Auf dem Holzweg durchs Universum: Warum sich die Physik verlaufen hat (German Edition)

spezialisierten Wissenschaft: Es ist bequem, sich an den Autoritäten zu orientieren, ohne über die Probleme nachzudenken. Sie für erledigt zu erklären, ist vielleicht ein verständlicher Wunsch, aber gefährlich. Quasare haben eine so immense Bedeutung für unser Verständnis des Universums, dass eine Fehlinterpretation verheerend wäre.
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    Wo Rätsel mich zu neuen Rätseln führten, da wußten sie die Wahrheit ganz genau. – Franz Grillparzer, österreichischer Schriftsteller
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LANGGEZOGENE WASSERSTOFFWOLKEN UND FEHLENDE ZEITLUPE
    Ziemlich merkwürdig ist Folgendes: Das Licht von Quasaren legt Milliarden von Lichtjahren zu uns zurück und geht dabei durch Gebiete, die eine geringere Rotverschiebung als der Quasar selbst haben. So erhält man ziemlich genau Auskunft über die Materieverteilung im Universum: Fehlt zum Beispiel im Spektrum eines Quasars eine Lichtwellenlänge [62] mit einer bestimmten Rotverschiebung, weiß man sofort, dass sich an dieser Stelle der Sichtlinie eine Wasserstoffwolke befindet, die das Licht geschluckt hat. Jeder Quasar teilt uns auf diese Weise mit, wo auf dem Weg zu ihm Wasserstoffwolken liegen und wie groß sie sind. Andererseits sieht man die Ausdehnung von Wasserstoffwolken quer zur Blickrichtung natürlich auch, wenn Quasare nahe beieinander liegen. 201 Erstaunlicherweise scheinen sie in der Blickrichtung ausgedehnter zu sein – das bedeutet, die Wasserstoffwolken wären im Mittel zigarrenförmig und würden auf uns zeigen, was natürlich absurd wäre. Wahrscheinlich verstehen wir hier etwas nicht.
    Darüber hinaus sehen wir beim Blick auf entfernte Quasare ziemlich junge Exemplare einer weit zurückliegenden Vergangenheit – das Licht musste ja erst zu uns kommen. Dennoch haben sie schon einen hohen Anteil schwerer Elemente, 202 die sich gewöhnlich erst im Laufe von Jahrmilliarden in den Sternen bilden. Auch das sieht etwas komisch aus, Teenager-Sterne mit Falten im Gesicht. Und schließlich sollten beim Blick zurück in die Vergangenheit nach der Allgemeinen Relativitätstheorie alle Vorgänge in einer Art Zeitlupe erscheinen: So laufen etwa entfernte Supernova-Explosionen scheinbar viel langsamer ab als nahe – für die typischen Helligkeitsschwankungen von Quasaren gilt dies jedoch nicht, 203 obwohl man es nach der Theorie erwarten sollte. All diese Unregelmäßigkeiten sind befremdlich, werden jedoch im Vergleich zu den großen Modethemen unter Astrophysikern kaum diskutiert. Es gibt enorme Unterschiede in der Popularität von Themen, die einzig davon abhängen, ob sie sich zur Bestätigung der gängigen Modelle eignen oder nicht. Im ersten Fall werden oft subtilste Effekte breitgetreten, die nicht so überzeugen wie diese relativ direkten Beobachtungen.
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    Wenn wir unkritisch sind, bekommen wir immer, was wir wollen: Wenn wir danach suchen, finden wir Bestätigungen, wenn nicht, übersehen wir gerne, was für unsere Lieblingstheorien gefährlich sein könnte. – Karl Popper
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THEORIEUNTERNEHMEN OHNE BUCHHALTUNG
    Die gängige Vorstellung von Quasaren setzt voraus, dass Schwarze Löcher existieren. Lässt man den Glauben an die Richtigkeit der Allgemeinen Relativitätstheorie einmal außen vor, gibt es für diese aber keinen klaren Nachweis – schon gar nicht, was die Größe betrifft. Und noch viel weniger kann man aus den Spektren der Quasare einen direkten Beweis dafür ableiten, dass die Kerne von aktiven Galaxien tatsächlich Schwarze Löcher sind. Inzwischen ist ein plausibles Modell entstanden, aber es enthält doch zahlreiche Annahmen, über die niemand mehr Buch führt.
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    Alle Prüfung … einer Annahme geschieht schon innerhalb eines Systems. – Ludwig Wittgenstein
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    Schon die Energieabstrahlung ist reichlich vertrackt: Rotiert Materie um ein Schwarzes Loch, tut sie das in der sogenannten Akkretionsscheibe unterschiedlich schnell, sodass sie sich durch Reibung enorm aufheizt. So entweicht aus der Scheibe Licht eines kontinuierlichen Spektrums wie bei einem Regenbogen, gleichzeitig sind Linien ganz bestimmter Wellenlängen ein Fingerabdruck der chemischen Elemente. Und schließlich werden die Wellenlängen auch noch durch die hohen Geschwindigkeiten verschoben: Denn die abstrahlenden Substanzen befinden sich nach dem Modell auch außerhalb der Akkretionsscheibe, einmal in schnellen, einmal in langsameren Wolken, und so weiter …
    Das Ganze ist also nicht so einfach, was kein Vorwurf sein soll. Aber ein echter Test im Sinne exakter