Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde
aufstocken?
Für feierliche Anlässe habe ich mir natürlich zusätzlich etwas kaufen müssen in Bonn, aber meine Garderobe habe ich nicht sonderlich vergrößert. Manches Mal später, wenn ich den Journalisten eigentlich den Naturschutz und mein Interesse daran verkaufen wollte, habe ich gedacht: Davon wollt ihr nichts wissen. Wenn ich aber gesagt hätte, ich kaufe mir heute ein Abendkleid in der Bonner Innenstadt, dann wärt ihr dabei, vor allem natürlich die Fotografen.
Hatten Sie sich vor Ihrem Umzug an den Rhein die Namen der wichtigsten Leute im Ministerium gemerkt?
Im Verteidigungsministerium habe ich schnell zwei Gruppen ausgemacht: die Alten, die noch den Krieg mitgemacht hatten, und die etwas jüngeren Nachkriegssoldaten.
Ihr Mann hatte zuvor das Amt des Vorsitzenden der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion inne. Das hat er sehr gern ausgeübt und war dann von seiner Partei 1969 richtiggehend
aaabedrängt worden, das Bundesverteidigungsministerium zu übernehmen. Er tat das, wie er damals sagte, »mit bleiernen Gliedern«. Haben Sie ihm bei diesem Übergang raten oder ihn trösten können?
Raten konnte ich nicht. Man kann keine Ratschläge geben, wenn man von einer Sache – in diesem Fall eben die Verteidigungs- und Sicherheitspolitik – überhaupt nichts versteht. Ob es für Helmut ein Trost war, weiß ich nicht, aber was ich deutlich erinnere: Ich habe ihm zur Amtsübernahme eine Esskastanie geschenkt. Es war für uns beide neu, dass Esskastanien in dem anderen Klima, das in Bonn herrscht, richtig reif werden. Die Kastanie habe ich ihm sehr feierlich überreicht und gesagt: »Außen ist sie stachelig, vielleicht hat sie ja einen angenehmen Kern.« Übrigens hat Helmut seinem Nachfolger als Verteidigungsminister, dem Sozialdemokraten Georg Leber, 1972 diese inzwischen sehr vertrocknete Kastanie weitergegeben.
Es war doch sehr beruhigend für Sie zu wissen, dass Ihr Mann im Ministerium bald vertraute Menschen wie Willi Berkhan und Johannes Birckholtz als Staatssekretäre um sich hatte.
Die waren noch nicht von Anfang an da, erst etwas später. Eigentlich bin ich sogar sicher, dass Helmut sie berufen hat. Er hat sich die Vertrauten ausgesucht, und sie sind gekommen.
Willi Berkhan war ein alter Studienfreund. Und Birkholtz?
Birkholtz war Helmuts Staatsrat als Hamburger Senator gewesen.
Die Berkhans hatten auch ein Haus am Brahmsee.
Unser Haus – besser gesagt, so etwas wie eine Gartenlaube – haben wir 1958 gekauft; Berkhans haben später ein festes Haus gebaut. Wir kannten uns aber schon viel länger. Die Freundschaft zwischen Helmut und Willi Berkhan hatte während ihres Studiums gleich nach dem Krieg begonnen.
Ein weiterer Staatssekretär im Ministerium Ihres Mannes war Ernst Wolf Mommsen, den Sie vorher nicht gekannt hatten.
Ernst Wolf Mommsen hatte eine Führungsposition in den fusionierten Röhrenwerken von Thyssen und Mannesmann und war zuvor in anderen hohen Funktionen der deutschen Schwerindustrie tätig gewesen; er galt als einer der bekanntesten und angesehensten Manager der Bundesrepublik. Als mein Mann mich mit ihm bekannt machte, verlief das so: Man sieht jemanden, unterhält sich zwei Minuten und stellt fest, dass man miteinander kann. Wir haben uns gut verstanden. Mommsen wollte kein Gehalt für seine Aufgabe als Staatssekretär haben, weil er eine dicke Pension bekam. Wir haben abgemacht: Er erhält für seine Arbeit im Verteidigungsministerium eine Mark im Jahr. Ob wir das schriftlich oder mündlich vereinbart haben, weiß ich nicht mehr. Für solche Beträge gibt es jedoch keine staatliche Kasse, also bekam Ernst Wolf Mommsen jedes Jahr sehr feierlich ein von mir blankgeputztes Einemarkstück aus meiner Haushaltskasse in die Hand gedrückt. Die Übergabe fand im Bungalow des Verteidigungsministers statt.
Waren bei der Entlohnung Journalisten anwesend?
Nein. So feierlich war es dann auch wieder nicht. Aber es war immer wieder lustig.
Man kann sich das heute nicht mehr vorstellen, aber die Bundeswehr umfasste 1970 einschließlich der Zivilkräfte 640000 Menschen – ein riesiger Apparat mit vielen Problemen und internen Spannungen. Haben Sie Ihrem Mann auf irgendeine Weise helfen können, seine schwierigen Aufgaben zu meistern?
Ich habe versucht, den Feierabend friedlich zu halten. Das ist das Einzige. Mich einmischen, Frau Kommandeurin spielen, das hat mir noch nie gelegen.
Sie haben dafür gesorgt, dass er entspannen konnte, wenn er nach Hause
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