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Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde

Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde

Titel: Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loki Schmidt
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auch in Nordnorwegen oder auf den Lofoten haben wir Pflanzen gesehen, die ich ähnlich aus der Alpenflora – in etwa zweitausend, dreitausend Meter Höhe – kannte. In Island wuchsen sie zwanzig Meter über dem Meeresspiegel. Es waren keine ganz identischen Arten, aber sehr nahe Verwandte, sodass man im Groben sagen konnte, in Norwegen, in Island findet man hauptsächlich Pflanzen, die bei uns auch in den Alpen wachsen, und das ist in der Tat überraschend.
    Vor, während und nach der Kanzlerzeit Ihres Mannes haben Sie eigene Expeditionen zur Erforschung von fremder Flora und Fauna unternommen, die oft alles andere als komfortabel waren. Wie haben Sie den Kontrast zu den offiziellen Reisen verkraftet?
    Was heißt »verkraftet«?
    (schmunzelt) Ja, das war doch wirklich ein Kontrast!
    Ja, aber das eine hatte doch mit dem anderen nichts zu tun.
    Nein, aber es war doch sicher bequemer bei den offiziellen Reisen …
    Nein.
    Nein?
    Bequem? Bei den Forschungsreisen brauchte man sich doch nur mit einer Sache zu beschäftigen. Entweder man beobachtete, oder man suchte, was man vermutete dort zu finden,oder man ließ sich überraschen. Auch wenn die Expeditionen häufig unter primitiven Umständen stattfanden, Paläste oder Fünfsternehotels habe ich nicht vermisst. Das Gefühl, dass ich da für mein Vaterland stand, hat mich bei offiziellen Reisen so gut wie nie verlassen. Mit solchen Repräsentationspflichten hatte ich auf einer Forschungsreise natürlich nichts zu tun. Sicher waren die anderen Reisen bequemer – ich brauchte nicht auf dem Oberdeck eines Schiffes oder gar auf der Erde zu schlafen. Aber wenn ich in der Natur forschte, brauchte ich diesen ganzen Luxus nicht. Dann habe ich mich auf meine Aufgaben konzentriert und mich daran sehr erfreut. Jetzt im Alter kann ich sagen, ich habe auf beiderlei Reisen Neues kennengelernt. Aber bei offiziellen Reisen war man immer Frau Deutschland, und bei Forschungsreisen konnte ich ganz ich selbst sein.
    Gibt es Länder, die Sie gern noch einmal besuchen würden, wenn das Alter es zuließe?
    Indien. Ich habe von Indien überhaupt nichts kennengelernt. Da sind Helmut und ich uns auch einig, Helmut sagt ebenfalls, wenn er die Frage gestellt bekäme, würde er sofort »Indien« sagen. Unter anderem natürlich auch, weil dieses Land wirtschaftlich sehr interessant geworden und auf dem Weg zu einer ökonomischen Großmacht ist.
    Und in welchen der offiziell besuchten Länder würden Sie gern noch einmal als Privatperson auftauchen?
    Ein Wiedersehen mit der Krim wäre sehr reizvoll, Armenien mit den vielen frühen Kirchen, Lateinamerika. Dort habe ich nicht so viele Länder kennengelernt, da würde ich gern noch manches erleben.
      

Sind Frauen die besseren Diplomaten?
    Es hat den Anschein, als ob Sie immer eine starke, selbstbewusste Frau waren. Eine Schulfreundin oder eine Art Herzensfreundin haben Sie nie gehabt?
    Ich hatte kaum richtig Freizeit. In meine persönliche Situation passte weder eine Freundin noch ein Freund. Und wenn ich mich zurückerinnere, war es bei uns in der Schule auch nicht üblich, dass Freundinnen nachmittags »zusammengluckten«. Womit sich die Mädchen ihre Zeit vertrieben haben, weiß ich nicht.
    In Ihrer Bonner Zeit, also von 1969 bis 1982, als Ihr Mann Minister und dann Kanzler war, hatten Sie es meistens mit Männern zu tun?
    In den Ministerien, zumal in den höheren Positionen, gab es damals fast nur Männer. Mit ihnen hatte ich dann sozusagen dienstlich zu tun.
    Hatten Sie zu bestimmten Politikerfrauen in Bonn einen engeren Kontakt?
    Eine lockere Beziehung hatte ich zu Dorothea Bahr, mit der ich noch vor ein paar Tagen telefoniert habe. Sie war die erste Frau von Egon Bahr. Damals war sie genauso neugierig auf die DDR wie ich. In den achtziger Jahren sind wir mit Erlaubnisschein nach Weimar und zu anderen Orten in Thüringen gefahren. Wir haben uns Zeit gelassen und das klassische Deutschland betrachtet, Weimar, Naumburg, die Wartburg. Wir hatten uns gut eingedeckt: Selbstgebackenen Kuchen, eine ganze Mettwurst und anderes hatten wir hinten im Kofferraum – für uns, aber auch, um es eventuell zu verschenken.
    Hatten Sie einen Fahrer dabei?
    Nein, nur wir beiden Frauen sind gefahren.
    Wer saß am Steuer?
    Weitgehend Dorothea.
    Wie haben die DDR-Behörden auf Sie reagiert?
    Wir hatten kein Problem an der Grenze. Zum ersten Mal haben wir auf der Wartburg erlebt, dass wir eine Art Sonderstatus hatten und schon erwartet wurden. Für die Wartburg

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