Auf dem Weg zu Jakob
Disneyland wirkt. Lange in der Warteschlange zu stehen gefällt mir wenig, und so gehe ich zum Rathausplatz. Das Rathaus , Leóneser Barock mit klassizistischen Formen, stammt aus dem Jahr 1683. Berühmt ist es jedoch für die Uhr mit Bleifiguren, zwei Maragatos , die die Stunde schlagen.
Maragatos nennt man die Bewohner dieses Distriktes, der Maragatería. Die Maragatos sind wahrscheinlich Nachfahren eines Maurenstammes, die sich mit den hier lebenden Goten vermischt hatten, und bislang eine gewisse Eigenständigkeit bewahrt haben. Die Trachten der Bewohner sind meist pechschwarz, im Kontrast dazu trägt man knallgelbe oder rote Westen, Gürtel oder Kopftücher. Zu Dorfhochzeiten kommen alle und präsentieren ihre traditionellen Kleidungsstücke. Es wird getanzt und mit Kastagnetten, Trommeln und Flöten Musik gemacht. Wirtschaftlich hatten die Maragatos eine Nische für sich aufgetan. Sie waren bekannt als exzellente Logistiker und spezialisierten sich frühzeitig auf das Transportwesen.
Hier auf dem Platz ist es angenehm. Ich finde einen sonnigen Tisch in einem Café und kaufe mir einen Kakao. Dann irgendwann treten auch die beiden Maragatofiguren in Aktion. Es ist nur ein kurzes Schauspiel und wenige Minuten später hat sich die versammelte Besuchermenge auch schon wieder verteilt.
Als nächstes stehen das Ergastulum und das Schokoladenmuseum auf dem Programm. Das Ergastulum ist eine unterirdische Konstruktion mit Gängen von 50 m Länge, 5 m Breite und 5,9 m Höhe. Es handelt ich um ein ursprüngliches Gebäude von Asturica Augusta, wie Astorga zu Römerzeiten hieß. Die 1,5 m langen Steine wurden mit Mörtel aus zermahlenem Fels und Kalk verfugt, eine Art Zementtechnik, die man „opus caementicum“ nennt.
Man ist sich nicht ganz sicher, wozu das Gebäude diente. Möglicherweise war es ein Fundament oder Portico eines Gebäudes, oder es war tatsächlich ein römisches Sklavengefängnis.
Ironisch ist, dass die Gemeinde das Ergastulum 1892 zur Finanzierung eines neuen Gefängnisses verkaufte. Der Käufer wollte es dann abreißen lassen, um dort sein eigenes Haus zu erbauen, was jedoch noch verhindert werden konnte.
Das Schokoladenmuseum ist nur klein. Es war sicherlich einmal das Wohnhaus des eifrigen Sammlers. Heute stellt es nicht nur alte Geräte zur Schokoladenherstellung aus, sondern informiert auch über den Prozess an sich und zeigt auch etwas über die Kolonialgeschichte. Schokolade probieren und kaufen kann man natürlich auch.
Astorga ist eine süße Stadt, in jedem Sinne des Wortes. Außer den schnuckeligen Gebäuden des alten Zentrums werden an jeder Straßenecke Astorgas Spezialität, die Mantecadas verkauft. Es handelt sich dabei um ein leckeres Buttergebäck.
Inzwischen scheint sich die Besuchersituation am Bischofspalast etwas entspannt zu haben. Die Schlange ist kürzer geworden, und kaum schließe ich mich ihr an, kommt auch schon Bewegung in die Sache. Aber zwei Personen vor mir wird abgeblockt. Es darf immer nur eine bestimmte Anzahl Personen auf einmal hinein. Und nun dauert es - ich bin schon kurz davor, aufzugeben, da wird endlich der nächste Schwung hineingebeten. Der Grund für den abgezählten Einlass ist eine bestimmte Anzahl von Sitzplätzen in einem Kinoraum, wo auf Spanisch über den Bau des Palastes berichtet wird.
Ich schlendere auf eigene Faust durch die Räume, denn ich habe keine Lust, mit einer ganzen Horde durch den Palast zu laufen - aber ständig treffe ich auf andere Gruppen, die von Raum zu Raum geschleust werden und lange Erklärungen verpasst kriegen.
Für Momente gelingt es mir, allein in einem Raum zu sein, und das genieße ich. Es sind luftige, helle Räume, auch wenn die Fenster teils mit bunten Scherben verglast sind. Kein Raum ist wie der andere. Und Gaudí hat ganz enorm aufs Detail geachtet. Es sind oft die Kleinigkeiten, die das Gebäude so liebenswert machen. Leider verderben die Menschenmassen, die hier abgefertigt werden, den Gesamteindruck. Aber wollen die anderen Menschen nicht auch nur das sehen, was ich sehen will?
Es ist schon früher Abend, als ich Astorga verlasse. Mir geht es mittlerweile besser und ich verspüre sogar wieder richtig Hunger. Ich fahre zurück nach Hospital de Órbigo. Mit dem Auto kein Problem. Im Nu bin ich da, aber es ist noch viel zu früh, um hier etwas zu essen zu bekommen. Ich suche mir ein Restaurant aus, das schmackhafte Gerichte anbietet und gehe noch spazieren.
Ich überquere die
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