Auf dem langen Heimweg: Roman (German Edition)
Strecke machen«, sagte sie. »Es scheint viele Hotels zu geben. Schauen wir erst einmal nach einem Restaurant.«
Rita fuhr von der Schnellstraße ab und Jazzy fummelte mit Garmina herum, um Restaurants in der Nähe zu finden. »Ein paar Straßen weiter gibt es ein Steakhouse«, berichtete sie, während sie durch die Ergebnisse scrollte. »Außerdem einen Chinesen und eine Pizzeria.«
»Alles, nur keine Pizza«, erklärte Laverne. »Die schmeckt zwar lecker, liegt mir aber hinterher wie Blei im Magen.«
»Ich habe Gutes über das Steakhouse gehört«, meinte Jazzy. »Ich finde, wir sollten dorthin gehen.«
Rita wandte sich Jazzy zu. »Wo hast du Gutes über das Steakhouse gehört?«
»Ach, das habe ich so aufgeschnappt«, erklärte Jazzy ausweichend. »Ich habe Verwandte, die öfter mal nach Des Moines fahren.« Sie merkte, dass Rita ihr das nicht abnahm, wollte aber nichts weiter dazu sagen. Da sie darüber gesprochen hatten, wusste Rita über die Stimmen aus dem Jenseits Bescheid, aber Jazzy ging nicht gerne auf Einzelheiten ein. Sie hätte natürlich noch ausführlicher werden können – hätte sagen können, dass die Geister ihr manchmal Tipps gaben: Wann sie eine bestimmte Straße meiden sollte oder in welches Restaurant sie gehen sollte. Es war nicht das Gleiche wie eine persönliche Empfehlung von einem Freund. Eher eine Ahnung. Nicht allzu verschieden von dem, was andere Menschen erlebten, wenn sie ein Bauchgefühl hatten. Jazzys Bauchgefühl war jedoch zuverlässiger. Aber sie wollte sich nicht darüber auslassen. Sie wusste aus Erfahrung, dass die Leute zwar anfangs fasziniert waren, aber sehr bald begannen, sie anders zu behandeln. Sie wollten dann Dinge von ihr, Dinge, die sie ihnen nicht immer geben konnte. Es war ein verfluchter Segen oder ein gesegneter Fluch, je nach Blickwinkel.
Sie befanden sich jetzt mitten in der Stadt. Das Steakhouse lag an der Ecke und sah aus wie eine Schachtel. Rita fand einen halben Block weiter einen Parkplatz. Ein kurzer Spaziergang an einem Sommerabend. Auf dem Bürgersteig vor dem Restaurant standen drei Männer, beleibte Herren in den Sechzigern, und rauchten Zigarren. Als die vier Frauen sich näherten, sagtendie Männer: »Guten Abend, meine Damen«, und Laverne winkte ab, als verscheuchte sie eine Fliege mit der Hand. Die Einrichtung bestand aus dunklem Holz und hier und da leuchtete Messing auf. In den Ecken hingen Farne in Blumenampeln. Männer an der Theke schauten CNN und tranken Bier aus hohen Krügen.
Ein junger Mann mit stacheligem Haar und einem Nasenring begrüßte sie beim Hereinkommen, schnappte sich ein paar Speisekarten und geleitete sie zu einem Tisch neben der Theke, dem letzten freien Tisch im ganzen Restaurant. »Vielleicht hätten wir woanders hingehen sollen«, meinte Marnie mit einem stirnrunzelnden Blick auf die Speisekarte. Jazzy war aufgefallen, dass Marnie dazu neigte, Entscheidungen noch einmal in Frage zu stellen. Für jemanden ihres Alters wirkte sie nicht sehr selbstsicher.
»Nein«, erklärte Jazzy fest. »Wir haben genau das richtige Restaurant gewählt.«
»Es riecht gut hier drinnen«, sagte Rita.
Sie aßen schon, als ihnen zum ersten Mal drei Leute an einem Tisch auf der anderen Seite des Raums auffielen, die zu ihnen herüberstarrten. Eine Frau und zwei Männer. Die Männer waren jung – Anfang zwanzig. Die Frau war mollig, aber attraktiv. Sie hatte schulterlanges, rotes Haar, war mit Schmuck behängt und sah alt genug aus, um die Mutter der beiden zu sein, aber das war sie nicht. Jazzy wusste, dass keiner mit dem anderen verwandt war. Die Frau versuchte nicht einmal zu verhehlen, dass sie zu Jazzy hinschaute – sie starrte sie an, bis es Jazzy unangenehm wurde und sie wegblickte. Marnie war die erste, die etwas darüber sagte. Sie beugte sich über den Tisch und zeigte unauffällig in die entsprechende Richtung. »Wirwerden von drei Leuten dort drüben beobachtet«, bemerkte sie. »Schon die ganze Zeit gucken sie ...«
Lavernes Kopf fuhr viel zu auffällig herum.
»Schau nicht hin«, sagte Marnie scharf, aber es war schon zu spät. Die Frau bemerkte es, hob grüßend die Hand, griff dann nach einer Gabel und begann zu essen, als wäre nichts gewesen. Marnie fuhr fort: »Die drei dort in der Ecke starren schon seit einer Viertelstunde zu uns her.«
»Völlig gefesselt von unserer Schönheit, schätze ich«, merkte Rita an, worüber Laverne lachen musste.
Laverne sagte: »Ich kann mich nicht erinnern, wann
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