Auf & Davon
mit einer Hand an einem der Ziegel herum, während er mit der anderen Hand dagegen drückte. Der Ziegel gab nach, er hörte ihn in dem kleinen Alkoven auf den Boden plumpsen. Drinnen knisterte Plastik. Zane löste einen weiteren Ziegel, und noch einen.
Von drinnen kam das Rasseln von Ketten und ein leises Stöhnen.
Zane riss wie wild Backsteine aus der Mauer und ignorierte einfach, wie sehr er sich dabei die Hände zerschnitt und aufschürfte. Die Ziegel ließen sich nur widerstrebend lösen; der Mörtel hatte sich beinahe schon gesetzt. Sobald er eine grobe Öffnung geschaffen hatte, beugte Zane sich mit dem Feuerzeug in der Hand hinein.
„Ty?“ krächzte er. Vor lauter Adrenalin dröhnte ihm der Puls in den Ohren.
In dem winzigen Alkoven war Ty an der Wand angekettet. Seine Arme waren ausgebreitet, seine Hände über Kopfhöhe festgemacht worden. Blut lief ihm an den Armen herab und bildete Krusten an seinen Handgelenken. Seine Beine waren schulterbreit gespreizt, seine Knöchel mit Fußeisen an der Wand befestigt, so dass er die Füße nicht bewegen konnte. Um die Brust hatte er ein Seil, das ihn aufrecht hielt. Überall, wo die Fesseln seine Haut berührten, war Blut. Sein Kopf war geneigt, das Kinn hing ihm auf der Brust, und seine Hände hingen schlaff in den Handschellen. Er regte sich nicht, aber ein leises Stöhnen sagte Zane, dass er noch am Leben war. Gerade mal eben.
Zane blickte sich in der Kammer um und sah die Plastikfolie und den Mörteleimer. Er fluchte vor sich hin, dann sah er auch die Kerze und einen Bund rostiger eiserner Schlüssel. „Dieser verdammte Scheißkerl“, flüsterte er. Er beugte sich über die Ziegel und zündete die Kerze an, damit er sein Feuerzeug wieder einstecken konnte, dann fing er wieder an, Ziegel aus der Mauer zu brechen. Die Medikamente in seinem Blut befeuerten seine manische Erregung nur. Er arbeitete fieberhaft, achtete nicht auf den Schmerz, auf seinen ständig schneller werdenden Puls, auf seine zunehmende Benommenheit. Sobald das Loch groß genug war, schob er ein Bein hinein und duckte sich durch die Öffnung, was ihn direkt vor seinen Partner brachte. Es war kaum Platz da drin. Viel Luft konnte es auch nicht gegeben haben. Bei der Vorstellung allein bekam er schon fast Platzangst.
„Ty?“, flüsterte er, legte sanft eine Hand um Tys Kinn und hob seinen Kopf hoch. Er betete, dass Ty nicht schon zu weit weg war. Doch da drang zwischen den aufgesprungenen, trockenen Lippen ein weiteres Stöhnen hervor, und Ty bewegte sich.
Zane atmete in harschen Stößen, als er Tys Kopf vorsichtig wieder sinken ließ. Er bückte sich nach den Schlüsseln, die er vorhin auf dem Boden liegen gesehen hatte. Dann fummelte er fluchend an den Schlössern herum, löste zuerst Tys Fußfesseln und machte sich dann an die Eisenmanschetten um Tys blutende, zerschundene Handgelenke.
Er hatte versucht, aus den Fesseln freizukommen, stellte Zane fest, als er die erste Handschelle offen hatte. Es drehte ihm fast den Magen um. Oh, Herrgott, und wie… Allein beim Gedanken daran, wie heftig Ty gegen die Fesseln gekämpft haben musste, um sich derart die Haut an der Brust und an den Handgelenken aufzureißen, tat Zane das Herz weh. Als Tys Körper in sich zusammensackte, legte Zane sich den bereits befreiten Arm über die Schulter und schloss mühsam die andere Handschelle auf. Ty brach in seinen Armen zusammen. Doch als er ihn herauszuziehen versuchte, bekam Zane ihn nicht von der Wand weg. Er befingerte knurrend das Seil, zog schließlich eines seiner Messer und schnitt es durch. Dann warf er einen Blick zu dem unregelmäßigen Loch in der Wand, zog Ty an sich und drehte sich mit ihm zusammen um.
„Zane“, hauchte Ty kläglich. Der gequälte Laut war kaum zu hören.
Beim Klang seines Namens zerriss es Zane fast das Herz. „Ich bin hier, Baby. Ich hol‘ dich hier raus“, versprach er.
Ty schien allmählich wieder zu sich zu kommen. Er holte in gierigen Zügen Atem, als sei die abgestandene Kellerluft das Süßeste, was er je geschmeckt hatte. „Bist du echt?“, fragte er Zane. Er hielt sich jetzt aus eigener Kraft an ihm fest, aber seine Worte waren kaum zu verstehen.
In Zanes Lachen schwang ein wenig Verzweiflung mit. „Ja, ich bin so echt wie’s nur geht“, antwortete er und blieb vor der Ziegelmauer stehen. Er holte ein paar Mal tief Luft, biss die Zähne zusammen und hob Ty hoch. Ganz langsam und vorsichtig stieg er über die zerbrochene Mauer und setzte seine Füße
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