Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde
Ministerpräsident von der CSU haben sich zwar oft öffentlich beharkt, aber weil sie beide intelligente und gebildete Menschen waren, haben sie einander persönlich durchaus respektiert. Wenn es um Fragen von nationalem Interesse ging, vor allem in der Außenpolitik, haben sie, wenn es nötig war, miteinander geredet. Strauß wurde dann diskret vom Flughafen abgeholt und vor die Tür des Bungalows gefahren. Ich fand das alles durchaus nützlich und sinnvoll.
Haben Sie von diesen Begegnungen gewusst?
Natürlich, ich wohnte ja im Bungalow. Ich habe Strauß kommen und gehen sehen. Bei den Unterhaltungen zwischen den beiden bin ich aber selbstverständlich nicht dabei gewesen.
Ihr Mann hatte als Kanzler eine ungeheure Arbeitslast zu tragen und war dementsprechend angespannt. Manchmal – das vermute ich zumindest – verhielt er sich auch schroff gegenüber Mitarbeitern. Konnten Sie gelegentlich das soziale Klima in seiner Umgebung aufhellen?
Die Leute in seiner engsten Umgebung kannten Helmut gut genug; wenn er mal etwas sagte, was nicht so ganz schön war, wussten sie, wie sie damit umzugehen hatten. So zum Beispiel das Sekretariat und das »Kleeblatt«, Helmuts wichtigstes Beratergremium, das aus Hans-Jürgen Wischnewski, dem Staatsminister im Bundeskanzleramt, Pressesprecher Klaus Bölling und dem Leiter des Bundeskanzleramts, Manfred Schüler, bestand. Lilo Schmarsow, die Leiterin des Kanzlerbüros, kannte ihren Chef sehr gut. Sie hat so manche Woge geglättet. Zu mir kam mehr das Fußvolk, wenn es des Trostes bedurfte, also zum Beispiel Helmuts Fahrer.
In zwei Wahlkämpfen, 1976 und 1980, haben Sie sich persönlich engagiert. Wann und in welcher Weise?
1976 habe ich offiziell meine erste Stiftung gegründet, die Stiftung »zum Schutz gefährdeter Pflanzen«. Das geschah in Bonn.
Doch wie war das nun mit den Wahlkämpfen?
Da ich für diese Stiftung Bundesgenossen brauchte, habe ich diese Zeit für meine Zwecke genutzt. Wenn Helmut während der Wahlkämpfe irgendwo auftrat, habe ich ihn begleitet. Hatte er an dem jeweiligen Ort während des Tages anderes zu tun, besuchte ich Naturschutzgruppierungen. Wenn Helmut abends seine große Wahlrede hielt, versuchte ich, dabei zu sein; das klappte aber nicht immer – drei oder vier Mal kam ich etwas später dazu –, und Helmut sagte dann immer: »Ach, da kommt ja meine Frau.« Riesenbeifall. Irgendwann sagte dann einer der Sicherheitsbeamten: »Frau Schmidt, tun Sie uns doch einen Gefallen und kommen Sie immer ein bisschen später.« Das haben wir dann auch so gemacht.
Aber Sie hatten doch auch allein Auftritte im Wahlkampf?
Ich selbst habe nie Wahlkampfreden gehalten. In Amerika hätte ich das in meiner familiären Position bestimmt tun müssen, aber zu jener Zeit schien mir das in der Bundesrepublik nicht besonders angebracht zu sein.
Ihr Mann ist zwar sehr gelobt worden, vor allem im Ausland, aber es gab auch Kritik.
Oh ja, es gab heftige Kritik. Und auf die Kritik, die ich in Zeitungen gelesen habe, habe ich anfangs immer wie eine Löwin reagiert, die ihre Jungen verteidigen muss – entweder der Zeitung oder demjenigen gegenüber, der den Artikel geschrieben hatte. Ich habe mich öfter schon sehr aufgeregt, manchmal auch laut. Das Laute hat dann aber höchstens mein Mann gehört. Doch gelegentlich hat mich Kritik, besonders wenn sie ungerechtfertigt war, so geärgert, dass ich mich einfach laut äußern musste. Auch wenn ich allein war. In solchen Fällen habe ich mir selbst irgendein schlechtes Wort zugerufen, das eigentlich jemand anderem galt. Dann war es aber auch wieder vorbei. Natürlich gab es gegenüber meinem heißgeliebten Mann auch kritische Bemerkungen, bei denen man durchaus sagen konnte, na ja, so kann man das auch sehen. Vor allem im Bundestag wurde damals ja oft sehr deutlich geredet. Manchmal habe ich die Reden vorher gelesen, die Helmut halten wollte, und die waren auch nicht immer sanft.
Haben Sie ihm dabei Hinweise geben können?
Wir haben immer mal wieder von »Lieschen Müller« gesprochen. Manchmal habe ich versucht – besonders zu Anfang seiner Regierungszeit –, die Stimme des Volkes zu vertreten. Politik war ja nicht mein Feld. Doch als Helmut Regierungschef wurde, hatte ich schon etwas mehr über Politik gelernt. Da war ich beinahe so eine Art Halbprofi, oder zumindest politisch angehaucht, und wusste, wovon die Rede war. Von Wirtschafts- und Finanzpolitik hatte ich vorher doch überhaupt keine Ahnung.
Wenn Sie dann
Weitere Kostenlose Bücher