Auf Couchtour
Frauenprobleme woanders zu besprechen. Seine Gäste wollten hier schließlich den Abend und das Essen genießen, was bei unserem Thema ein Ding der Unmöglichkeit sei. Kaum, dass er uns den Rücken zugedreht hatte, wurden wir von Lachkrämpfen geschüttelt. Wir kreischten um die Wette. Ich musste mich auf die Treppe setzen, weil ich nicht mehr stehen konnte. Wir lachten noch, als sich die ersten Gäste verabschiedeten, was kurze Zeit später der Fall war. Was wie ein Fiasko begann, endete in einer lustigen Feier bis in den Morgen. Unsere Vorstellung trennte die Spreu vom Weizen. Die Öden verschwanden, die Geselligen blieben. Der harte Kern durfte sogar die Ursache für unser Theater erfahren. Charline hatte einen Werbespot für o. b.-Tampons gesehen: Eine Frau springt ins Wasser, reitet über Felder und schlägt einen Salto. Sie behauptet, sich dank ihres o. b.s ohne Einschränkung bewegen zu können – auch an den besonderen Tagen. Ohne Einschränkung bewegen, sprich, ohne Bewegungseinschränkung, war folglich die logische Erklärung für die Abkürzung o. b. Das fand sogar Bernd lustig. Da niemand am Tisch Charlines Theorie widerlegen konnte, weil keiner wusste, wofür o. b. tatsächlich steht, bestand für sie keine Gefahr, sich durch ihre Offenbarung lächerlich zu machen. Ich weiß es bis heute nicht und will es auch nicht wissen. Die Wahrheit wäre sicher eine Enttäuschung. Für Charline und mich bleibt Bernds Vierzigster auf immer und ewig der Tampon-Geburtstag. So. Genug der Abschweiferei. Zurück zur U-Bahn -Station.
»Troy löste eine Fahrkarte für mich mit, alles einhändig, weil seine andere Hand ganz mir gehörte. Ich habe keinen Schimmer, ob es in Wirklichkeit auch so ist, aber die Station war völlig gesocksfrei: keine Herumlungerer oder Nichts-Gutes-im-Schilde-Führer, keine Schlitzmesserschwinger. Und dass, obwohl wir zu später Stunde durch den Londoner Untergrund pilgerten! Wenn ich bedenke, was auf unseren überirdischen Bahnhöfen rumkraucht, war dieser Eindruck eine herbe Enttäuschung. Die Fußböden – blitzblank, nicht mal Schmierereien an den Wänden. Stattdessen Polizisten an jeder Ecke.
Es dauerte nicht lange, bis wir angehalten wurden – Peter trug ja seine Axt auf der Schulter. Sie war aus Gummi, wirkte aber täuschend echt. Ich sah mich schon wieder in einem Verhörraum sitzen, aber diesmal hatte ich ja das Gesetz auf meiner Seite, das beruhigte mich. Troy klärte die Situation auf, zeigte seine Dienstmarke und schon durften wir passieren. Ein bisschen mehr Action hätte es nach meinem Geschmack schon sein dürfen. Ich tröstete mich damit, gleich im London Dungeon auf meine Kosten zu kommen. Peter erschreckte mich ständig, um mich schon mal darauf einzustimmen.
Licht aus, Messer raus
In unserem Abteil waren keine Sitzplätze mehr frei, jedenfalls keine neun zusammenliegenden. Aufteilen kam nicht in Frage, also beschlossen wir, gemeinsam zu stehen, damit wir uns unterhalten konnten. Ab und zu schaute einer der Fahrgäste zu uns rüber, weil wir mit Abstand die Lautesten waren. Nach einer Weile klinkte ich mich aus den Gesprächen aus und ließ meinen Blick schweifen. Ich fragte mich, wo all die Leute herkamen oder wo sie hinwollten. Gesichter über Gesichter – junge, alte, hässliche, hübsche, gestresste und entspannte … ich versuchte, in allen zu lesen, was sie gerade beschäftigte. Ein junger Mann schmökerte in einem Buch mit dem Titel: Terrorist – bis die Bombe platzt. Er klammerte sich an seinen Rucksack und spähte in regelmäßigen Abständen über den Rand seiner Brille, als würde er auf ein Zeichen warten. Wahrscheinlich wollte er nur seine Station nicht verpassen – aber Vorsicht ist besser als Nachsicht. Ich wies Troy dezent auf den Typen hin. Er versicherte mir, es sei nichts Verbotenes daran, einen Roman zu lesen, und zwickte mich in die Seite, genau dahin, wo Frauen nicht gezwickt werden wollen, ohne sich vorher zu strecken. Er fasste in die Vollen, in die Speckrolle über meinem Hosenbund. Verdammt. Ich rächte mich – nur mit dem Unterschied, dass ich kaum was zwischen die Finger bekam. Der Mann war stramm wie ein Brett. Unsere Kabbelei steckte die anderen an. Zum Ärger der sitzenden Fahrgäste wurde von uns unter lautem Gelächter gekniffen, geschubst, gedrängelt und gequetscht. Obwohl wir Troy in die Ecke drängten, beschränkten sich seine Ticks auf ein paar Grimassen und Zuckungen. Ich glaube, er fühlte sich richtig gut, so gut wie schon lange
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