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Auf dem Weg zu Jakob

Auf dem Weg zu Jakob

Titel: Auf dem Weg zu Jakob Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Adams
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müssen. Auf der anderen Seite wären die Reichen wohl auch nicht reich, wenn sie nicht ständig irgend jemanden abzocken würden, bloß bemächtigen sie sich dabei anderer Methoden.
    Meine innere Stimme sagt, dass ich auf dieses Dorf verzichten kann, weniger wegen der vermeintlich gefährlichen Bewohner, die es hier im Mittelalter gab, als wegen der paar zusätzlichen Meter. Nicht einen einzigen weiteren Abstecher will ich heute noch machen, so fertig fühle ich mich schon wieder von dem Anstieg hier herauf. Ich glaube, ich will jetzt nur noch in Estella, meinem Tagesziel, ankommen.
    Übrigens Einwohner: Als wir im darauffolgenden Herbst noch einmal Lorca besuchten, trafen wir auf einen alten Mann, der gerade dabei war, seinen beiden Enkelkindern zu zeigen, wie man selbstgepflückte Mandeln mit einem Hammer knackt. Er bot uns Mandeln zum Probieren an. Sie waren lecker und wir lobten seine Ernte. Daraufhin wollte er uns gleich den ganzen Korb voll schenken, er hätte schließlich noch mehr Bäume voller Mandeln, müsste sie nur pflücken gehen. Das Ganze mit einer freundlichen Offenherzigkeit vorgetragen, wie sie mir bei uns schon lange nicht mehr begegnet ist. Also, keine Furcht vor den Bewohnern.
    Wie gesagt, jetzt will ich nur noch ankommen, mich irgendwo im Schatten ausstrecken. Das frühe Aufstehen nach einer Nacht ohne tiefen Schlaf war sicherlich auch nicht förderlich, was meine momentane Verfassung angeht. Gut, wenigstens konnte ich ein paar Kilometer in angenehmeren Temperaturen vorankommen, jetzt kocht es. Der einzige Trost ist, dass es erst mal ein paar Meter bergab geht. Gut, dafür geht es gleich nach der Kurve wieder stramm nach oben. Nein, so kann es nicht weitergehen. Ich muss umdisponieren. So macht das keine Freude. Es ist kurz nach Mittag und ich fühle mich schon total erschöpft. Wirklich. Das Gepäck ist viel zu schwer. Ich werde das nie schaffen bis nach Santiago. Ob ein Mietwagen helfen kann? Ich verspreche mir, mich in Estella danach zu erkundigen.
     
    Es geht wieder bergab. Hier kommt jetzt auch die Abzweigung nach Villatuerta , das schon zu Römerzeiten existierte und im 11. Jahrhundert zum Besitz des Klosters Leyre gehörte. Der Ort verfügt über die Pfarrkirche de la Assunción , die aus dem 13. und 14. Jahrhundert stammt, und oberhalb des Dorfes liegt die Ermita de San Miguel aus dem 11. Jahrhundert. Aber ich habe mir ja geschworen, heute keine Abstecher mehr zu machen. Nur noch ankommen ist gefragt.
    Und so treffe ich hier jetzt die falsche Entscheidung. Aus Furcht vor möglicherweise holperigen Umwegen bleibe ich auf der Hauptstraße. Anfangs komme ich auch gut voran, denn es geht bergab. Die Bremsen kriegen sogar ordentlich zu tun. In der Ferne jedoch sehe ich schon wieder die nächste, nicht unerhebliche, langgezogene Steigung. Die Straße wandelt sich, wird breiter und bekommt plötzlich Autobahncharakter mit zwei Fahrstreifen und breitem Seitenstreifen, den ich nutze. Der übrige Verkehr prescht im Affenzahn an mir vorbei.
    Ich versuche den Schwung der Talfahrt auszunutzen, aber es hilft alles nichts, das geringste bisschen Steigung bremst mich aus. Ich trete jetzt ordentlich in die Pedale, um zumindest noch an einem Straßenarbeiter vorbei zu kommen. Der steht da schon auf dem glühenden Asphalt und starrt mir entgegen. Ich ringe schon wieder um Luft, als ich ihn passiere. Er murmelt irgend etwas, es hört sich an wie etwas Anzügliches, das ich zum Glück aber gar nicht so genau verstehe. Ich entwaffne ihn mit einem freundlichen „Hola“ und trete noch fester in die Pedale in einem ganz kleinen Gang, um zumindest noch ein- oder zweihundert Meter zu machen, bevor ich endlich vom Rad springen und schieben kann. Es riecht nach heißem Teerbelag und Auspuffgasen. Irgendwann nehme ich wahr, dass die Blumen im Feld rechts neben mir gelb sind, aber mehr auch nicht. Mein Blick ist fest auf die Kammhöhe gerichtet, die einfach nicht näher kommen will.
    Ich kann nicht mehr. So geht es nicht weiter. Das ist kein Urlaub. In Affenhitze ein viel zu schweres Rad eine stinkende Anhöhe hinaufzuschieben, Schmerzen in Schultern und Armen zu spüren, einen staubtrockenen Hals zu haben, nur ankommen zu wollen, nichts mehr anschauen wollen auf dem Weg dorthin. Das ist nicht, was ich mir vorgestellt hatte. Ich werde es ändern - wie weiß ich noch nicht. Ich kann hier auch keinen klaren Gedanken mehr fassen. Ich muss irgendwo hin, wo ich mich ausruhen kann und in Ruhe überlegen, wie es weiter

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