Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde
gedacht. Allerdings habe ich vermutet, dass am Ende des Jahres etwas passieren könnte.Helmut hatte mir zuvor eine Rede zum Lesen gegeben, die er kurz darauf halten wollte, und die hat mich darin bestärkt: Du kannst ruhig losfahren.
In dieser Rede deutete nichts darauf hin, dass er das Ende der Koalition kommen sah?
Soweit ich das erinnere, nein. Sonst wäre ich ja nicht gefahren. Nun kommt noch eines hinzu: Einer von Helmuts Sicherheitsbeamten schied aus, und ein neuer erschien, den keiner kannte. Deshalb fragte mich die Leitung der Sicherheit: »Können Sie den nicht mit auf Ihre Reise nehmen und ihn ein bisschen ›anlernen‹«? Ich hatte also auch noch einen Zögling dabei und somit eine besondere Aufgabe.
Zwei Tage nachdem Ihr Mann das Kanzleramt verloren hatte, waren Sie aus Brasilien zurück.
Jedenfalls war Helmut schon hier in Hamburg und von der Bevölkerung mit einem Fackelzug begrüßt worden. Das habe ich leider nicht miterlebt.
Wie fanden Sie ihn vor? Welchen Eindruck machte er auf Sie?
Einen gelassenen. Mehr kann ich dazu nicht sagen.
Können Sie sich erinnern, was Sie als Erstes zu ihm gesagt haben?
Nein, das weiß ich wirklich nicht mehr. Ich bin ihm wahrscheinlich um den Hals gefallen, und wir haben uns erst mal gedrückt. Pathetische Worte sagt man nicht, wenn man seinen Mann länger nicht gesehen hat und sich freut, dass man sich wiederhat.
… und wenn man Hamburgerin ist … Wie haben Sie selbst das Ende der Kanzlerschaft aufgenommen?
Auch gelassen, denn ich habe ohnehin nichts ändern können. Da ich aber immer für die kleinen praktischen Dinge in unserer Ehe zuständig gewesen bin, war ich schon bald anderweitig beschäftigt und habe mir überlegt: Was wird mit dem Umzug und so weiter?
Aber Sie waren nicht schmerz- oder gramgebeugt.
Nein. Ich hatte durchaus das Gefühl: Jetzt kommt etwas Neues. Und bei allen Vorteilen, die das bringen mag: Sooo lustig ist es ja nun auch nicht, Frau des Bundeskanzlers zu sein.
Nach Ihren Erfahrungen etwas mehr am Rande der Politik: Hätten Sie jemals selbst gern Politikerin werden wollen?
Man muss auch seine Grenzen kennen. (lacht)
Wer packt dem Kanzler die Koffer?
Sie sind immer gern gereist. Wie erklären Sie sich diesen Drang zur Bewegung und in die Ferne?
Ganz einfach: Ich bin mein Leben lang neugierig gewesen, und meine Neugierde konnte ich in jungen Jahren nicht im Ausland befriedigen, weil ich einfach kein Geld für Reisen dorthin hatte. Als es dann finanziell möglich war, bin ich häufig gereist, auch in ferne Gegenden und Länder. Meistens geschah das an der Seite von Naturwissenschaftlern und zu Forschungszwecken. Und ich lege Wert darauf, festzustellen, dass ich jede Forschungsreise selbst bezahlt habe. Das war für mich selbstverständlich.
Die Reisen an der Seite des Bundeskanzlers brauchten Sie nicht zu bezahlen, dabei kamen Sie ja sozusagen einer Pflicht nach. Und diese Reisen waren nun etwas ganz anderes und meistens wohl auch kein unbeschwertes Vergnügen?
Nein, weil einem klar war: Du stehst hier nicht als Frau Schmidt, sondern du stehst hier als Frau Deutschland. Das ist eine völlig andere Situation. Man muss, aber man will ja auch das eigene Land möglichst gut darstellen. Und dieses Pflichtgefühl verlässt einen während der ganzen Reise nicht. Das ist ganz schön anstrengend, weil man sich immer unter Kontrolle haben und der Situation entsprechend auftreten muss.
Wurden Sie vorher gefragt, ob Sie Ihren Mann begleiten wollten, oder war das bei bestimmten Reisen protokollarisch festgelegt?
Ich wurde nie gefragt, das war festgelegt.
Wenn es um offizielle Besuche ging?
Wenn es um offizielle Besuche ging, war festgelegt, der Gast kommt mit Frau oder ohne Frau.
Bekamen Sie vorab Informationen über das entsprechende Land?
Für mich gab es eine Mappe vom Auswärtigen Amt, in der sich eine geographische Beschreibung, Zahlen über das Bruttosozialprodukt, die Ausfuhren und die Einfuhren befanden.
Also Wirtschaftsdaten …
Wirtschaftsdaten, aber sehr vage nur. Wenn man das Material sorgfältig las, konnte man sich ein Bild machen, falls man sich das nicht längst vorher woanders gemacht hatte.
Erhielten Sie auch Dossiers über die jeweiligen Gastgeber?
Nein.
Die wurden nicht charakterisiert in diesen Akten vom Auswärtigen Amt?
Geht doch gar nicht, das wäre doch sehr undiplomatisch, einem bestimmte, meist wahrscheinlich sogar nicht ganz sympathische Profile der Gastgeber mit auf den Weg zu geben.
Ihr Mann hat
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