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Auf dem langen Heimweg: Roman (German Edition)

Auf dem langen Heimweg: Roman (German Edition)

Titel: Auf dem langen Heimweg: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen McQuestion
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weg). Und jetzt ließ sie sie bei etwas so Wichtigem völlig im Stich?
    Ach, Liebling, nur du selbst weißt, was dich am glücklichsten machen wird. Folge deinem Herzen.
    Wieder ein Ratschlag wie aus dem Glückskeks. Jazzy seufzte. »Na gut, Grandma, wenn du es sagst.«
    Vergiss nicht, wenn alles sich fügt, geschieht dies aus einem Grund. Es gibt keinen Zufall.
    Was in drei Gottes Namen sollte
das
nun bedeuten? Jazzy öffnete den Mund, um zu fragen, merkte aber im selben Augenblick, dass ihre gemeinsame Zeit vorbei war. Die verschwommene Gestalt, als die ihre Großmutter sich gezeigt hatte, löste sich auf. Jazzy spürte den Rückzug des Geistes auf dieselbe Weise, auf die man im Bus spürt, wie der Sitznachbar aufsteht, selbst wenn man in ein Buch vertieft ist und nicht aufblickt. »Warte, Grandma!«, flüsterte sie verzweifelt.
    Vertraue deiner Intuition, Jazzy. Du machst das schon richtig.
    Und dann war sie verschwunden und Jazzy saß mitten auf einem Bett in einem fremden Haus. Was hatte das alles zu bedeuten? Hinter ihren Augen baute sich ein Druckkopfschmerz auf und sie fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und versuchte, sich zu entspannen. Tränen stiegen ihr in die Augen und sie schluchzte leise auf.
    Aus dem Nachbarbett hörte sie das Rascheln der Bettdecke und gleich darauf Ritas Stimme: »Jazzy? Alles in Ordnung mit dir?«
    Sie holte tief Luft und antwortete: »Ja, ich kann einfach nur nicht schlafen und jetzt bekomme ich Kopfschmerzen. Tut mir leid, falls ich dich geweckt habe.« Sie beugte sich vor und ließ die Finger auf den Schläfen kreisen. Die Bewegung linderte den Druck, doch sobald sie die Hände wegnahm, war der Schmerz so stark wie zuvor.
    Jazzy hatte sie nicht wirklich geweckt. Rita war die ganze Zeit wach gewesen und hatte Bruchstücke ihrer geflüsterten Worte verstanden. Es klang so, als unterhielte sich das Mädchen mit seiner Großmutter. Für Rita war das keine abwegige Vorstellung. Sie redete regelmäßig mit Melinda.
    »Ich habe Schmerztabletten in meiner Handtasche.« Rita setzte sich auf und schaltete das Nachttischlämpchen ein. Jazzy blinzelte geblendet.
    »Oh, das ist nicht nötig ...«
    »Unsinn. Ich habe sie gleich hier.« Rita hob ihre Handtasche vom Boden auf und kramte eine kleine Weile darin herum. Dann zog sie ein weißes Kunststoffdöschen heraus. »Damit geht es dir gleich wieder besser.«
    Sie reichte das Döschen herüber und Jazzy nahm es, öffnete den Deckel und schüttelte, bis eine blaue Tablette herauspurzelte.
    »Eine?«
    »Im Beipackzettel steht zwei, aber eine reicht mir normalerweise. Wie schlimm sind deine Kopfschmerzen denn?«
    Jazzy überlegte. »Nicht so schlimm. Sie haben gerade erst angefangen.«
    »Dann nimm eine«, riet ihr Rita. Sie griff wieder in ihre Handtasche und brachte eine kleine Plastikflasche Wasser zum Vorschein. »Es ist lauwarm, aber die Flasche ist noch ungeöffnet.«
    »Danke.« Jazzy nahm sie aus ihrer ausgestreckten Hand entgegen. »Tut mir leid, dass ich dich geweckt habe.«
    »Keine Sorge.« Rita winkte ab. »Ich bin dreiundzwanzig Jahre lang Mutter gewesen. Ich bin daran gewöhnt.«
    »Du bist immer noch Mutter«, bemerkte Jazzy. »Das kann dir keiner wegnehmen.«
    Rita seufzte. »Es ist nett, dass du das sagst, und ich weiß, dass du das im spirituellen Sinn meinst, aber Tatsache ist, dass es mir jemand weggenommen hat. Davis Diamontopoulos hat meine Tochter umgebracht und mir bleibt nur noch die Erinnerung an sie und der traurige Gedanke, dass ihr Leben abgebrochen wurde. Er hat nicht nur Melinda das Leben genommen – er hat auch meines und das meines Mannes zerstört.« Sie spürte, dass sie Jazzy aus der Fassung gebracht hatte, aber sie konnte nicht anders. Die Binsenweisheiten funktionierten nicht mehr. Rita wollte nicht hören, dass Melinda nun ein Engel war, der nie alt werden würde, oder dass Rita und Glenn sich wenigstens dreiundzwanzig Jahre lang an ihrer Tochter hatten freuen können. Manche Menschen bekamen niemals Kinder, das hatte ihr eine wohlmeinende Dame kürzlich bei einer Begegnung auf der Post gesagt. Nun, das war wirklich schade für diese Leute, aber wie konnte jemand es wagen, ihren, Ritas, Verlust zu herunterzuspielen. »So ist es eben«, erklärte sie. »Melinda ist weg.«
    »Es tut mir leid.«
    »Mir auch.«
    Jazzy gab ihr die Wasserflasche zurück. »Ich finde, wir sollten jetzt beide schlafen. Ich habe so ein Gefühl, dass morgen ein wichtiger Tag sein wird.«

29
    Marnie hatte in dieser Nacht

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