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Auf dem Rücken des Tigers

Auf dem Rücken des Tigers

Titel: Auf dem Rücken des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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obwohl die letzten Einschläge verdammt nahe gelegen hatten. Vom Luftdruck hatte sich ein Brett aus dem Gebälk gelöst und Kleber – er lag auf der linken Seite – bewußtlos geschlagen. Manche hatten immer Schwein, das Glück ist eine Hure.
    Der Unterarzt kam aus seinem Operationsverschlag.
    Er nahm sich die Zeit, uns anzusehen. Vor ihm hatte ich nie einen Menschen gesehen, der gleichzeitig so erschöpft und so lebendig wirkte wie er – er mußte ein Streber sein, ein Studiker auf unsere Kosten.
    »Ab sofort Freischnaps«, rief er. »Für alle.«
    Der Sani drückte uns Kochgeschirrdeckel in die Hand.
    »Los, Freunde, sauft!« Er sah, daß ich zögerte. »Wettsaufen. Aber Dalli! Wer zuerst blau ist, kommt zuerst ins Heimatlazarett.«
    Mir sollte es recht sein.
    Ich wußte zwar, daß es falsch war, in solchen Fällen Alkohol zu trinken, aber dieser Müller sah nicht aus wie ein Mann, der nicht wußte, was er wollte. Wenn er uns hier kurz und schmerzlos vergiftete, würde er seine Gründe dafür haben. Jedenfalls soff ich, was ich hinunterbrachte. Mochte ich auch vor die Hunde gehen, der Schnaps-Doktor bescherte mir noch ein paar schöne Minuten.
    Neben mir lag Steppke.
    Er war zu schwach, um zu trinken. Sie halfen nach wie bei einem Hund, der das Wurmmittel nicht freiwillig nimmt. Ein Sani riß ihm die Kinnlade auf; der andere schüttete ihm das Zeug in den Rachen. Viel zuviel und viel zu hastig. Der Kumpel verschluckte sich.
    Dann begann die Prozedur von neuem.
    Gleichzeitig trugen die beiden anderen Sanis von der linken Seite die ersten Toten hinaus. »Der ist hinüber«, sagte einer und deutete auf den dünnen Gefreiten neben Molitor, »Hodenschuß.«
    »Ohne Eier hätte er sowieso nicht mehr viel vom Leben gehabt«, alberte der andere.
    »Besser, du singst Sopran im Kirchenchor, als daß du verfaulst vor Moskau«, meinte der erste.
    Als sie die Zeltplane, auf der Molitor lag, aufhoben, schrie er, als traktierten sie ihn mit glühenden Eisen. Ich schwebte schon auf sanften Wogen, aber dieses Geschrei war stärker als der Fusel. Nun wußte ich, daß wir ohne Morphium amputiert oder operiert werden sollten.
    Ich griff freiwillig wieder nach meinem Kochgeschirr.
    Die Erde zitterte. Granaten pflügten den Boden um. Dann gönnten sich die Iwans eine Schnaufpause. Ich horchte auf Molitors spitze, durchdringende Schreie.
    Es blieb still.
    Er hat's hinter sich, dachte ich.
    Während sie sich darauf vorbereiteten, Molitor den Oberschenkel abzusägen, griffen sie nach den vier Enden meiner Plane, hoben mich hoch, zerrten mich in ihre Folterkammer.
    Sie schnitten den Stoff auf, säuberten die Wunde, suchten und zählten die Einschußlöcher.
    »Halb so schlimm«, sagte einer der Sanis, offensichtlich ein Anfänger, weil er noch so geschwätzig war.
    Sie hoben Molitor auf ihren hausgemachten Operationstisch. Er sah aus wie tot, und ich verwünschte die Bande ob der Leichenschändung. Während sich der Unterarzt über ihn beugte, sah ich, wie einer der Sanis mit dem Perkussionshammer ausholte und Molitor bewußtlos schlug.
    »Nicht so fest, Idiot«, fluchte der Unterarzt. Er war untersetzt und stämmig, ein Metzgerlehrling, den man, des großen Auftriebs wegen, ausnahmsweise auch Menschen schlachten ließ.
    »Wenn Sie ihm die Schädeldecke einschlagen, brauche ich den Mann nicht mehr zu behandeln«, sagte er zu seinem Holzhammer-Anästhesisten.
    »Beim letzten Mal war's zu schwach«, maulte der Mann.
    Der Herr über Arme, Beine und Menschenleben antwortete nichts. Ich suchte sein Gesicht, aber mein Blick konnte es nicht festhalten. Es wirkte wie ein Spiegelbild im Wasser, in das man einen Stein geworfen hat. Die Wellenringe verschaukelten es – bis ich schließlich merkte, daß es nicht an seinem Gesicht, sondern an dem Fusel lag, den sie mir gegeben hatten.
    Sie sägten zu zweit Molitors Bein ab wie einen Baumast. Rhythmisch, hin – her, hin – her, bewährte Holzarbeiter in einem riesigen Wald. Molitor brüllte; er war aus der Holzhammernarkose des Dr. Eisenbart erwacht. Die beiden Sanis sägten unten weiter, ein dritter hämmerte auf seinem Kopf ein, und vielleicht war mein Kumpel jetzt tot, denn er rührte sich nicht mehr.
    Ich verfolgte, wie sie sein bis zum Oberschenkel abgeschnittenes Bein achtlos in die Ecke warfen, als wär's ein Stück aus Blech. Immer mehr Abfallprodukte des menschlichen Körpers lagen zuhauf, wie gefledderte Ersatzteile in einer Autoausschlachterei.
    Der Unterarzt stapfte heran und

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