Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf dem Weg zu Jakob

Auf dem Weg zu Jakob

Titel: Auf dem Weg zu Jakob Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Adams
Vom Netzwerk:
mir mit. Der Busfahrer ruft zur Weiterfahrt. Alle steigen jetzt ein und winken mir bei der Abfahrt fröhlich zu.
     
    Jetzt bin ich tatsächlich für einen Moment hier allein und befestige schnell mein Fähnchen, das sofort aufs Heftigste im Wind schlägt. Meinen Stein lege ich zu den anderen Steinen ( Seite 107). Ob er wohl hier liegen bleiben wird? Die besonders schön verzierten Steine sollen angeblich verschwinden. Wahrscheinlich gibt es da jemanden, der sich eine Steinsammlung aus aller Welt zulegt. Ein Auto hält, eine Familie steigt aus. Der kleine Junge rennt sofort den Steinhaufen hoch, greift sich das Foto von dem Baby, verliert es fast im Wind, kassiert auch einen Anschiss dafür, bettet es dann aber wieder sorgsam in dem Steinhaufen.
     
    Vater und Sohn aus Brasilien strampeln den Berg hoch. Für den 16-jährigen Jungen ist die Tour ein Kinderspiel, aber der Vater, ein Bürohengst wohl so in meinem Alter, findet es schon nicht mehr ganz so leicht. Die Frau ist gleich daheim in Brasilien geblieben, da ihr die Strapaze dieser Tour zu groß erschien.
     
    Drei Italiener im Rennoutfit verschnaufen nur wenige Minuten am Cruz de Ferro und rasen dann gleich weiter. Fußpilger habe ich hier oben heute keinen einzigen gesehen.
    Inzwischen ist es schon Spätnachmittag, der Himmel hat sich etwas zugezogen und es wird kühler. Ich ziehe mich warm an für die Rückfahrt, denn ich werde keinerlei Kraft aufwenden müssen, um zum Auto zurückzukehren, sondern vom Fahrtwind ausgekühlt werden.
     
    Einen Kilometer nach dem Gipfel wird meine sausende Talfahrt allerdings durch eine Schafherde gebremst, die die Straße blockiert. Einen Schäfer sehe ich nicht, allein der riesige, respekteinflößende Hund treibt die Schafe professionell von der Straße und macht Platz. Ob das der gefürchtete Dorfköter aus Foncebadón war oder zumindest einer seiner Nachkommen?
     
    Ich halte in Foncebadón und kehre in der kleinen Kneipe ein - eine richtige Taverne, wie man sie sich aus dem Mittelalter vorstellt. Das Bruchsteingebäude ist rustikal eingerichtet und dekoriert. Die große, blonde junge Frau, die die Taverne betreibt, trägt eine mittelalterliche Kluft, ist flink und aufmerksam, und bietet auch leckere Mahlzeiten zu sehr zivilen Preisen an.
    Später höre ich, dass hier in Foncebadón ein Projekt läuft, u.a. auch mit Geldern aus Deutschland finanziert, das neues Leben in den Ort bringt. Die alte Kirche, die bislang bestenfalls als Viehstall diente, wird restauriert und als Herberge eingerichtet, wobei auch Behinderte Praktikantenplätze finden, um bestimmte Handwerke zu erlernen. Dass es hier überhaupt zu so einem Projekt in diesem bis vielleicht auf zwei oder drei Häuser ansonsten total verfallen Dorf kommt, ist sicherlich der wiederaufstrebenden Pilgerbewegung zu verdanken.
     
    Ich rausche die restlichen Kilometer zum Auto zurück. Was für eine Abfahrt! Und der kräftige Wind schiebt jetzt auch noch mit! Da ich fast vor der Pilgerherberge parke, schaue ich mal kurz hinein. Sie macht einen guten Eindruck.
    In dem romantischen Innenhof sitzen Pilger und schreiben ihre Tagebücher oder Postkarten. Ich spreche einen Augenblick mit dem Hospitalero, der mir dann auch noch hilft, das Rad wieder im Auto zu verstauen. Warum auf den Campingplatz zurück, fragt er. In der Herberge sei es besser und auch billiger. Und interessante Leute aus der ganzen Welt wohnten da auch - heute sei sogar eine Japanerin dabei.
     

Die Montes de León und das Gold der Römer
     
    Am nächsten Morgen fahre ich bei strahlendem Sonnenschein und viel wärmerem Wetter noch einmal mit meinem Auto durch Rabanal. An jeder Biegung versuche ich mich daran zu erinnern, wie ich mich gestern hier auf dem Rad fühlte. Mit dem Auto ist es kein Vergleich. Die Geräusche der Landschaft sind nicht zu hören, die Luft ist nicht zu schmecken, die Ausblicke nicht so intensiv zu genießen, da man ja ständig auf die Fahrbahn achten muss.
    Doch bevor ich überhaupt durch Rabanal komme, mache ich Frühstückspause bei El Ganso . Während ich auf einer Bruchsteinmauer sitzend mein leckeres knuspriges Marmeladenbrot verspeise, kommen die beiden Eselpilger vorbei, die ich schon vor ein paar Tagen am Straßenrand gesichtet hatte. Die beiden älteren Männer sind neben ihren Eseln, die Karren mit den Reiseutensilien ziehen, den ganzen Weg zu Fuß aus dem Vendée gekommen. In Santiago angekommen, werden die Franzosen auch den ganzen Weg zurücklaufen. Ich bewundere sie.
    Oben

Weitere Kostenlose Bücher