Auf dem Maniototo - Roman
ein sauberes Gesicht und saubere Hände und Haare (alle sagten, man müsse sich gerne baden und waschen, und ich erinnere mich an die Freude meiner Mutter, als der Dolmetscher ihr mitteilte, dass einer der Beamten aus Neuseeland unsere Familie als ‹fleckenlos› bezeichnet hatte. Es wurde mit ‹keine Masern haben›übersetzt, aber später fanden wir heraus, dass es bedeutete, dass man nicht voller Blut- oder Rote-Beete-Saftflecken war.) Natürlich bedauerten wir die armen alten Leute, von denen manche taub oder blind waren und sich nicht waschen wollten, weil einem im Winter wärmer war, wenn man sich nicht wusch, aber wir hatten keine Zeit, sie allzu sehr zu bedauern, weil wir so fleißig übten, anpassungsfähig, heiter und intelligent auszusehen. Vater war uns ein guter Lehrer. Er konnte auch Englisch und brachte uns englische Wörter und Sätze bei und wann wir sie verwenden sollten und dass wir sie besonders dann verwenden sollten, wenn die Beamten aus Neuseeland in unser Lager kamen, mit ihren Aktentaschen voller Aufzeichnungen über uns und ihren strengen Mienen. Ach, wie träumten wir von Neuseeland! Was für ein sauberes, gesundes, gutes, schönes, heiteres Land das sein musste, mit lauter sauberen, schönen, heiteren, guten, gesunden Menschen. Es hörte sich an wie das Paradies.
Wir kamen mit dem Schiff nach Neuseeland. Wir erhielten Englischunterricht, und mein Bruder Josef und ich sprachen bald besser Englisch als Ungarisch, ebenso wie unser Vater, dessen Englisch dazu beigetragen hatte, dass er ausgewählt worden war. Es würde ihm ermöglichen, sich ‹einzufügen›, sagten sie. Neuseeland wollte Leute haben, die sich bereitwillig und umstandslos ‹einfügen› würden (umstandslos für alle, die schon dort waren). Wie nicht sichtbares Kunststopfen. Oder wie ein Insekt, das zum nächsten Baum wandert und eine neue Tarnfarbe verliehen bekommt und dem man sagt: Bleib auf diesem Zweig, verschmilz mit ihm, und alles wird gut gehen. Tu so, als wärst du gar nicht da! Auf dem Schiff brachten sie uns Lieder bei – ‹God Defend New Zealand›, ‹God Save the Queen›, ‹Danny Boy› und ‹Come OMaidens Welcome Here, You in All the World So Dear›, das, so sagten sie, ein Lied der Maori war, und Maori würden wir später lernen. Vielleicht weißt du nicht, wie das ist, wenn man Englisch lernt? Ich will es dir vorführen:
I thought I sought a bough.
I fought. I fought through the night.
It was a tought fight. I lay on my couch,
I coughed all night, surely it was enough, all, all was known,
sea, sky and crowning clown of light,
the morning sun crawling all undone upon the stone
and I, one, the world gone, living, surviving, all alone!
Moved by love I drove my steed
a steady pace. I fed
upon a hearth of stone colder than the earth
and now beneath the bough my love whom I need is dead
while I live warm, come to no harm, trying to find
the mystery in the mysterious storm-wind
yet grieving to give good food to the dust and the worm,
asking what has occurred
in this May maze of treacherous word.
Teach me, I hope you may.
Save me. Have pity.
Als wir in Wyndham in Neuseeland ankamen, wurden wir von Mitgliedern des Gemeinderats begrüßt, die schon seit einem Jahr auf unseren Empfang hingearbeitet hatten und uns mithilfe von Spenden verschiedener ortsansässiger Organisationen (der Kirchen, der Klubs – Wölfe, Bären, Panther, Büffel) ein Haus auf einem Grundstück schenkten, auf dem es bereits einen Garten mit Gemüse, Blumen, einem kurz geschnittenenRasen und einem dunkelbraun gestrichenen Holzzaun gab. Das Haus war vollständig eingerichtet, die Speisekammer voll mit Lebensmitteln; bei unserer Ankunft brannte ein Feuer im Kamin, und daneben lagen Holz und Kohle zum Nachheizen. Hinter dem Haus gab es sogar eine Wäscheleine und beim Gartentor ein kleines, rot gestrichenes Holzhäuschen für die Post. Alles war blank poliert und strahlend sauber, genau wie wir uns Neuseeland vorgestellt hatten. Mein Vater, ein erfahrener Buchdrucker, bekam sofort eine Anstellung bei der Lokalzeitung, und obwohl es ihm anfangs schwerfiel, beherrschte er bald wieder das Englisch, das er einst gelernt hatte, und wurde dank der Unterstützung seines Meisters, der knapp vor der Pensionierung stand, mit dem Setzen englischer Buchstaben und den seltsam klingenden einheimischen Namen rasch vertraut.
Nachdem Josef und ich ein Jahr lang die örtliche Schule besucht hatten, sprachen wir beide mehr Englisch als
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