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Auf dem Jakobsweg

Auf dem Jakobsweg

Titel: Auf dem Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paolo Coelho
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zu reden, manifestiert. Ich war Diener des Heiligen Geistes gewesen, der mich benutzte, um eine Frau zu retten, einen Feind zu erschaffen, und der mich die grausame Art des guten Kampfes gelehrt hatte. Jetzt war es anders: Ich war Herr meiner selbst und lernte, mit dem Universum zu sprechen. Ich begann, mit allen Dingen zu reden, die ich am Wegrand antraf: mit den Baumstämmen, den Wasserpfützen, den herabgefallenen Blättern und schönen Kletterpflanzen. Kinder konnten das, doch wenn sie älter wurden, vergaßen sie es. Und die Dinge antworteten mir auf geheimnisvolle Weise, als verstünden sie, was ich sagte.
Petrus hatte wieder einmal recht: Indern ich mich selbst etwas lehrte, wurde ich zum Meister.
Zur Mittagszeit machte ich keine Rast. Während ich durch die kleinen Dörfer am Wege kam, redete ich leiser, lachte in mich hinein, und wenn mich jemand dabei beobachtet haben sollte, wird er gedacht haben, daß die Pilger heutzutage verrückt in der Kathedrale von Santiago ankommen. Doch das war nicht wichtig, denn ich feierte das Leben um mich herum und wußte jetzt, was ich mit meinem Schwert tun würde, wenn ich es fand. Den ganzen restlichen Nachmittag ging ich wie in Trance. Ich kannte mein Ziel und fühlte das vielfältige Leben, das mich umgab und das mir Agape zurückgab. Am Himmel begannen dicke Wolken aufzuziehen. Ich hoffte, es würde regnen, denn nach der langen Wanderung durch das ausgetrocknete Land würde der Regen eine Erlösung sein. Um drei Uhr nachmittags betrat ich galizischen Boden und sah auf meiner Karte, daß mich vor dem Ende dieser Etappe nur noch ein Berg erwartete. Ich beschloß, hinaufzusteigen und in Tricastela, dem ersten bewohnten Ort, durch den ich beim Abstieg kommen würde, zu übernachten. Mit Tricastela hatte vor Urzeiten ein großer König, Alfonso IX., einst seinen Traum von einer großartigen Stadt verwirklichen wollen. Heute, Jahrhunderte später, war aus dem Traum noch immer nicht mehr als ein bescheidenes Dorf geworden.
Noch immer singend und in meiner erfundenen Sprache vor mich hin redend, begann ich den Aufstieg des letzten Berges, des Cebreiro. Der Name ging auf römische Siedlungen zurück und schien auf den Monat Februar zu verweisen, in dem irgend etwas Bedeutendes geschehen sein mußte. Einst war der Paß des Cebreiro der schwierigste der Rota Jacobea, doch heute hatten sich die Dinge gewandelt. Der Aufstieg war zwar steiler als andere, doch eine riesige Fernsehantenne auf einem benachbarten Berg diente den Pilgern als Bezugspunkt und verhinderte, daß sie vom Weg abkamen, was früher häufig vorgekommen war und oft tödlich geendet hatte.
Die Wolken senkten sich immer mehr, bald schon würde ich in den Nebel kommen. Um nach Tricastela zu gelangen, mußte ich mich genau an die gelben Markierungen halten, denn die Fernsehantenne war im Nebel verschwunden. Wenn ich mich verlief, mußte ich noch eine Nacht im Freien verbringen, was bei dem zu erwartenden Regen nicht gerade verlockend erschien. Sich Regentropfen auf das Gesicht fallen lassen, das freie Leben in vollen Zügen genießen und die Nacht an einem heimeligen Ort mit einem Glas Wein und in einem Bett beenden, in dem man sich für die Wanderung des nächsten Tages ausruht, ist eines. Etwas anderes ist es, wenn man im Schlamm liegt und einem der Regen ins Gesicht peitscht, der die Verbände aufweicht und den Schlaf raubt.
Ich mußte mich jetzt entscheiden. Entweder mußte ich weiter durch den Nebel wandern - noch war es hell genug - oder sofort umkehren, zum Übernachten ins letzte Dorf zurückkehren, durch das ich gekommen war, und die Besteigung des Cebreiro auf den nächsten Tag verschieben.
Etwas Seltsames war mit mir geschehen. Die Gewißheit, daß ich das Geheimnis meines Schwertes herausgefunden hatte, trieb mich vorwärts und in den Nebel hinauf, der mich bald ganz umgeben würde. Es war aus einem ganz anderen inneren Antrieb heraus als dem, der mich dem Mädchen zum Tor der Vergebung oder Angel zur Kirche des heiligen Joseph, dem Arbeiter, hatte folgen lassen. Ich erinnerte mich, wie ich bei den wenigen Malen, an denen ich mich bereit erklärte, einen spirituellen Kursus in Brasilien abzuhalten, die mystische Erfahrung mit dem Fahrradfahren verglichen hatte. Wir steigen aufs Fahrrad, treten auf die Pedale und fallen. Wir fahren und fallen, fahren und fallen und lernen keineswegs allmählich, das Gleichgewicht zu halten. Dennoch ist das vollkommene Gleichgewicht plötzlich da, und wir beherrschen das

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