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Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde

Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde

Titel: Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loki Schmidt
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vorbei?
    Natürlich hat man miteinander telefoniert, aber Freunde sind nicht zu uns gekommen. Bei uns ist der Wahltag nicht wie Ostern und Pfingsten gewesen, wo man sich mit Freunden oder Verwandten trifft – es war eben Wahl.
    Wissen Sie noch, wo Sie das Ergebnis erwartet haben?
    Wir sind nachmittags nach Bonn geflogen. Vom Flughafen aus ging es dann mit dem Hubschrauber zum Kanzlerbungalow. Auf Helmut warteten am Wahltag ja noch eine Menge Termine in Bonn.
    Wissen Sie noch, ob Sie Vorergebnisse schon am Nachmittag bekommen haben?
    Dass man versuchte, die Ergebnisse vorher herauszukriegen, ist doch klar. Das ist bei den Parteien heute ja auch noch so. Aber wann wir zumindest ungefähr Bescheid wussten, wie die Wahl gelaufen war, kann ich nicht mehr genau sagen.
    Es war 1976 ein ganz knapper Wahlsieg. Die Union hatte 48,6 Prozent, SPD 42,6 Prozent und FDP 7,9 Prozent. Die Union war somit die stärkste Kraft. Können Sie sich erinnern, dass der Wahlsieg gefeiert wurde?
    Wir haben mit jemandem zusammengesessen und über die Ergebnisse diskutiert. Aber dieser Abend war für mich – oder für uns – wirklich nichts Weltbewegendes. Außerdem hatte Helmut den ganzen Abend über zu tun. Erst ein Treffen mit dem SPD-Vorsitzenden Brandt in der Parteizentrale, dann SPD-Präsidium und anschließend Fernsehinterviews im Kanzleramt. Zum Feiern blieb da weder viel Zeit noch die Kraft.
    Haben Sie Ihrem Mann angemerkt, dass er erleichtert war, den Wahlkampf und die Wahl hinter sich zu haben?
    Doch, die Erleichterung, dass der Kampf und die Entscheidung der Wähler hinter ihm lagen, war ihm anzumerken.
    Aber es war doch auch schön für ihn, dass er die Wahl gewonnen hatte. Jeder will eine Wahl gewinnen.
    Darüber hat er sich natürlich gefreut, doch er hat seine Freude nicht vor sich hergetragen. Dazu ist auch er zu sehr Norddeutscher. Sie dürfen eines nicht vergessen: Wahlkampf bedeutet, dass man alles andere sozusagen beiseitelegen muss. Manche Arbeit hat er für mindestens so wichtig gehalten wie die Wahl, und die musste liegenbleiben. Das wird von den meisten Menschen nicht gesehen, dass der Wahlkampfein Herausreißen aus wichtigen Aufgaben bedeutet. Das muss ich mal ganz deutlich unterstreichen.
    Das hat ihn als pflichtbewussten Menschen natürlich sehr gestört.
    So ist es.
    1980, sein zweiter Wahlkampf als Bundeskanzler. Die Union trat mit Franz Josef Strauß an. Wie sahen Sie Strauß?
    Einen intensiven Eindruck von Strauß habe ich gewonnen, als ich ein paarmal mit dem Taxi vom Münchner Flughafen zu einer sogenannten Schönheitsfarm an den Tegernsee gefahren bin. Das Erlebnis war immer gleich: Zuerst sagten die Taxifahrer nicht viel, dann erkannten sie mich und fingen an, auf Strauß zu schimpfen. Auf diese Weise habe ich manches Detail aus seinem Leben gehört, von dem ich nichts wusste und das ich eigentlich auch gar nicht hören wollte, weil es sehr ins Private ging. Die Taxifahrer schimpften also auf Strauß, und zwar jedes Mal. Dann kam aber sozusagen ein tiefes Luftholen und dann: »Ein Pfundskerl!« Und man merkte ihnen an, dass sie das auch meinten. Dieser »Pfundskerl« hinterher war genauso echt wie das Schimpfen vorher. Ich fand das immer ganz interessant, weil es ja nicht einer, sondern mehrere Taxifahrer waren, die alle so auf Strauß reagierten.
    Die Jahre nach 1980, nach der zweiten Bundestagswahl Ihres Mannes als Kanzler, waren für ihn besonders hart, weil die SPD ihm Schwierigkeiten machte …
    … etwas andere Vorstellungen hatte als er …
    Zum Beispiel, was die restriktivere Wirtschafts- und Finanzpolitik anging, für die Ihr Mann eintrat, und vor allem die Sicherheitspolitik, den Doppelbeschluss. Haben Sie das Rumoren in der SPD nachvollziehen können?
    Ich habe ja nicht immer den Finger in der Partei gehabt, denn in diese Zeit fallen bei mir zwei Dinge. Zum einen meine Stiftung zum Schutz gefährdeter Pflanzen, auch mit ihrer Ausstrahlung im ganzen Land, mit den von ihr erworbenen Naturschutzgebieten. Zum anderen bin ich in dieser Zeit, statt Urlaub zu machen, für die Max-Planck-Gesellschaft im Ausland unterwegs gewesen. Nicht länger als vierzehn Tage oder drei Wochen zwar, ich weiß aber noch, dass einige Menschen meinten, ich müsste immer hinter Helmut herlaufen und Händchen halten. Gelegentlich musste ich mich wegen meiner Forschungsreisen verteidigen und habe dann gesagt: »Jedem Mensch stehen pro Jahr einige Wochen Urlaub zu.« Ich fragte dann manchmal: »Machen Sie gar keinen

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