Auf dem Weg zu Jakob
relativ abrupt. Der Pariserin neben mir verschlägt es sogar für einen Moment die Sprache beim Anblick dieser grandiosen Landschaft.
Nachdem sich die Gebirge im Tertiär rundum aufgefaltet hatten, war das Ebrobecken anfangs noch vom Meer bedeckt. Auf dem Boden lagerten sich marine Sedimente ab, zunehmend dann auch Sedimente von der Erosion der umliegenden Gebirge. Das Meer verlandete. Das damalige Klima war sehr niederschlagsreich und ließ Flüsse entstehen, die sich durch die relativ weichen Konglomerate und Tonsedimentablagerungen fraßen.
Zurückgeblieben sind heute diese nackten Tafelberge mit dem Charme einer ariden Mondlandschaft. Auf ihnen wächst so gut wie nichts, denn es ist zu trocken. Beim heutigen Klima fällt ein großer Teil des Niederschlags ohnehin nur als Nieselregen in geringen Tagesmengen. Der Boden wird also nie richtig durchfeuchtet. Dazu kommt bei den weitverbreiteten Kalkmergeln und Sandsteinen mit oberflächlichen Salzausblühungen noch eine gewisse edaphische Aridität, da die Krustenbildung das Eindringen von Wasser verhindert.
Gelb bis ockerbraun ist die dominierende Farbpalette, gäbe es da momentan nicht noch ein paar frischgrüne Weizenfelder in den Senken. Blattfrüchte mit hohem Feuchtigkeitsbedarf wie Wein oder Gemüse haben hier auf den Trockenfeldern keine Chance. Gefragt ist deshalb trockenresistentes Saatgut, wie z.B. Therophyten als Winterkultur. Weizen und Gerste stehen somit als Leitkulturen des Trockenanbaus dar, wobei der Weizen eindeutig dominiert. Die widerstandsfähigere Gerste wäre zwar anbaumäßig prädestiniert, denn sie benötigt weniger Wasser, reift schneller und verbraucht weniger Nährstoffe, aber ihre Absatzchancen am Markt sind eindeutig schlechter.
Irgendwann verlässt der Bus die Hauptstraße und läuft abseits liegende Dörfer an. Er heizt dabei dermaßen über die engen, kurvenreichen Straßen und nach frischer Luft ringe ich vergebens. Die Sonne knallt auf den Bus und macht die Luft stickig.
Die mittelalterliche Brücke, die Santo Domingo de la Calzada und sein Schüler San Juan de Ortega jahrelang immer wieder instand setzen ließen, wurde im 19. Jahrhundert einfach durch eine neue Brücke ersetzt. Aber ich nehme jetzt sowieso die Fußgängerbrücke hinüber in die Altstadt ( Seite 79). Sofort treffe ich auf die Rúa Vieja . Sie führt mich vorbei an dem Bodenmosaik Juego de la Oca , dem Gänsespiel, dessen Bilder Orte und Symbole des Jakobsweges zeigen. Gleich um die Ecke befindet sich die Kirche Santiago el Real (15.-17. Jh.). Über dem Portal schwebt ein riesiger Santiago Matamoros , den man am besten vom Ende der Straße sehen (und fotografieren) kann. Zwei Nonnen kommen vorbei und diskutieren eifrig über die Rolle Santiagos als Maurenschlächter, als sei alles erst gestern passiert.
Bevor ich mich in den geschäftlichen Teil der Stadt vorarbeite, entdecke ich noch das außergewöhnlich schöne gotische Figurenportal der Kirche San Bartolomé (13./14. Jh.). Nachdem ich das alte Viertel verlassen habe, schiebe ich das Rad wieder über die Bürgersteige, denn der starke Autoverkehr scheint mir recht aggressiv.
Ich versuche die Touristeninformation zu finden, um ein Auto zu mieten, dort ist aber gerade Siesta. Ich muss noch mindestens zwei Stunden lang warten. Wo würde ich eine Autovermietung eröffnen? Da, wo Leute eintreffen, wäre doch logisch, d.h. Bahnhof oder gar Busbahnhof vielleicht. Ich setze mich auf mein Rad, schnalle den Helm fest und trete jetzt durch den Verkehr Richtung Busbahnhof. Vielleicht gibt es da eine Vermietung.
Inzwischen hat sich die Sonne versteckt, aber es ist noch immer schwülheiß. Am Busbahnhof ist weit und breit keine Autovermietung in Sicht. Ich gehe ins Gebäude und schaue mich an den verschiedenen Schaltern um. Vorsichtshalber notiere ich mir schon mal Abfahrtzeiten für Busse Richtung Nájera. Ich will noch auf der anderen Seite des Busbahnhofes nachsehen, ob es nicht vielleicht dort eine Autovermietung gibt. Als ich das Gebäude verlasse, ist es draußen auf einmal richtig dunkel geworden. Und als ich um die Ecke des Busbahnhofes biege, sehe ich nicht nur ganz am Ende der Straße das Reklameschild einer Autovermietung, sondern auch eine riesige, fette Gewitterwolke, die jeden Moment über der Stadt zu platzen droht.
Meine Wäsche ist draußen! Und meine Stiefel. Die würden Tage brauchen, um wieder zu trocknen. Nein, das darf nicht geschehen! Ich springe förmlich auf mein Rad, schwinge mich
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