Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde
kam.
Das ist zu theatralisch. Häufig war es auch nicht Entspannen, sondern es reichte, wenn jemand da war, der ein offenes Ohr hatte. Dadurch habe ich natürlich viel mitbekommen. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich gezielt gefragt hätte, sondern ich habe gewartet, bis er sich seine Probleme von der Seele redete.
Wenn er nach Hause kam und sich geärgert hatte, dann konnte er das bei Ihnen loswerden.
Ja. Aber so viele Ärgernisse oder freudige Ereignisse, die er unbedingt bei mir hätte unterbringen wollen, gab es nun auch wieder nicht bei der täglichen Arbeit im Ministerium.
Über die ungeheure Arbeitslast der führenden Männer, die zu jener Zeit mit der Bundeswehr zu tun hatten, haben Sie unter anderem mit der Ehefrau des damaligen Generalinspekteurs de Maizière gesprochen.
Ich wurde von ihr in ihre Privatwohnung zitiert. Sie machte mir sehr schnell und sehr energisch klar, dass es so nicht weitergehen könne. Ihre Männer – das heißt, die Hardthöhenmänner – seien es gewohnt, um 17.00 Uhr Feierabend zu haben, und jetzt müssten sie manchmal bis tief in die Nacht im Ministerium sitzen. Derartige Arbeitszeiten und Belastungen habe es im Verteidigungsministerium noch nie gegeben, das sollte ich meinem Mann sagen. Sehr energisch habe ich erwidert, ich könne mich da nicht einmischen, ich könne meinem Mann doch nicht Vorschläge unterbreiten, wie er seine Aufgaben zu erledigen habe und was er seinen Mitarbeitern abverlangen solle.
Kurz nach diesem Gespräch erzählte mir Frau de Maizière, sie wolle einen privaten Malkurs besuchen. Ich habe sie darin sehr bestärkt. Später zeigte sie mir auch ihre ersten kleinen Buntstift- und Aquarellbilder, die damals noch brav und bieder waren. Doch irgendwann kündigte sie an: »Jetzt gehe ich in einen Töpferkurs.« Kurz darauf schenkte sie mir eine erste Figur, die sie ganz gut fand, und sagte, das sei die »Blumenpflückerin«. Ich hatte ihr zuvor erzählt, dass ich mich privat für die Erhaltung der Natur einsetze. Diese Blumenpflückerin war zwar anatomisch nicht ganz überzeugend,aber sie hatte sie trotzdem brennen lassen. Ich habe sie lange Zeit aufbewahrt und bei irgendeiner, Jahrzehnte späteren Gelegenheit Frau de Maizière zurückgeschickt, worüber sie sich sehr gefreut hat. Da war sie längst eine anerkannte Bildhauerin.
Ich habe sie also als eine richtige »Kommandeuse« kennengelernt und war wild entschlossen, sie nicht nett zu finden. Aber schon bei der ersten Begegnung und bei vielen weiteren Gesprächen sind wir bei der Kunst gelandet und haben uns gut verstanden. Sie ist eine großartige Künstlerin geworden, die einen Gießer in Köln fand, der ihre großen Figuren gegossen hat. In manchen Bad Godesberger und anderen Kirchen sowie auf Kinderspielplätzen stehen ihre Figuren. Bei Eva de Maizière konnte ich verfolgen, wie sich aus »Ich mache einen Malkurs« über das Kneten mit Lehm und das Brennen eine Künstlerin entwickelte. Und das alles hat sie in einem reifen Alter geschafft. Ich finde diese Entwicklung hochinteressant.
Hat sie versucht, Sie mitzuschnacken in diese Mal- und Töpferkurse?
Sie hatte wohl das Gefühl, dass ich über diese Stufe hinaus war. Sie wusste, dass ich als Kind immer gemalt und dass meine Schwester eine richtige Töpferlehre gemacht hatte.
Welche Pflichten brachte das Amt für Sie mit sich?
Man bekommt ja keine Liste in die Hand mit dem, was man zu tun hat. Das zeigt sich erst nach und nach. Was ich zu Anfang nicht übersehen konnte, was sich aber sehr schnell zeigte, war, dass das Verteidigungsministerium ein großer »Verschiebebahnhof« ist, wie ich es immer genannt habe. Es gab viele Versetzungen. Die Militärs wurden so schnell versetzt, dass sie beinahe von einem Tag auf den anderen einen neuen Dienst an einem anderen Ort antreten mussten. DieEhefrauen der Offiziere, die ich in Bonn kennenlernte, waren alle auf solche plötzlichen Wechsel eingestellt. Sie wussten, dass sie, wenn der Mann irgendwohin beordert wurde, den Umzug zu organisieren hatten. Nachdem sich die Männer schon ein bisschen in Bonn eingearbeitet hatten, kamen die Frauen mit den Kindern hinterher.
Den Frauen zu helfen, deren Männer nach Bonn abkommandiert worden waren, war meine erste wichtige Aufgabe. Um sie dabei zu unterstützen, sich in der neuen Umgebung zurechtzufinden, hatte ich Listen mit den Adressen von Schulen, Apotheken, Ärzten oder vom Wohnungsamt in Bonn zusammengestellt. Ich hatte auch immer Verbindungen zu Ämtern,
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