Auf dem Schlachtfeld der Liebe
Sie.«
»Niemand kann mich aus einem Yankee-Lager entführen«, versicherte sie trotz einer bangen Ahnung. Jerome war schon einmal in ein Unionscamp eingedrungen.
»Aber Ihr Vater wünscht...«
»Danke, Major. Sagen Sie ihm bitte, darüber würde ich morgen mit ihm reden.«
Alynn salutierte wieder. »Heute nacht wird ein Wachtposten vor Ihrem Zelt stehen, Ma'am.«
»Vielen Dank, Major. Schlafen Sie gut.«
Wieder im Zelt, sank sie zitternd auf ihr Feldbett. Sie hatte gewußt, daß Jerome Mittel und Wege finden würde, um zu fliehen, und die ganze Zeit seine Entschlossenheit gefürchtet. Mußte sie Angst vor ihm haben? Sie griff sich an die Kehle und schluckte. Dann stand sie auf, verärgert über sich selbst. Hier im Lager war sie von ein paar tausend Unionssoldaten umgeben. Zusätzlich würde in dieser Nacht ein Mann vor ihrem Zelt Wache halten. Außerdem würde Jerome keine neuerliche Festnahme riskieren. Sicher bedeutete ihm seine Freiheit mehr als seine Rachsucht. Risa aß den Rest ihrer Mahlzeit. Dann zog sie sich aus, ging zu der Schüssel, die Reba auf den Klapptisch gestellt hatte, und wusch sich mit dem inzwischen lauwarmen Wasser. Fröstelnd schlüpfte sie in ihr Flanellnachthemd und kroch unter die Bettdecke.
Trotz ihrer Erschöpfung fand sie keinen Schlaf. Zum Teufel mit Jerome. Sie versuchte Schafe zu zählen. Aber sie verwandelten sich in Wölfe, und alle hatten sein Gesicht.
Irgendwann mußte sie eingeschlummert sein. Denn sie wurde von Alpträumen verfolgt. Zuerst taumelte sie durch Nebelschleier, hörte das Geschrei verwundeter Soldaten und irrte verzweifelt umher. Erfolglos bemühte sie sich, zu erwachen. Dann lichtete sich der Nebel, und sie lag in Jeromes Koje an Bord der Lady Varina. Ein plötzlicher Ruck ging durch das Schiff. Als Risa an Deck eilte, sah sie zwei Yankee-Schiffe aus dem Norden heransegeln. Zwei weitere näherten sich von Osten her, zwei von Süden.
»Offenbar wußte jemand, wann und wo Sie segeln würden, Mrs. McKenzie.« Hamlin Douglas, der den Schoner steuerte, starrte sie mit schmalen Augen an. »Wäre Ihr Mann an Boot, würden wir den Bastarden entkommen. Aber er ist nicht da. Und ich darf Sie und die Jungs keiner Gefahr aussetzen. Also werde ich nichts riskieren.«
Dr. Stewart legte einen Arm um Risas Schultern. »Vor allem müssen wir an Ihr Baby denken. Da Sie ...« Er räusperte sich. »Nun, da Sie eine Yankee sind, wird man Sie hocherfreut auf einem Unionsschiff begrüßen. Und wenn wir kapitulieren, muß niemand sterben.«
»Zweifellos haben Sie Freunde an Bord der Yankee-Schiffe«, betonte Hamlin. Es war keine direkte Anklage. Und doch ... Wieso wußten die Nordstaatler, welchen Kurs die Lady Varina nehmen würde? Hatte man Risa beobachtet, obwohl sie so vorsichtig gewesen war? »Nehmen Sie keine Rücksicht auf mich, wenn Sie Ihre Entscheidungen treffen, Gentlemen«, erwiderte sie ärgerlich. »Tun Sie einfach, was Sie beschließen würden, wenn ich nicht hier wäre ...«
»Bitte, Risa, gehen Sie in Ihre Kabine zurück«, mahnte David Stewart. »An Deck würden Sie das Leben Ihres Babys aufs Spiel setzen.«
»Auch in der Kabine wäre mein Kind gefährdet. Ich habe niemandem erzählt, daß ich auf diesem Schiff nach Süden segeln würde. Egal, was geschehen mag - ich bleibe hier oben.«
Bald danach kam einer der Yankee-Offiziere an Bord, um die Kapitulation der Rebellen entgegenzunehmen, und begrüßte Risa wie eine lang vermißte Verwandte, obwohl sie den Mann nie zuvor gesehen hatte. Als er sie zu seinem Schiff hinüberbrachte, spürte sie die Blicke der Lady-Varina -Besatzung im Rücken. Es war grauenhaft. So mußte sich Judas gefühlt haben. Aber der war wenigstens schuldig gewesen. Niemals würden ihr Jeromes Männer vergeben. Ebensowenig wie ihr Captain. Und sie würde ihm nicht verzeihen, daß er sie in der Nacht seiner Festnahme sofort verdammt und ihr keine Gelegenheit gegeben hatte, sich zu verteidigen. Der kalte Zorn, der Schmerz in seinen Augen ... Und wie er sie jetzt ansah ...
Nein, sie träumte. Von Jerome, der sich zu ihr hinabbeugte, das Gesicht mit Ruß beschmiert. Leuchtend hoben sich seine kalten blauen Augen von den schwarzen Wangen ab. In diesem Traum spielte er einen Indianer mit Kriegsbemalung.
Seltsam. Risa warf sich umher. O Gott, welch ein realistischer Traum ... Sie lag auf ihrem Feldbett im dunklen Zelt. Durch den Spalt der Klappe fiel der rote Schimmer der Lagerfeuer herein. Und er war da! In engen schwarzen Breeches und
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