Auf dem Weg zu Jakob
Biegung, ich krieche jetzt schon fast durchs Gebüsch, und die Schmiede ist noch immer nicht in Sicht. Nein. Das wird nichts. Ich gebe auf und kehre um.
Als ich wieder im Wagen sitze, kommt plötzlich ein Pfadfinder aus dem Unterholz und schlägt den Weg Richtung EI Acebo ein. Ich will jetzt die andere Zufahrt probieren. Nach ein paar Biegungen in der Straße treffe ich wieder auf den großen, kräftigen Straßenarbeiter, der hier mit ein paar Kollegen gerade Siesta hält. Sie winken, als ich vorbeifahre.
Bald schon gelange ich ins Dorf, in dem es plötzlich keine geteerten Straßen mehr gibt. Um auf die andere Seite des Flusses zu gelangen, müsste ich mit dem Wagen durch das Flussbett fahren. Möglicherweise hätte der Wagen das ja mitgemacht, aber ich will es nicht riskieren, mit dem kleinen Mietwagen stecken zu bleiben. Also steure ich den Wagen die steile Straße an diesem grausamen Abhang die gut 300 Höhenmeter nach oben, fünf schreckliche Kilometer lang. Auf halber Strecke überhole ich den Pfadfinder, der jetzt zusammen mit einem Kumpel läuft. Dann hat mich El Acebo wieder, wo ich jetzt auch das Schild entdecke, das Compludo renoviert wird.
Auf der Straße von El Acebo fahre ich hinab durch Riego de Ambrós nach Molinaseca , das auch schon zu Römerzeiten besiedelt war. Es lag an der Straße von Braga nach Astorga. Aus der Römerzeit erhalten ist heute noch die Brücke über den Río Meruelo, der im Sommer hier in einem Becken aufgestaut wird und eine Bademöglichkeit bietet. Der Ort wirkt völlig anders als die schroffen Bergdörfer. Die Häuser sind solide Gebäude, alle gut gepflegt. Es gibt Gasthäuser und jede Menge Restaurants, die nicht nur durchreisenden Pilgern eine Anlaufstätte bieten. Die Landschaft rundum hat an Lieblichkeit gewonnen. Auf den sanfteren Hängen finden sich plötzlich wieder Weinkulturen.
Noch habe ich etwas Zeit und fahre weiter, durchquere Ponferrada , das ich schon von weitem mit seinen rauchenden Schloten im Tal habe liegen sehen. Ponferrada ist die Hauptstadt des Bierzo, ist eine kleine, auf Bergbau und Eisenverarbeitung ausgerichtete Industriestadt.
Schon die Römer siedelten hier am Zusammenfluss der Flüsse Sil und Boeza und nannten den Ort „Interamnium Flavium“. Im 11. Jahrhundert wurde der Bau einer mit Eisen verstärkten Brücke über den Río Sil begonnen, daher auch der Name Ponferrada (Pons Ferrata / Puente Ferrada = Eisenbrücke). Diese alte Brücke existiert allerdings heute nicht mehr.
Aus dem 12. Jh. stammt die zinnengeschmückte Templerburg Castillo de los Templarios . Wieder einmal hatten sich die Templer das Ziel gesetzt, den Pilgerweg zu sichern. Aber sofort nachdem die Templerbewegung verboten wurde, fiel die Burg in die Hände des Königreiches Kastilien-León. 1850 verkaufte der Staat das Gebäude, einschließlich einer Genehmigung, es als Fußballstadion zu nutzen. Es wurde jedoch 1924 zum Nationaldenkmal erklärt, was es vor der Zerstörung bewahrte; seitdem wurden diverse Restaurierungen durchgeführt. Im Sommer werden auf dem Burggelände Ritterspiele abgehalten.
Laut Legende erschien beim Bau der Templerburg die Jungfrau María, als die Templer einen Eichenwald abholzten, um Baumaterial für die Burg zu besorgen. Der Jungfrau zu Ehren wurde im 16. Jahrhundert die Basilika Nuestra Señora de la Encina (encina = Eiche) errichtet. 1958 wurde die Jungfrau zur Patronin des Bierzo erklärt.
Auch sehenswert sind das Hospital de la Reina , 1498 von Isabel der Katholischen errichtet, das Kloster las Conceptionistas (16. Jh.) das zum Gedenken an die Erscheinung der Patronin des Bierzos gebaut wurde, der Uhrturm Torre de Reloj (16. Jh.) sowie das Rathaus . Schön ist auch die kleine mozarabische Kirche Santo Tomás de las Ollas aus dem 10. Jahrhundert, die ein wenig nördlich von Ponferrada liegt.
Ich nehme die Autobahn zurück nach Hospital de Órbigo, wo mein Zelt steht. Wieder am Campingplatz montiere ich mein Rad, um ein wenig durch die Gegend zu fahren. Ich fahre den Camino hinaus in die offene, flache Landschaft. Es ist mittlerweile früher Abend. Pilger sind nicht mehr unterwegs, nur hier und da treffe ich ein paar Bauern, die die Bewässerung auf ihren Feldern kontrollieren.
Am nächsten Morgen fahre ich gleich wieder bei Astorga auf die Autobahn, auf der ich das Gebirge umfahre und biege in Ponferrada ab. Mein heutiges erstes Ziel sind die römischen Goldminen Las Medulas ( Seite 111). Hinter Ponferrada biege ich auf die
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