Auf dem spanischen Jakobsweg
für sich und für all die Stierkämpfer,
einzeln für die, die er besonders gern hatte, für die anderen im Ganzen; und
dann betet er wieder für sich selbst, und während er betet, fühlt er, dass er
schläfrig wird. Dann betet er noch, dass die Stierkämpfe gut sein mögen und
dass es eine schöne Fiesta geben würde.
Aber ich
weiß natürlich auch, dass es schon über siebzig Jahre her ist, dass Hemingway
so in der Kathedrale von Pamplona gebetet hat.
Unter den
Platanen von Puente la Reina
Es ist
Sonntagnachmittag. Wir sitzen im Schatten der Platanen von Puente la Reina in
einem Straßencafé. Der Tag war ziemlich hart. Wir sind heute zwar nur etwa 25 Kilometer
gelaufen, auch durch eine schöne Landschaft, die an die Toskana erinnern mag,
mussten aber auch bei glühender Hitze und ohne Schatten über die etwa 800 Meter
hochgelegene Sierra del Perdón steigen, die das Becken von Pamplona gegen
Westen abriegelt. So sind wir also endgültig in der Trockenzone Spaniens
angekommen. Die grünen Hügel der Pyrenäen liegen weit hinter uns und die
Meseta, der Schrecken aller Pilger, rückt näher.
Die
Herberge, gleich am Eingang von Puente la Reina gelegen, wird von den Patres
der Kruzifix-Kirche betrieben. Es geht eng zu, aber man kann duschen und seine Kleider
waschen. In den Schlafsälen war wieder Fußpflege die Hauptbeschäftigung. Auch
ich entdeckte unter meiner rechten großen Zehe eine Blase. Soll ich sie
aufstechen, oder soll ich so tun, als hätte ich sie gar nicht entdeckt? Wenn
man sich mit anderen Pilgern über Blasen unterhält, bekommt man die
unterschiedlichsten Ratschläge. Jeder ist an der Behandlung dieser Plagegeister
sehr interessiert. Schließlich entschied ich mich für Aufstechen,
Nebacetin-Salbe und Blasenpflaster. Auch meine Gefährten sind nicht verschont
geblieben. Heinz arbeitet mit Teebaumöl, er schwört darauf und benutzt es für
alles, vom Zähneputzen bis hin zu Muskelschmerzen und eben auch Blasen. Nur stinkt
das Zeug leider erbärmlich.
Die Hitze
heute hat doch vielen zugesetzt. Als wir die Herberge vorhin verließen, lagen
einige erschöpft auf ihren Betten, und auch das glöckchenhelle Lachen von
Carmen war nicht zu hören, noch nicht jedenfalls. Einige meinten, dass sie wohl
doch bald aufgeben müssten und sind deprimiert. Vielleicht würden sie jetzt,
wenigstens teilweise, mit dem Bus weiterfahren, aber das sei ja kein Pilgern
mehr. Mehrere aus unserer „Roncesvalles-Gang“ sieht man schon seit Larrasoaña
nicht mehr. Kommen sie noch? Oder sind sie schon weitergezogen? Aber das ist unwahrscheinlich.
Denn in Puente la Reina muss man als Pilger übernachten. Dieses
mittelalterliche Städtchen gehört zu den traditionsbeladenen, zu den
charismatischen Orten am Camino. Hier bündeln sich seit dem Mittelalter alle
Pilgerwege, die durch den Norden Spaniens nach Santiago führen. Insbesondere
trifft hier der noch heute stark begangene Aragonesische Weg über den
Somport-Pass und Jaca ein. Damit entstand schon am Beginn der Pilgerbewegung
ein starkes Bedürfnis, den Río Arga, der jetzt kein Flüßchen mehr, sondern
schon ein ordentlicher Fluss ist, nicht nur trockenen Fusses überqueren zu
können, sondern auch die wucherhaften Geldforderungen habgieriger Fährleute zu
vermeiden. Also wurde bereits um das Jahr 1000, vermutlich auf Veranlassung von
Doña Mayor von Kastilien, der Gattin König Sanchos des Großen von Navarra, eine
Brücke über den Arga gebaut. Und deshalb wurde diese Brücke auch später nach
ihr „Puente la Reina“, also „Brücke der Königin“, benannt und hat dem Ort, der
an dieser Brücke entstand, den Namen gegeben. Diese alte Brücke ist so schön,
dass sie in keinem Bildband über den Jakobsweg fehlen darf. Häufig gibt sie
sogar das Deckblatt für solche Bücher oder auch für Reiseführer ab.
Bevor wir
über diese Brücke gegangen sind, haben wir natürlich auch die „Kruzifix-Kirche“
betreten, zu der unsere Herberge gehört. Diese Kirche hieß ursprünglich „Santa
María de las Huertas“ und war eine Gründung des Templerordens, dem seit 1142
bis zu seiner Vernichtung im 14. Jahrhundert die Pilgerbetreuung anvertraut
war, ein Orden, über dessen Größe und Tragik noch später zu berichten sein
wird. Jedenfalls hatten bereits die Templer zu dieser ihrer Kirche eine ältere
Herberge eingerichtet. Die heutige Herberge, im Jahr 1447 von den Johannitern
erneuert, steht also bereits auf den frühesten Fundamenten der
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