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Auf dem Weg zu Jakob

Auf dem Weg zu Jakob

Titel: Auf dem Weg zu Jakob Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Adams
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mir auf dreiviertel Strecke selbst bei Mithilfe der beiden Wanderer die Puste aus. Offensichtlich habe ich gar keine Kondition. Ich schleppe mich aber weiter und bedanke mich keuchend.
    Oben auf dem kleinen Dorfplatz suche ich mir ein schattiges Plätzchen unter den Arkaden auf einer kühlen Steinbank und trinke erst einmal etwas. Massenweise ziehen ständig irgendwelche Pilger vorbei. Einige von ihnen pausieren hier auch. Zeit für mein Schinkenbrot. Der Schinken ist sogar noch gut, aber was jetzt noch übrig ist, werde ich nicht mehr mitnehmen.
    Als könne er Gedanken lesen, taucht plötzlich ein kleiner Hund auf. Es ist ein Pilgerhund, der mit Schweizer Pilgerfrauchen Gassi geht, bis nach Santiago. Ja, er darf die Schinkenreste essen, und Frauchen gibt ihm frisches Wasser zu trinken. Die Hitze? Ja, sie macht ihm schon ein wenig zu schaffen. Ich erfahre von einem anderen Pilger, der zusammen mit seinem Husky aufgebrochen war, aber bald schon aufgeben musste, da der Hund (eine eher kälteresistente Rasse) die Hitze einfach nicht verkraftete. Andere Hunde sollen auf der langen Wanderung auch schon Probleme mit ihren Pfoten bekommen haben.
     
    Oben im Torbogen, durch den der Camino führt, hängt ein Stempel aus. Jeder kann hier seinen Pass selber abstempeln. Ich laufe den Camino ein kleines Stückchen auf der anderen Seite des Dorfes hinunter, denn ich will unbedingt die Römerstraße sehen, die sich hinter dem Dorf befinden soll. Ich sehe aber nichts, außer einem höllischen Anstieg zurück ins Dorf. Also mache ich kehrt und gehe zur wunderschönen Kirche San Román aus dem 12. und 13. Jahrhundert. Leider ist sie geschlossen, und so kann ich nur das romanische Portal, das zweifelsohne islamisch beeinflusst ist, bewundern. Ein wirklich interessantes Portal!
    Bei einem späteren Besuch von Cirauqui entdecke ich, dass man an den Rand des Dorfes hinter der Kirche gehen muss, um auf die Römerstraße herabzublicken zu können ( Seite 75). Total unromantisch überquert die N-111 die Römerstraße, auf der der Camino selbst verläuft. Die alte Straße ist mit großen Gesteinsbrocken gepflastert, also nicht ideal zum Radfahren.
    Ich werde von hier wohl mehr oder weniger auf der N-111 fahren müssen, da der Camino nicht für mein gepäckschweres Rad geeignet ist. Den Ort zu verlassen kostet jetzt viel Kraft in den Fingern, die die Bremsen anziehen. Ich fahre nicht, sondern versuche nur, das Rad einigermaßen kontrolliert die steilen Gassen hinab zu dirigieren.
     
    Auf den nächsten knapp 4 km geht es rasant voran. Unten im Tal zweigt eine Straße ab, wo auch ein Campingplatz ausgeschildert ist, aber der liegt wohl noch 14 km entfernt am Embalse de Alloz, wo es auch Wassersportmöglichkeiten geben soll. Utopisch, ihn als Übernachtungsmöglichkeit in Erwägung zu ziehen, wenn man kein Begleitfahrzeug hat.
    Habe ich hier im Tal seit meinem Adlerhorstausguck von heute morgen ca. 100 m Höhe verloren, muss ich jetzt auf dem nächsten Kilometer wieder 50 m davon neu erarbeiten. Es sind diese Anstiege, die mir die schöne Talfahrt vergraulen. Ich kann die Abfahrten gar nicht so richtig genießen, da ich weiß, gleich darauf wieder dafür bestraft zu werden. Aber vielleicht sehe ich es ja nur falsch herum. Vielleicht sollte ich mir sagen, ich erklimme jetzt diese Steigung und darf zu Belohnung den Hügel hinabrauschen.
    Ich schiebe auf der Hauptstraße, mir tun die Schultern und Arme weh, und es ist mittlerweile Mittag und die Sonne brennt herab. Ich habe Durst, möchte mich für einen Moment setzen, aber das geht hier nicht. Ich ackere mich die Anhöhe hoch, Meter für Meter, und stehe schließlich dem Dorf Lorca gegenüber, genau 34 km von Pamplona entfernt (ist das alles?) und 54 km von Logroño (Mensch, ist das noch weit!). Will ich mir Lorca jetzt anschauen? Was gibt's hier Besonderes?
    Das Dorf liegt am Río Salado, einem Fluss, der Salze enthält. Der mittelalterliche Pilgerführer Codex Calixtinus warnt vor diesem Fluss, denn Pilger, die im Mittelalter zu Pferd unterwegs waren, wurden hier nicht selten von den Dorfbewohnern überlistet, indem sie ihnen sagten, dass das nicht der gefährliche Río Salado sei und sie ihre Pferde unbesorgt tränken könnten. Kurz darauf starben die Tiere, und Dorfbewohner hatten wieder einmal Fleisch auf dem Tisch. Reizendes Volk! Na ja, sie waren wohl bettelarm, denn hätten Menschen ein gesichertes Auskommen, würden sie wohl eher nicht auf solche gemeinen Praktiken zurückgreifen

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