Auf Couchtour
dein Herzschlag sich in heftigem Pochen mit seinem vereinte. Allmählich wurde er lockerer und genoss deine Show – das tat er von Anfang an, aber jetzt stieg er mit ein, und das heizte dich noch mehr an. Es war eine ungewohnte Situation für ihn, sonst war er ja der Macher. Für dich ebenso, doch wer wäre bei dieser sexy Vorstellung auf die Idee gekommen? Du bist auf das Bett gestiegen, hast dir ein Kissen geschnappt und dich dahinter endlich deines Übergangs-Früh-Frühjahrs-Mini-Trenchcoats entledigt – der flog Aaron im hohen Bogen entgegen und landete auf seiner Schulter. Er nahm ihn, sog deinen Duft ein und schmiss ihn hinter sich auf den Sessel. Das Kissen bot dir einen Sichtschutz, hinter dem du dich mal mehr und mal weniger versteckt hast. Aaron pfiff, zog die Augenbrauen in gespielter Entrüstung hoch und schlug die Hände vors Gesicht, um sogleich wieder durch seine gespreizten Finger zu spähen, damit er auch nichts von dir verpasste. Er neigte seinen Kopf zur Seite und lächelte dich nickend an, um dich in deinem angedeuteten Vorhaben, das Kissen fallen zu lassen, zu bestärken. Er war verrückt nach dir und konnte sich kaum mehr zurückhalten, bis du ihn endlich zu dir gelockt hast. Aaron sprang so schnell auf dich zu, dass er das Kissen noch im Fall auffing und wegschleuderte. Bevor du dich versahst, hatte er dich gepackt und dich in fester Umarmung umgerissen. Ihr liebtet euch bis in den Wahnsinn.«
Tja, wie soll ich Ihnen meine Freundin Charline jetzt beschreiben? Schockgefroren! Ich glaube, dieses Wort trifft das Bild, das ich gerade vor Augen habe, recht gut. Sie hockt da, mit ihrer Decke und rührt sich nicht mehr. Ich gehe davon aus, sie lebt noch, sonst wäre sie schon längst zur Seite umgekippt und mit dem Kopf auf den Couchtisch geknallt.
»Charline!« Ich klatsche in die Hände. Sie fängt an zu schmatzen, in der Hoffnung, dass ihr Speichelfluss wieder einsetzt.
»Das könnte ich nie!«, krächzt das vertrocknete Etwas unter der Decke. »So einen Strip, meine ich, ich könnt’s nicht.«
»Oh doch, ich hab’s ja gesehen. Es kommt nur auf den richtigen Zuschauer an. Du warst grandios. Bernd hätte dich gefragt: ›Schatz, warum hast du die Jacke an, ist dein Bademantel kaputt?‹«
»Stimmt.« Charline lacht. Ich auch. Es ist ein bisschen gemein, aber so ist Bernd, echt, original. Ich will sie nicht mit den Gedanken an ihren Mann ernüchtern, Charline ist gerade so gut in Stimmung, also steige ich gleich wieder in die Geschichte ein: »Ruf dir bitte mal die Liebesszene aus Thelma und Louise ins Gedächtnis, die in dem Motel – Brad Pitt und Gina Davis!«
»Meine Güte, die heißeste Liebesszene aller Zeiten. Wie oft haben wir den Film gesehen? Hundertmal?«
»Öfter. Und an dieser Stelle immer zurückgespult, bis uns die Seufzer ausgingen. Ich schwöre dir, du und Aaron, ihr seid nackt über alles hinweggetobt, was sich als stabil genug erwies, euer Treiben auszuhalten. Es krachte, es schepperte, es klirrte. Charline, es ging so ziemlich alles zu Bruch, was euch im Weg stand. Du hattest noch am nächsten Tag den Abdruck von den Häkeldeckchen auf der Kommode auf deinem Hintern. Ein Wunder, dass ihr keinen Brand entfacht habt, jedenfalls keinen, den man mit Wasser löschen konnte. Die Kerzen überlebten euren Sturm. Ansonsten war das Zimmer komplett verwüstet. Ihr seid erschöpft ins Bett gesunken und habt euch eng umschlungen über das Chaos amüsiert. Es war der Sex eures Lebens.
Aaron hatte bei seinem Onkel einiges wiedergutzumachen, und das Trinkgeld von vorhin würde kaum ausreichen, den Schaden zu begleichen. Ihn störte das herzlich wenig. Dir gefiel seine Gelassenheit. Wer würde in diesem Moment über Geld nachdenken oder über morgen? Das Jetzt war viel zu intensiv, zu präsent, um etwas anderes zuzulassen. Euch beiden war klar, es gab nichts, was eure gemeinsamen Stunden toppen könnte. Ihr wusstet, es galt jede Sekunde auszukosten, um eure Erinnerung mit unwiederbringlichen Zärtlichkeiten anzureichern. Ihr habt die Zeit genutzt und euch geliebt bis zum Morgen. So gegen sechs Uhr früh bist du in seinen Armen eingeschlafen, erfüllt von seinem Duft, seiner Nähe und der Gewissheit, dass dir niemand jemals nehmen konnte, was du erleben durftest.«
»Wann bin ich zurück zum Hotel? Du hast dir doch bestimmt schon Sorgen gemacht. Ich war die ganze Nacht weg!«
»Von wegen! Meinst du, ich hab Trübsal geblasen, weil mein Abend mit Troy nach einem Drink vorbei war?
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