Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde
Wahlkämpfen begleitet. Drei Jahre später ist seine Frau Kriemhild dann an Leukämie gestorben. Rainer Barzel musste wirklich furchtbare Schicksalsschläge hinnehmen – denn seine zweite Frau, Helga Henselder-Barzel, die Vorsitzende der Welthungerhilfe, kam 1995 bei einem Autounfall ums Leben. Vierzehn Tage vorher waren beide Barzels noch bei uns in Hamburg zu Besuch gewesen.
Manche Menschen werden auf verdammt harte Proben gestellt. – Wie war Ihr Verhältnis zu Ihrer Vorgängerin als Kanzlergattin?
Natürlich mochte ich Rut Brandt sehr gern, das ging doch allen so, die sie kannten. Aber wir haben uns nicht privat getroffen, auch nicht mit irgendwelchen Dritten dabei.
Wenn Sie Ihren Mann bei offiziellen Reisen begleiteten, mussten/durften Sie oft ein »Damenprogramm« absolvieren. War das für Sie mehr Pflicht oder mehr Kür?
Diese Botanische-Gärten- und Zoo-Touren waren für mich natürlich die reine Freude. Auch wenn es in Museen oder zu Sehenswürdigkeiten, besonders natürlich architektonischen, ging, hat mich das gefreut. Doch dass ich das »Damenprogramm« immer als reines Vergnügen empfunden habe, kann ich nicht behaupten, dazu war es gelegentlich wohl zu »weiblich« ausgerichtet.
Sie haben einige Regierungschefinnen kennengelernt, unter anderem Margaret Thatcher. Wie eisern war die Lady?
Immerhin war sie so freundlich, unsere Tochter mit auf den Landsitz nach Chequers einzuladen. Sie konnte auch wieeine normale Mutter reagieren. Als ihr Sohn Mark bei seiner Teilnahme an der Rallye Paris–Dakar plötzlich in der Sahara vermisst wurde, ist sie fast zusammengebrochen. Helmut hat sie damals, Anfang der achtziger Jahre, angerufen, um ihr sein Mitgefühl auszudrücken. Normalerweise besaß sie ja eine eiserne Disziplin, doch als wir mit ihr in Chequers waren, gab sie sich ganz normal.
War es schön am Wochenendsitz der Premiers?
Mir war wichtig, dass ich meine Tochter sehen konnte, die in England lebte, und dass ich bei meinem Mann war. Zu dem Landsitz der britischen Premiers kann ich nichts sagen.
Bei Ihrer ersten Israelreise 1966 trafen Sie Golda Meir, die legendäre Premierministerin. Wie machte sich der Schatten der Vergangenheit, der deutsche Massenmord an den Juden, bei dieser Begegnung bemerkbar?
Wir machten unseren offiziellen Besuch mit den üblichen Gesprächen bei ihr. Natürlich war uns der Schatten bewusst, der über den Beziehungen unserer Länder lag. Irgendwann, nach einer halben Stunde etwa, sagte sie: »Ich habe heute Abend ein paar Gäste bei mir, wollen Sie nicht dazukommen?« So sind wir abends in ihrem Freundeskreis gewesen. Wir haben uns gut unterhalten, in einer freundschaftlichen Atmosphäre. Helmut saß meistens bei ihr, sie haben natürlich politisiert. Ich habe versucht, mich mit den anderen Gästen auf Englisch zu unterhalten. Neben mir saß ein stiller älterer Herr. Als wir uns mit vielen Dankesworten verabschiedeten, sagte er auf Deutsch: »Ich habe mich gefreut, Sie kennenzulernen.« Er war ein deutscher Flüchtling, der in den dreißiger Jahren vor den Nazis nach Israel geflohen war und leider kein Englisch sprach.
Hatten Sie den Eindruck, dass Golda Meir mehr rauchte als Sie? Sie war ja bekannt als Kettenraucherin.
Habe ich nicht gezählt. Da konnte man rauchen, so viel man wollte. Das war schließlich vor der Zeit, in der die Raucher weltweit diskriminiert wurden.
Wie verlief Ihr Zusammensein mit den Frauen von Regierungschefs, wenn ihre Männer konferierten, zum Beispiel das mit Jehan Sadat, der Frau des ägyptischen Präsidenten, der ein Freund Ihres Mannes war? Wurde über Politik geredet?
Über Politik haben wir nicht geredet. Jehan Sadat, eine gebürtige Engländerin, wollte von mir etwas ganz anderes wissen: wie unser Schulwesen funktioniert. Ab wann gehen die Kinder in die Schule, und wie lange bleiben sie dort? Darüberhinaus fragte sie, was sie in ihrem Land tun könnte, um das Schulwesen zu fördern, besonders für die Frauen. Es war ja nicht überall üblich, dass auch die Mädchen zur Schule gingen. Da bin ich sehr ausgefragt worden, sowohl von Jehan Sadat als auch von anderen Frauen. Ich erinnere, dass ich sehr gezielt gefragt worden bin, denn sie wollten unbedingt ein besseres Schulsystem haben.
Das waren wohl meistens ein wenig emanzipiertere oder weltläufigere Frauen?
Oft waren es Engländerinnen. Jedenfalls kamen die Frauen aus der Regierungsschicht im Nahen Osten häufig aus anderen Ländern als ihre Männer.
Wie war Ihr Verhältnis
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