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Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde

Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde

Titel: Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loki Schmidt
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bei denen ich nach freien Wohnungen fragen konnte. Jedenfalls ist es bestimmt nicht übertrieben, das Bundesverteidigungsministerium als Verschiebebahnhof zu bezeichnen.
    Da ging es aber meistens um höhere Chargen.
    Meistens waren es höhere Offiziere, die nach Bonn versetzt wurden.
    Schon bald wurden Sie vom Ministerium mit protokollarischen Aufgaben eingedeckt.
    Das Protokoll wollte schon sehr schnell etwas von mir. Kurz nachdem ich in Bonn ansässig geworden war, hieß es: Hier ist eine Gästeliste für unser Sommerfest, das dann und dann stattfindet. Bevor ich viel fragen konnte, war der Beamte wieder weg. Ich kannte so gut wie keinen der Namen, die auf der Liste standen. Da das Fest schon vierzehn Tage später stattfinden sollte, konnte ich nicht mehr viel machen. Ich habe nur beim Protokoll angefragt, wer die Liste zusammengestellt habe, und klargemacht, dass ich beim nächsten Mal die Auswahl der Gäste mit bestimmen wolle. Als Nächstes wurde mir mehr oder minder höflich mitgeteilt, es sei auf der Hardthöhe üblich, dass die Frauen der Führungskräfte im Ministerium von der Frau des Ministers zu einem frühen Adventskaffee eingeladen würden. Bislang waren dazu immer nur die Offiziersfrauen gebeten worden. Deshalb sagte ich den Leuten vom Protokoll: »Das machen wir dieses Mal anders. Dieses Jahr werden alle weiblichen Angestellten der Verteidigung mit eingeladen.« Das waren ungefähr siebzig Damen.
    Anschließend habe ich mich nach dem Musikkorps erkundigt und darum gebeten, mir mal den Chef nach Hause zu schicken. Ein mittelalterlicher Herr kam, und ich fragte ihn, ob er nur Bläser in seinem Musikkorps habe oder auch Streicher. »Natürlich können die alle auch ein anderes Instrument spielen«, sagte er. Ich erklärte ihm, dass es um die Musik für den Adventskaffee der Damen ginge, und fragte, obsie vielleicht eine Suite von Bach spielen könnten. Daraufhin machte er große Augen und strahlte: »Natürlich können wir das. Die Musiker werden sich freuen!« – »Spielen Sie auch Es kommt ein Schiff geladen «? – »Ja, sicher«, sagte er. – »Da gibt es doch bestimmt irgendwo einen vierstimmigen Satz?« – »Nein, den mach ich!«, stellte er klar. Ich habe die Musiker dann einmal bei der Probe besucht. Man merkte nicht mehr, dass sie disziplinierte Soldaten waren, sie waren einfach Musiker, glücklich und begeistert. Die Musik bei unserem Kaffeekränzchen war dann auch richtig schön, die Musiker waren froh, mal etwas anderes als Militärmusik spielen zu können. Unter diesen Umständen fiel es mir auch verhältnismäßig leicht, die Begrüßungsrede beim Adventskaffee zu halten. Ich hatte inzwischen schon ein bisschen Übung im Repräsentieren.
    Vorbereitungen für Feste oder besondere Anlässe gehörten immer wieder zu Ihren Aufgaben.
    Immer im Spätsommer fand auf der Hardthöhe ein Fest statt. Bisher hatte es ein sommerliches Fest mit Tanz und Gesangseinlagen gegeben. Von einem Mitarbeiter wurde nun vorgeschlagen: »Wir machen ein Biwak.« Das war doch das Passendste für das Verteidigungsministerium. Ich war bei einigen Vorgesprächen im Protokoll dabei. Wir waren uns einig: Zu einem Feldlager gehören Tiere. Ein Beamter des Protokolls trieb bei einem Bauern Gänse auf, die zu Beginn des Biwaks fröhlich schnatterten, jedoch schon bald die Köpfe unter ihre Flügel steckten, also schliefen. Da das Biwak aber unter Scheinwerferlicht stattfand, sind sie immer wieder aufgewacht und haben mit ihrem Geschnatter die Begleitmusik geliefert. Eine Gans hat an diesem Abend auch noch ein dickes Ei gelegt. Und Helmuts Sekretärin Lilo Schmarsow ist als Mutter Courage verkleidet mit einem Bollerwagen voll Proviant durch die Menge gezogen.
    Die Mitarbeiter des Protokolls waren immer hilfreich. Gemeinsam mit ihnen habe ich vor einer internationalen Kommandeurstagung in Mittenwald zum Beispiel dafür gesorgt, dass die dazugehörigen, nicht immer schlanken Damen ohne Schaden aus ihrem Sonderzug steigen konnten. Der Zug war, wie ich zuvor festgestellt hatte, zu lang für den Bahnhof. Damit die Damen beim Aussteigen nicht auf den Schotter der Gleise springen mussten, wurden provisorische Treppen aufgestellt, die das Protokoll aus Munitionskisten zusammengestellt hatte.
    Die Militärs sind im zivilen Umgang meistens ganz höflich. Haben Sie das auch gespürt?
    Das habe ich vor allem bei den Ordonnanzen festgestellt, die zum Ministerium gehören. So etwas hatte ich vorher nicht gekannt. Die jungen Leute,

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