Auf dem spanischen Jakobsweg
„die
Dienerin [...] auf Geheiß der Herrin abends das Wasser im Haus vergießt, damit
die dürstenden Pilger in der Nacht kein Wasser zu trinken finden und den Wein
des Wirtes kaufen müssen“.
Einträglich
scheint auch das Geldwechseln und das — falsche — Bewerten der Münzen gewesen
zu sein. Diesen Akrobaten kamen natürlich die unterschiedlichen Währungen am
Jakobsweg entgegen, von denen zum Beispiel auch der schon mehrfach erwähnte
Servitenmönch Hermann Künig von Vach im Jahre 1495 zu berichten weiß:
Über II myl findestu eyn stat
heist Grüningen. Das ist die erste stat in Hispanien. Lagrona ist se uff welsch
genant. Eyn ander müntz wird dir dar bekannt. Die Coronaten haben da eyn ende.
Die Malmediß mustu lernen kennen.
Ja, da
musste man schon vor über fünfhundert Jahren in Logroño aufpassen, dass man
nicht plötzlich wie ein Bettelsack dastand.
Mit den
Maßen und Gewichten ging natürlich auch alles drunter und drüber. Auch die Mogelpackung
war damals längst bekannt und feiert deshalb in unseren Tagen nur fröhliche
Urständ — übrigens ohne kreative Fortentwicklung. Denn nach der bereits
erwähnten Predigt waren schon damals diese Packungen „außen riesig, innen
jedoch klein, schmal und unzureichend ausgehöhlt“ — die juristisch klare
Beschreibung eines Straftatbestandes durch einen Kirchenmann im 12.
Jahrhundert.
Auch die
Gewürzkrämer ließen sich etwas einfallen. So wurden bereits damals verfaulte
Gewürze als frisch verkauft, andere wurden angefeuchtet, damit sie schwerer
wurden und mehr wogen. Die Sache mit dem Sand ist da allerdings schon
abgefeimter. Heulen und noch mehr Zähneknirschen dürfte es ausgelöst haben,
wenn man mit ihm zuvor die Gewürze, insbesondere den Pfeffer, „gestreckt“
hatte.
Simulanten
hat es offensichtlich auch schon gegeben:
Was soll ich von den Heuchlern
erzählen, die eine angebliche Krankheit Vortäuschen, aber kerngesund sind und
am Weg des Heiligen Jakobus oder anderer Heiliger sitzen, um sich den
Vorübergehenden zu zeigen? Manche weisen mit Leidensmienen auf ihre Beine und
Arme hin, die sie entweder mit dem Blut eines Hasen bestrichen oder durch die
Asche einer Pappel gefärbt haben, um den Vorübergehenden, begierig wie sie
sind, ein Almosen zu entlocken. Andere färben ihre Lippen oder Wangen schwarz,
weitere haben Palmzweige und Mäntel aus Jerusalem, bemalen ihre Gesichter und
Hände mit Pilzen aus den Wäldern, welche die Franken „lotuessas“ nennen, um
sich ein krankes Aussehen zu geben. Andere geben vor, taub oder stumm zu sein,
obwohl sie es nicht sind; weitere färben einen Arm oder ein Bein, das ihnen
einstmals bei einem Raub zur Strafe abgeschnitten wurde, mit dem Blut eines
Tieres, so als ob sie ihre Gliedmaßen durch Krankheit verloren hätten und
zeigen dies den Vorüberziehenden.
Für das
Erlernen all dieser Fertigkeiten gab es wahrscheinlich, wenn man einer
Randnotiz am Urtext der Predigt glauben will, sogar schon richtige
Ausbildungsstätten, sogenannte „Betrugsschulen“. Da hat sich wohl bei den
Taschendieben etwas bis in unsere Zeit hinein tradiert. Nicht mehr ganz
zeitgemäß dürfte dagegen die Masche mit den falschen Beichtvätern sein:
Was soll ich über die falschen
Beichtväter sagen? Gewisse Heuchler, die von bösen Dämonen beherrscht sind,
trifft man als Kleriker oder Laien, jedoch im Priestergewand, äußerlich sanft
wie Schafe, innerlich aber wild wie Wölfe...; sie erlegen den Pilgern oder
anderen Sorglosen in einsamen Gegenden falsche Bußen auf. Zunächst gehen sie
ein Stück gemeinsam des Weges und halten erbauliche Vorträge, zählen alle
Laster nacheinander auf; dann sprechen sie mit jedem einzelnen von ihnen
getrennt und fragen jeden im Geheimen nach seinem Gewissen und den begangenen
Sünden. Bald nachdem diese alles bekannt haben, erlegen sie dem einen dreißig,
dem anderen dreizehn Messen — je nach Sünde — als
Buße auf. Dann sagen sie dem Pilger: Lass im Gedenken an die dreißig Münzen,
mit denen der Herr verraten wurde, dreißig Messen lesen, und zwar von den
dreißig besten Münzen, die du besitzt; allerdings von Priestern, die nie etwas
mit Frauen hatten, weder Fleisch gegessen, noch je etwas zu eigen besessen
haben. Weil aber der Pilger nicht weiß, wo er solche Priester finden könne,
gibt er jenem dreißig Münzen, der für ihn einen solchen zu finden verspricht. Der
Empfänger des Geldes kümmert sich nicht um das Heil des Sünders, sondern steckt
das Geld in die Tasche und
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