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Auf dem langen Heimweg: Roman (German Edition)

Auf dem langen Heimweg: Roman (German Edition)

Titel: Auf dem langen Heimweg: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen McQuestion
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frustrierend sein. Sie fühlte sich immer wie ein Volltrottel, wenn man ihr in der Werkstatt erklärte, was kaputt war, und sie wusste nie recht, ob sie nicken sollte, als ob sie alles verstünde, oder ihre Unwissenheit einräumen und um eine Erklärung bitten sollte. So oder so war die Rechnung teuer. Wenn Glenn herflog und die Sache übernahm, mochte das beruhigend sein. Er hatte sich in ihrem Haushalt immer um alles gekümmert, was bewegliche Teile hatte. Aber es würde sich vielleicht wie ein Versagen ihrerseits anfühlen. Auf dieser Reise war ihr von Anfang an die Rolle der Anführerin zugefallen. Es war ein gutes Gefühl, die Verantwortung für etwas zu übernehmen, was nichts mit ihrem normalen Leben zu tun hatte. Sie musste die Sache erledigen, und zwar gut. Carpe diem und so weiter. »Ich ruf dich morgen an, wenn ich mehr über den Wagen weiß«, wiederholte sie.
    »In Ordnung, Schatz«, erwiderte ihr Mann. »Ich liebe dich.«
    »Ich liebe dich auch. Gute Nacht.« Rita legte auf und fand es schon nicht mehr so schlimm, irgendwo in Colorado im Haus wildfremder Menschen gestrandet zu sein. Jetzt, da Glenn wusste, wo sie war, würde sie gut schlafen. Sie wusste, wo auch immer auf der Welt sie wäre, wenn sie ihn brauchte, würde er kommen.

28
    In dieser Nacht erwachte Jazzy von der Stimme ihrer Großmutter, die ihren Namen rief. Sie setzte sich im Bett auf und blickte sich um, für einen Moment hatte sie vergessen, wo sie war. Sie rieb sich die Augen, gab ihnen Zeit, sich auf die Dunkelheit im Raum einzustellen, und lauschte aufmerksam, hörte aber nur Rita im anderen Bett leise atmen. Das Mondlicht, das zwischen den Schlitzen der Jalousien hindurchdrang, beleuchtete ihre schlafende Gestalt.
    »Grandma?« Jazzy sprach das Wort laut aus, mehr aus Gewohnheit, als weil es nötig war. Die Toten konnten ihre Gedanken ebenso gut hören wie ihre Stimme. Sie sprach das Wort für sich selbst und nicht für ihre Großmutter aus, denn aus früheren Erfahrungen wusste sie, dass Gedanken etwas schwer Fassbares waren. Für die Lebenden hatten gesprochene Worte Gestalt und Bedeutung.
    Sie wusste, dass ihre Großmutter gekommen war, als sie gleich darauf eine vertraute Energie im Raum spürte. Angesichts der Wiedervereinigung mit der einzigen Person, die sie wirklich verstand, überkam Jazzy ein Gefühl des Glücks und der Erfüllung. Bei solchen Gelegenheiten war sie froh, ein Medium zu sein.
    Sie schob die Bettdecke beiseite, zog die Knie an die Brust und umarmte sich sozusagen selbst. »Hallo Grandma.« Es kam nur als ein Flüstern heraus, aber tatsächlich hielt sie sich zurück; wenn sie allein gewesen wäre, hätte sie die Begrüßung laut gerufen. Seit Scarlett Turner ihr einen Job angeboten und vorgeschlagen hatte, ihr als Mentorin zur Seite zu stehen, hatte Jazzy sich nach dem Rat ihrer Großmutter gesehnt und auf eine Gelegenheit gehofft, sie danach zu fragen. Sie nahm diese spirituellen Begegnungen nie als selbstverständlich hin. Jede war ein Geschenk, denn sie wusste nie, ob es nicht vielleicht die letzte sein würde.
    Jazzy, mein Liebling.
    Jazzy spürte eine leichte Berührung am Kopf, eine typische liebevolle Geste ihrer Großmutter, als diese noch gelebt hatte. »Was soll ich tun, Grandma? Soll ich die Stelle in New York annehmen, die Scarlett Turner mir angeboten hat?«, kam sie direkt zur Sache. Im anderen Bett wälzte Rita sich im Schlaf herum. Jazzy hoffte, dass sie nicht aufwachte. Sie wollte in ihrer Konzentration nicht gestört werden.
    Möchtest du denn für Scarlett Turner arbeiten?
    »Vielleicht, aber ich kenne niemanden in New York und ...« Warum beantwortete Grandma ihre Frage mit einer Gegenfrage? Jazzy wollte ihre Meinung wissen. »Ich bin mir nicht sicher. Ich möchte einfach nur das Richtige tun.«
    Für ein Medium nutzt du deine Intuition aber nicht sonderlich gut.
Grandma sprach mit neckendem Unterton, aber Jazzy war nicht in der Stimmung für so etwas.
    »Grandma, ernsthaft, sag mir, was ich tun soll.«
    Ich kann dir nicht sagen, was richtig für dich ist. Das musst du selbst entscheiden.
    »Wirklich? Du sagst es mir nicht?«, fragte Jazzy enttäuscht. Das war ganz untypisch für ihre Großmutter, die Zeit ihres Lebens stets gerne Ratschläge erteilt hatte. Seit Jazzy auf der Welt war, hatte sie ihr alles beigebracht, vom Bettenmachen (das Laken ordentlich einstecken), über das Händeschütteln (sieh deinem Gegenüber in die Augen) bis zur Ordnung im Haushalt (räum immer alles gleich

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