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Auf dem langen Heimweg: Roman (German Edition)

Auf dem langen Heimweg: Roman (German Edition)

Titel: Auf dem langen Heimweg: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen McQuestion
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mitbekam, fuhr fort: »Wir könnten in ernsthafte Schwierigkeiten geraten, wenn wir mit diesem Kind über die Bundesstaatsgrenze fahren. Man könnte uns eine Entführung oder so was in der Art vorwerfen.«
    Nun, das war etwas, was Marnie nicht bedacht hatte. Sie massierte sich die Stirn und überlegte. Schließlich seufzte sie. »Bei der nächsten Raststätte lasse ich ihn seine Mutter anrufen und rede selbst mit ihr«, sagte sie.
    »Und wir wissen noch immer seinen Nachnamen nicht«, bemerkte Laverne. »Ganz schön suspekt.«
    »Jugendliche hassen es, auf Fragen zu antworten«, erklärte Marnie, die daran dachte, wie es mit Troy gewesen war. »Wenn man ihnen Zeit lässt, rücken sie irgendwann mit der Sprache heraus.« Das wusste sie aus eigener Erfahrung. Im Verlauf des letzten Jahres hatte sie gelernt, Troy nicht zu fragen, wie es in der Schule gewesen war. Dann tat er so, als steckte sie ihre Nase in seine Angelegenheiten. Stattdessen ließ sie ihm Raum, sowohl körperlich als auch emotional, und vertraute darauf, dass er zu ihr kommen würde, wenn er über etwas sprechen wollte. Und das tat er immer. Sicher, oft kam das zu unpassenden Zeiten. Sie schaute zum Beispiel einen Film im Fernsehen und wenn es gerade am spannendsten wurde, tauchte plötzlich Troy als dunkle Silhouette in der Tür auf und wollte unverzüglich ihre Aufmerksamkeit. Sie ließ sich nie anmerken, dass er gerade einen schlechten Zeitpunkt erwischt hatte, sondern schaltete einfach den Film aus und rückte auf der Couch zur Seite. Brian hatte nie Lust oder Geduld zu so etwas, selbst nachdem sie es ihm erklärt hatte. Wenn Troy reden wollte, sagte sein Vater: »Muss das denn jetzt sein?« Troysenkte dann den Kopf und schlüpfte aus dem Zimmer. Marnie wusste, dass es niemals eine bessere Zeit geben würde. Solche Momente vergingen und dann waren sie vorbei.
    »Ich weiß, dass Kinder nicht gerne auf Fragen antworten«, brummte Laverne. »Ich habe selbst drei großgezogen, ich kenn mich also aus, aber Herrgott nochmal, ich finde nicht, dass es übermäßig neugierig ist, sich nach seinem Nachnamen zu erkundigen.«
    Auf diesem Abschnitt der Reise entwickelte Marnie eine neue Wertschätzung für Jazzy und Rita. Als die beiden die Verantwortung gehabt hatten, hatte sie nie befürchten müssen, sich zu verirren, und sich nie fragen müssen, wie weit es noch bis zur nächsten Raststätte war. Ausgerüstet mit dem Navi und ihrem Smartphone, hatte Jazzy sich um alle Einzelheiten gekümmert. Laverne hatte dieselben Geräte zur Verfügung, hielt die Informationen aber nicht parat. Marnie sah das Schild für die Raststätte eine volle Minute, bevor Laverne ankündigte, dass sie sich einer näherten. Sie war wirklich keine große Hilfe.
    Es war spät, als sie auf der Raststätte ankamen, und für Laverne, die schwor, dass ihre Blase kurz vor dem Platzen stand, keine Sekunde zu früh. Es war so spät, dass Marnie sich fragte, ob geschlossen sein würde, aber als sie das äußerte, sagte Laverne: »Raststätten machen niemals zu.« Es klang so, als wäre Marnie völlig ahnungslos. Und das von einer Frau, die Wisconsin gerade zum ersten Mal verlassen hatte.
    Die Raststätte war erleuchtet und als sie näher kamen, sahen sie noch ein paar andere Wagen. »Wir sind da«, zwitscherteMarnie, legte die Parkstellung ein und schaltete den Motor aus. Als sie aus dem Wagen stieg, umfing die warme, schwüle Luft sie wie eine Decke aus Dunst. Man gewöhnte sich so leicht an eine Klimaanlage und hielt angenehme Temperaturen dann für eine Selbstverständlichkeit.
    Laverne, die auf der anderen Seite des Wagens stand, zeigte auf Max und fragte: »Weckst du Johnny Depp auf oder soll ich es tun?« Als Marnie sagte, sie werde das erledigen, fügte Laverne hinzu: »Gut, ich muss nämlich schleunigst zu einem Termin.« Damit lief sie los und trippelte mit ihren kurzen Beinen rasch zu dem Gebäude.
    Marnie hatte bereits entschieden, dass sie in dieser Nacht die Kosten für Max’ Hotelzimmer übernehmen würde. Hoffentlich würden sie zwei benachbarte Zimmer bekommen, damit sie ihn im Auge behalten konnte. Sie würde heute Abend mit seiner Mutter reden und sie würden irgendetwas ausmachen. Vielleicht würde seine Mutter ihn ja in Las Vegas abholen wollen? So würde Marnie es halten, wenn es um ihren Sohn ginge. Sie öffnete die hintere Wagentür und beugte sich über Max, der noch immer die Augen geschlossen hatte. Sie beobachtete ihn eine Minute oder länger im Schlaf. Er sah so

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