Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde
Geschlechtsgenossinnen über eine Frau im Kanzleramt denken, weiß ich nicht. Ich könnte mir vorstellen, dass sie damit ganz zufrieden sind.
Mit Ihrem reichen Schatz an Erfahrungen auf dem roten Teppich und daneben: Glauben Sie, dass Frauen bessere Diplomaten sind?
Vielleicht liegt es daran, dass ich in der Schule immer mit Jungs und Mädchen zusammen war, vielleicht daran, dass ich Schulen mit Koedukation immer verteidigt habe, weil man in der Familie ja auch mit Jungs und Mädchen zusammenlebt: Diese Gefühle, »wir Frauen«, habe ich leider oder Gott sei Dank mein Leben lang nicht gehabt. Deshalb kann ich auch Ihre Frage nicht beantworten, denn sie ist mir nie in den Sinn gekommen.
»Mit Knicksen konnte ich nicht dienen«
Hatten Sie, als überzeugte Republikanerin, Schwierigkeiten, sich bei Hofe wohlzufühlen?
Ich hatte meine Pflichten als Frau des Bundeskanzlers zu erfüllen. Wenn man das verinnerlicht hat, geht man anders an seine Aufgaben, auch bei Hofe, heran. Mir war immer bewusst: Du musst dich richtig verhalten, sonst wird das Deutschland angekreidet.
Mussten Sie bei Treffen mit Monarchen stärker auf das Protokoll achten, als das bei Begegnungen mit demokratisch gewählten Staatsoberhäuptern oder Regierungschefs der Fall war?
Wenn wir ostasiatische Länder besuchten, habe ich mich vorher bei deren in Bonn akkreditierten Botschaftern erkundigt. Das Protokoll beim japanischen Kaiser oder dem thailändischen König war schon strenger und aufwendiger als in anderen Ländern mit demokratisch gewählten Staatsoberhäuptern. Vor allem die Protokollbeamten achteten schon sehr darauf, dass alle Regeln eingehalten wurden.
Hatten Sie den Eindruck, dass die Asiaten das Protokoll ernster nahmen, als das in anderen Ländern geschah?
Vielleicht eine Spur mehr als von anderen gewohnt. Das Motto, das Gesicht zu wahren, hat in Asien nicht ohne Grund eine große Bedeutung.
Das galt auch für die Regierungschefs?
So viele Regierungschefs habe ich in der Region auch nicht näher kennengelernt. Häufig dauerten die Besuche nur einen Tag. Dann durfte ich dem jeweiligen Gastgeber Guten Tag sagen und wurde anschließend in ein Damenprogramm abgeschoben.
Sie mussten den Königen und Königinnen auch Geschenke mitbringen. Wer suchte die aus?
Da habe ich meistens mit dem Protokoll gesprochen, die Leute dort hatten mehr Erfahrung in solchen Dingen. Sie haben mich oft auf die Produkte der böhmischen Glasschleifer verwiesen. Die Glasschleifer hatten in der Stadt Rheinbach bei Bonn ein neues Zentrum gegründet. Wenn wir also Geschenke für eine offizielle Reise brauchten, dann bestellten wir sie meistens dort. Die Glasbläser fertigten Vasen oder Gläser mit dem Monogramm des zu Beschenkenden an. Man konnte sich eine Form aussuchen, die Produkte waren zum Teil sehr edel. Eigentlich sind diese glasgeschliffenen Dinge, die ja Unikate waren, bei den Beschenkten immer sehr gut angekommen. Ich habe das zum Beispiel bei den Amerikanern erlebt – bei denen lag man mit diesen Glasgeschenken immer ganz richtig.
Wenn wir ärmere Länder besuchten, habe ich vorher mit deren Botschaftern in Bonn gesprochen. Oft habe ich pädagogische Holzbauklötze, mit denen man Kindern etwas beibringen kann – das Zählen zum Beispiel – oder Holzspielzeug für Kindergärten mitgenommen. Jehan Sadat beispielsweise, die Frau des ägyptischen Präsidenten, hat mich vor einem Besuch gefragt, ob wir diese pädagogischen Holzklötze, mit denen man ganz viele Dinge tun kann, mitbringen könnten. Dieses hölzerne Lernmaterial ist in den Ländern, in denendas Schulwesen noch wenig entwickelt war, immer sehr willkommen gewesen.
Was haben denn die Monarchen mitgebracht, wenn sie in die Bundesrepublik zum Staatsbesuch kamen?
Landestypische Dinge meistens, auch mal Webereien oder Ziergefäße. Ich kann nicht sagen, dass die Mitbringsel immer nach meinem Geschmack waren. Aber die bekommt ja anschließend ohnehin der Staat. Wir haben Vitrinen anfertigen lassen, damit diese Schätze im offiziellen Teil des Kanzlerbungalows zu sehen sein konnten. Übrigens: Gelegentlich haben wir auch Geschenke dabeigehabt, die ich selbst produziert hatte. Ich habe ja bei der Porzellanfirma Rosenthal eine Serie von zwölf Tellern anfertigen lassen, für die ich die Blumenmotive selbst gemalt hatte; deren Erlös war für meine Naturschutzstiftung gedacht. Solche Teller haben wir unter anderem Betty Ford und Nancy Reagan geschenkt, die von dem Geschenk sehr angetan
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