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Auf dem langen Heimweg: Roman (German Edition)

Auf dem langen Heimweg: Roman (German Edition)

Titel: Auf dem langen Heimweg: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen McQuestion
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Iowa.«
    Rita blickte in den Rückspiegel und sah, dass Lavernes Gesicht aufleuchtete wie das eines Kindes auf einem Jahrmarkt. Kaum zu glauben, dass das Überqueren einer unsichtbaren Linie für eine Frau dieses Alters von solcher Bedeutung war. Laverne legte die Handfläche auf die Scheibe, als der Wagen übergangslos vom Ufer auf die Brücke rollte. »Oh, ist der groß«, sagte sie und riss beim Anblick des Stroms die Augen auf. »Ich wusste nicht, dass er so gigantisch ist.«
    »Der mächtige Mississippi«, meinte Jazzy und befestigte Garmina mit dem Saugnapf an der Windschutzscheibe. »Derselbe Strom, den Huckleberry Finn und Jim mit dem Floß hinuntergefahren sind.«
    Jazzy hatte ihre Begegnung mit den Hirschkühen auf dem Picknickplatz beiläufig abgetan. Sie gab zu, dass sie merkwürdig gewesen war, zuckte darüber aber nur mit den Schultern. Wer konnte schon wissen, warum Tiere etwas taten? Vielleicht hatten sie geglaubt, sie hätte Futter dabei. Rita war jedoch nicht bereit, das Thema so ohne weiteres fallen zu lassen. Siewartete, bis sie ein Stück weit in Iowa waren und die anderen ihren eigenen Beschäftigungen nachgingen: Laverne hatte die Nase an die Scheibe gepresst und Marnie las in einer Zeitschrift. Während Jazzy das Display des Navis in einem günstigen Winkel ausrichtete, sagte Rita: »Ich staune immer noch über diese Hirschkühe. Was meinst du wohl, warum sie so nah an dich herangekommen sind?«
    »Ganz schön verrückt, nicht wahr?«, antwortete Jazzy. »Sie müssen wohl an Menschen gewöhnt sein.«
    »Glaubst du das wirklich?«, fragte Rita. »Dass die Hirschkühe einfach nur an Menschen gewöhnt sind?«
    Jazzy strich sich die Haare aus dem Gesicht. »Was für einen Grund könnte es denn sonst geben?«
    Bildete Rita sich nur etwas ein oder wirkte Jazzy plötzlich angespannt? Sie senkte die Stimme, damit die beiden auf dem Rücksitz sie nicht hören konnten. »Du kannst mir sagen, was du denkst«, erklärte sie. »Bitte. Was auch immer es ist, ich muss es wissen.«
    Jetzt herrschte eine deutlich spürbare Spannung zwischen ihnen, das Schweigen wurde von der Vibration der Reifen auf der Straße noch unterstrichen. Jazzy wandte sich ihr zu und warf ihr einen vorsichtigen Blick zu. »Wie viel möchtest du wissen?«
    »Alles«, antwortete Rita.
    Jazzy klopfte mit den Fingern auf dem Armaturenbrett herum und dachte nach. Sie seufzte.
    Rita sagte: »Was auch immer es ist, erzähl es mir einfach.«
    »Mir passieren ziemlich viele komische Dinge. Normalerweise erzähle ich niemandem davon. Es verändert sonst alles.«
    »Bitte.«
    »Du wirst mich für eine Spinnerin halten.«
    »Ich verspreche dir, ich werde dich nicht für eine Spinnerin halten.«
    »Das sagst du jetzt.« Jazzy blickte eine Weile starr geradeaus und warf Rita dann einen langen, forschenden Blick zu.
    »Stell mich auf die Probe«, meinte Rita.
    »Okay, wenn du es unbedingt wissen willst, ich habe so eine Gabe«, erzählte Jazzy endlich. »Oder vielleicht ist es auch ein Fluch. Ich bin mir da immer noch nicht sicher. Tatsache ist aber – und ich weiß, dass das unglaublich klingt –, dass ich ein Medium bin. Ich bekomme die Gedanken anderer Menschen mit. Und ich bekomme Botschaften von den Toten.«
    Ritas Hand legte sich fester um das Steuerrad. Sie hatte so etwas vermutet, aber es war etwas anderes, es sicher zu wissen. »Ich hatte so das Gefühl«, sagte sie und musste sich anstrengen, die Augen auf die Straße gerichtet zu halten.
    »Es ist nicht so dramatisch wie im Film«, erklärte Jazzy. »Ich habe keine Erscheinungen, oder zumindest nicht das, was man sich allgemein unter einer Erscheinung vorstellt. Ich kann die Zukunft nicht vorhersehen, auch wenn ich manchmal Vorahnungen habe. Meistens ist es nichts Eindeutiges. Ich bekomme einfach nur ...«
    »Was denn?«
    »... Gedanken eingegeben«, berichtete Jazzy. »Botschaften. Ich kann es nicht kontrollieren. Sie kommen einfach. Ideen oder Worte zucken plötzlich auf. Mir kommen diese Gedanken und sie sind wie Stimmen in meinem Kopf, die mir Vorschläge machen oder mir Informationen weitergeben.«
    Rita hörte fasziniert zu. »Woher weißt du, dass es die Stimmen von Toten sind?«
    »Meine Großmutter hatte dieselbe Gabe. Sie hat mir gesagt, es seien Geister. Es ist, als hätte ich einen Funkempfänger im Kopf.«
    »Und die Hirschkühe?«, fragte Rita.
    »Tiere nehmen solche Dinge wahr«, sagte Jazzy langsam. »Sie müssen sich mehr als Menschen auf ihren Instinkt verlassen.

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