Jetzt schmeichelst du mir aber.«
Sie starrten einander an. Mace strich Roy übers Haar und rieb ihm den Arm.
»Und? Lust, ein wenig nass zu werden?«, fragte Roy leise, und ihre Blicke verschmolzen miteinander.
Dann hörten sie ein Geräusch von unten. Mace sprang auf. »Das muss Herbert sein. Möchtest du, dass ich das Essen hier raufbringe, oder willst du draußen essen und den herrlichen Garten genießen?«
Roy ließ ihre Hand los. »Herrlicher Garten klingt gut.«
»Lass dir Zeit. Ich werde das Essen warmstellen.«
Als Mace die Treppe regelrecht nach unten floh, ließ sich Roy langsam ins Wasser sinken.
*
Beth war gerade von einem Meeting in ihr Büro zurückgekehrt, als ihr Telefon klingelte. Sie nahm ab. »Chief Perry«, meldete sie sich.
»Bitte bleiben Sie für Bundesanwältin Mona Danforth am Apparat«, sagte eine Frauenstimme übertrieben formell.
Beth trommelte mit den Fingern auf den Tisch, während sie darauf wartete, dass Mona abnahm. Die Frau zog diese Nummer ständig ab. Vermutlich hatte sie danebengestanden, als ihre Sekretärin angerufen hatte, und war dann in ihr Büro zurückgeschlendert, um Beth warten zu lassen.
Dreißig Sekunden vergingen, und Beth wollte den Hörer gerade wieder auf die Gabel knallen, als sie die Stimme dieses Weibes hörte. »Mona Danforth.«
»Jaja, das ist mir schon klar. Haben Sie etwa vergessen, dass Sie mich angerufen haben? Was gibt’s?«
»Da ist etwas seltsam am Fall Meldon.«
»Könnten Sie etwas genauer werden?«
»Hey, Sie haben mich doch gebeten, ein paar Leute anzurufen und Ihnen dann Bericht zu erstatten.«
Beth starrte auf ihren Schreibtisch, während sie versuchte, eine Million Dinge in ihrem Kopf zu ordnen, die sie heute noch erledigen musste. Größtenteils dachte sie jedoch an Monas kleinen Plan, Sie und Mace fertigzumachen. »Dann reden Sie.«
»Ich habe Jamies Fälle überprüft. Er hat an nichts gearbeitet, was irgendjemanden dazu hätte veranlassen können, ihn umzubringen und in einem Müllcontainer zu entsorgen.«
»Aber er war doch mal Strafverteidiger in New York, stimmt’s?«
»Genauer gesagt war er als Anwalt für den Mob tätig. Doch die Leute, die er vertreten hat, sind entweder tot, im Gefängnis oder nicht länger im Geschäft. Und der einzige Kerl, der ihm wirklich etwas hätte nachtragen können, ist im Zeugenschutzprogramm, und die U. S. Marshalls lassen ihre Schützlinge für gewöhnlich nicht herumrennen, damit sie Morde begehen können.«
»Und die CIA behauptet, die Ermittlungen in Jamies Fall nicht an sich gerissen zu haben. Gehen wir einfach mal davon aus, dass sie ausnahmsweise mal die Wahrheit sagen. Wer könnte sonst dahinterstecken? Ich habe gehört, die Anweisung, dass wir und das FBI uns raushalten sollen, sei direkt aus dem Weißen Haus gekommen. Dann habe ich jedoch mit jemandem geredet, dem ich vertraue, und der hat mir versichert, dass das nicht stimmt.«
»Und wer ist das?«
»Tut mir leid, Mona. Wenn ich anfange, meine Quellen zu offenbaren, werde ich bald keine mehr haben.«
»Schön!«
»Schauen Sie, der Bürgermeister war derjenige, der mich zurückgepfiffen hat, doch als ich ihn gefragt habe, woher der Befehl gekommen ist, hat er dichtgemacht.«
»Glauben Sie, das FBI ist in diesem Fall ehrlich zu uns?«
»Ich kenne den Direktor und seine Topleute genauso gut wie Sie. In der Vergangenheit haben sie immer mit uns kooperiert. Warum fragen Sie?«
»Weil ich eine Nachricht von einem Special Agent bekommen habe, dass er sich wegen Jamies Fall mit mir treffen will.«
»Warum mit Ihnen?«
»Ich bin im Augenblick die Oberste Bundesanwältin von D. C., Beth. Jamie hat für mich gearbeitet.«
»Als ich das letzte Mal nachgeschaut habe, fiel ein Mord in D. C. in meine Zuständigkeit. Schließlich muss ich die bösen Buben erst mal fangen, bevor Sie sie anklagen können, Mona.«
»Wenn Sie sich mit ihm treffen wollen, dann tun Sie sich keinen Zwang an. Ich habe auch so schon genug zu tun. Als ich diese Möglichkeit ihm gegenüber erwähnt habe, hat er auch nichts dagegen gehabt. Tatsächlich glaube ich, er wollte ohnehin auch mit Ihnen sprechen.«
Beth griff nach einem Blatt Papier. »Okay. Wie heißt der Mann?«
»Special Agent Karl Reiger.«
Kapitel 63
A ls sie mit dem Essen fertig waren, ging die Sonne unter.
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