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Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde

Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde

Titel: Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loki Schmidt
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solche Dossiers bestimmt bekommen.
    Nein.
    Auch nicht?
    Dann hätte ich sie gesehen. Aber wir waren ja beide nicht ganz ungeübt. Entweder hatten wir über die Leute, die wir offiziell besuchten, schon durch andere gehört, oder wir sagten uns, wir lassen uns überraschen.
    Aber Sie bekamen die Verhaltensregeln für die jeweils besuchten Länder? Was darf man – was sollte man tunlichst unterlassen?
    Informationen über das Land und über die Bevölkerung bekamen wir, wenn auch begrenzt. Inoffiziell erkundigte man sich vorher bei Menschen, die das entsprechende Land kannten.
    Der deutsche Botschafter in dem jeweiligen Gastland kam also nicht vorher zu Ihnen und sagte: Darauf müssten Sie achten, das sollte man berücksichtigen?
    Vor offiziellen Reisen kam der Botschafter des betreffenden Landes, das wir besuchen wollten – der saß ja in Bonn. Er machte bei uns einen Anstandsbesuch. Unser Botschafter in dem jeweiligen Land kam nicht vorher zu uns, sondern empfing uns …
    … am Flugzeug, bei der Ankunft im besuchten Land?
    Natürlich. Oder er schickte einen seiner hochrangigen Angestellten, und wir gingen erst mal zu ihm in die Botschaft.
    War das immer so, dass Sie zuerst in die Botschaft gingen?
    Das ist unterschiedlich gewesen. Es kam ja auch immer auf die Tageszeit unserer Ankunft oder andere Gegebenheiten an.
    Wer packte vorher die Koffer für Sie und Ihren Mann?
    (lacht) Da kann ich nur lachen – wir natürlich!
    Hatte der Bundeskanzler denn Zeit dafür?
    Ich habe mal – ich glaube, es war in Persien – auf die Uhr geguckt, um festzustellen, wie viel Zeit ich für das Kofferpacken benötige; ich hatte es damals sehr eilig. In sechs Minuten hatte ich unsere beiden Koffer fertig gepackt, und die Hosen waren nicht verknautscht, sondern richtig ordentlich verstaut. Allerdings hatten wir auch nicht alle unsere Sachen ausgepackt, einiges war während des Besuchs in den Koffern geblieben. Man gewöhnt sich natürlich manche Dinge an; zum Beispiel diese Drahtbügel von der Reinigung – die habe ich immer mitgenommen. Wenn man sich Mühe gibt, kann man eine Hose auch über den Draht glatt hängen, und das nimmt nicht so viel Platz weg. Wir konnten ja auch nicht mit einer ganzen Serie Koffer losfahren. Wir hatten eigentlich – nicht eigentlich, sondern immer – jeder nur einen Koffer dabei.
    Auch bei längeren Reisen?
    Auch bei längeren Reisen. Einen Handkoffer mit dem Allernötigsten hatten wir natürlich auch mit.
    Haben Sie für Ihren Mann vor Reiseantritt in Bonn gepackt?
    Ja. Obwohl er manchmal sagte: »Ich hab Zeit genug«, dann hat er das selbst gemacht. Aber unterwegs habe ich meistens unsere beiden alten Koffer gepackt. Normalerweise hatten wir auf den offiziellen Reisen auch ein gemeinsames Schlafzimmer, sodass ich alles griffbereit hatte. Wenn wir zwei verschiedene Schlafzimmer, womöglich noch mit einem Gang dazwischen, hatten, war das alles nicht so einfach. Ichglaube, in solchen Fällen hat Helmut seinen Koffer selbst gepackt. Er konnte das auch ganz gut.
    Wurden Sie von den Gastgebern vorher gefragt, ob Sie getrennte Schlafzimmer oder ein gemeinsames haben wollten?
    Das mussten wir so hinnehmen, wie es kam, wie es die Gastgeber arrangiert hatten.
    Und war das in Hotels oder in den …
    … Gästehäusern. Wir haben eigentlich alles erlebt, was man sich vorstellen kann: kleine Gästehäuser, größere Gästehäuser, Unterkünfte, die getrennt waren von einem Palastgebäude, Hotels – also alles außer ganz privaten Unterkünften, die es bei offiziellen Reisen nicht gegeben hat.
    Haben Sie irgendeine Unterbringung als besonders originell in Erinnerung?
    Die Unterkünfte waren mir völlig egal – wenn ich ein anständiges Bett hatte, in dem ich ordentlich schlafen konnte, war ich zufrieden. Ob ich aber beispielsweise im Abdin-Palast in Kairo, in dem einst der ägyptische König Faruk gewohnt hatte, gut geschlafen habe, wage ich zu bezweifeln, denn mir ging es sehr schlecht. Vor Antritt einer seit längerem geplanten Fahrt auf dem Nil war ich plötzlich schachmatt. Was ich genau hatte, weiß ich nicht, wahrscheinlich war ich auch wegen des Klimawechsels völlig erschöpft oder hatte mir irgendetwas eingefangen. Jedenfalls verordnete mir Dr. Völpel, der uns begleitende Arzt, Bettruhe, versorgte mich mit Büchern und erklärte, er werde mich bei unserer Delegation krankmelden. Ich lag in einem riesigen Schlafzimmer des Palastes, einem richtigen Saal, und jedes Mal, wenn der Arzt zu mir

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