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Auf dem Weg zu Jakob

Auf dem Weg zu Jakob

Titel: Auf dem Weg zu Jakob Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Adams
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68 und 170 Verlierern aus, wovon einer sogar starb. Demzufolge dürfte er seine Halsfessel noch eine Weile getragen haben. Es wird aber auch spekuliert, dass möglicherweise gar keine Frau dahinter steckte, sondern er ganz alleine Santiago durch die vielen gewonnenen Turniere ehren wollte. Daneben gibt es die Variante, dass er vielleicht nur Geld benötigt haben könnte, um sich von einer Haftstrafe freizukaufen. Was auch immer sein Motiv für diese Turniere gewesen sein mag, einer der Verlierer suchte Suero de Quiñones 24 Jahre später auf und brachte ihn um, vermutlich aus Rache.
     
    Hier in Puente de Órbigo ist gerade Kirchgang. Kleine Kinder in Festtagskleidung, weiße Störche auf dem Dach der Kirche, deren Fassade mich an ein hanseatisches Bürgerhaus erinnert, tiefblauer Himmel und Sonnenschein, aber dabei ist es kalt, richtig kalt.
    Der Campingplatz befindet sich auf der anderen Seite des glasklaren Río Órbigo. Nach meinen letzten Erfahrungen mit Campingplätzen bin ich auf alles gefasst. Aber der Platz ist nicht nur geöffnet, sondern auch gut gepflegt und es sind Menschen dort, Dauercamper, die das Wochenende hier verbringen, und durchreisende Touristen. Ich bin erleichtert. Die schöneren Plätze sind sicherlich hinten, wo man mir auch anbietet zu stehen, aber ich ziehe die Nähe des Waschhauses vor, da eine Toilette in meiner Nähe noch immer unschätzbaren Wert hat.
    Nachdem ich mich eingerichtet habe, fahre ich am Nachmittag nach Astorga . Was für eine Stadt! Seit 1978 steht sie unter Denkmalschutz und 1986 hatte sie ihre 2.000-Jahr-Feier. Schon zur Römerzeit kreuzten sich hier wichtige Straßen, die in Ost-West-Richtung verlaufende Via Traiana, die alte Römerstraße, von der ich bereits Reste kennen gelernt habe, und die Via de la Plata (auch Silberstraße genannt), die von Sevilla in Süd-Nord-Richtung verläuft. Die arabischen Truppen unter Tarik entvölkerten den Ort im Jahr 714. Erst zwischen 850-855 siedelten sich unter Ordoño I wieder Menschen aus dem Bierzo an. Während der Kämpfe mit Almansor (984-988) und nach der Zerstörung von León wurde Astorga provisorische Hauptstadt. Zugleich war sie eine wichtige Pilgerstation, in der es jede Menge Hospitäler und Herbergen gab. Hier konnten die Pilger ausruhen und sich auf die schwierige Überquerung des vor ihnen liegenden Gebirges vorbereiten.
     
    Als erstes fällt mir natürlich der Palacio Episcopal ins Auge, der verspielt wirkende Bischofspalast, der 1913 von Gaudí fertiggestellt wurde. Er hätte genauso gut in Disneyland stehen und aus Plastik sein können. Aber das in Kreuzform angelegte Gebäude mit seinen vier Türmen, von denen einer größer als die anderen ist, ist aus grauem, schweren Granit gebaut, der aus dem Bierzo stammt - dennoch wirkt das Gebäude leicht ( Seite 103). Während des Bürgerkrieges war der Palast von der Falange besetzt, die leider das Innere ziemlich zerstört hat. Doch dank Marcelo Gonzáles Martín wurde 1963 dort das heutige Pilgermuseum untergebracht. Das muss ich sehen, allerdings ist es momentan wieder mal geschlossen.
     
    Also nehme ich mir erst einmal die Kathedrale Santa María vor. Sie ist geöffnet, und es findet gerade eine Sonderausstellung zum Thema „Kirchenkunst“ statt. Am Eingang muss ich meine Sachen abgeben, auch die Kamera darf nicht mit. Ist man einmal in der Ausstellung, vergisst man völlig, dass man in einer Kathedrale ist.
    Die Exponate sind von überall her zusammengetragen. Da gibt es diverse Matamorose und Peregrinos aus verschiedenen Materialien (einer aus Holz, der normalerweise nebenan im Bischofpalast untergebracht ist, ist schon so rott, dass ihm seine Muschel aus der Hand gefallen ist), alte Landkarten, Pilgerausrüstungen, Darstellungen von Wundern, aber auch Information zur Geschichte und Geographie. Alles ist beeindruckend lebendig und modern aufgezogen, teils mit Multivisionsschauen, und die Atmosphäre ist angenehm. Schließlich gelange ich in das eigentliche Schiff der Kathedrale. Auch hier stehen viele wertvolle Exponate und Kirchenschätze.
    Der Bau der Kathedrale wurde 1069 unter Alfons VI begonnen, in den darauffolgenden zwei Jahrhunderten wurde sie verändert, und erhielt erst ab 1471 ihr heutiges Aussehen mit den beiden Türmen im Renaissancestil und dem platerestken Barockdekor.
     
    Als ich die Ausstellung verlasse, hat mittlerweile der Bischofspalast geöffnet, aber der Ansturm von Reisegruppen ist derart gewaltig, dass die Szene nun erst recht wie im

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