Auf dem Weg zu Jakob
N-536, die trotz Steigungen und Windungen problemlos zu fahren ist. Bei Carucedo sind die Medulas mit einem großen braunen Schild, das stets Sehenswürdigkeiten ankündigt, ausgeschildert. Kurz darauf muss ich mich entscheiden für den Ort Las Medulas selbst oder das Dorf Orelán . Beide liegen in dem Gebiet der römischen Goldminen. Ich entscheide mich für Orelán. Die Straße ist sehr schmal und kurvenreich. Sie steigt an und führt wieder entlang eines Abhangs.
Ich erreiche Orelán und parke bei der Kirche. Von einer Goldmine nicht die Spur und auch kein Hinweisschild. Die Kühle der vorangegangenen Tage ist verschwunden. Heute weht kein Luftzug. Es geht auf Mittag zu. Das wird wieder nichts, fürchte ich. Ich setze mich missmutig ins Auto, rede mir gut zu, dass ich die scheußliche Straße jetzt zügig und sicher hinter mich bringen werde. Kaum bin ich hundert Meter auf ihr, sehe ich, wie ein Bus hochgekrochen kommt. Ich kutschiere zurück zur letzten Dorfabzweigung. Es dauert, bis sich der Bus hochgekämpft hat. Hinter ihm fahren zwei Touristenfamilien in ihren Pkw. Der Bus ist voller Schulkinder, die offenbar einen Ausflug machen. Wo können die hier schon hinwollen, außer zu den Goldminen?
Der Bus biegt in den Ort ein, die beiden Pkw folgen. Soll ich mich an den Konvoi dranhängen? Am Ortsausgang habe ich ihn auch schon eingeholt, denn hier geht's erst mal nicht weiter mehr. Der Bus muss um eine Kurve rangieren, ohne dabei den Balkon des Hauses abzureißen. Dann geht es aus dem Dorf heraus und alle biegen nach rechts ab. Da kommt es wieder zu einem Stau, denn der Bus lässt ein paar Fahrzeuge passieren, bevor er sich auf die weiter nach oben führende Schotterpiste begibt.
Ich parke den Wagen am Dorfrand unter einem großen Baum und mache mich fertig zum Wandern. Mit dem Rad wäre es zwecklos. Es geht so steil nach oben, dass ich sowieso nur schieben könnte, und auch nachher wieder runterfahren würde auf der Schotterpiste wohl eher in eine Rutschpartie ausarten.
Es ist glutheiß. Ich dachte, genügend Wasser eingepackt zu haben, als ich jedoch oben ankomme, ist es fast schon aufgebraucht. Aber was für ein Blick! Hier oben gibt es einen Aussichtsbalkon, von dem man das gesamte Goldminengebiet überblicken kann.
Zu meinen Füßen liegen Unmengen bizarrer Formen aus rotem Gestein, wie eine offene Wunde, die von Menschen in die Erde gerissen wurde. Wie die Römer an das Gold gelangten ist auf Informationstafeln dargestellt. Sie ließen von Tausenden von Sklaven lange Tunnel durch das Gebirge graben, insgesamt von mehr als 40 km Länge, wobei allein schon um die 60 Mio. m 3 Erdreich bewegt wurden. Anschließend wurde aufgestautes Wasser mit einer Wucht von 100 m 3 /h durch diese Tunnel und Kanäle geleitet, was das goldhaltige Gestein erodierte, bzw. auswusch. Pro Jahr wuschen die Römer hier etwa 10.000 kg Gold heraus. Ganze Berge sind dabei eingestürzt, so wie der große Krater vor mir.
Heute führen diverse Wander- und Mountainbikewege durch dieses Gebiet. Eine Tafel gibt Auskunft darüber, auf welchem Parcours man wie lange zu Fuß oder per Rad unterwegs ist ( Seite 111). Der Rückweg zum Auto, auf dem es 150 m Höhenmeter bergab zu bewerkstelligen gibt, ist nicht minder anstrengend als der Hinweg. Es ist so unerträglich heiß geworden, dass ich mich von Baumschatten zu Baumschatten rette. Das Auto ist zwar im Schatten geparkt, aber es ist trotzdem unerträglich heiß. Meine Trinkwasservorräte, auf die ich mich stürze, sind lauwarm und auch das Obst schmeckt ziemlich labberig.
Ich beschließe, direkt nach Villafranca zu fahren, dem letzten Ort vor Galicien, und mir dort ein kühles Hotelzimmer zu nehmen.
Villafranca , das am Río Burbia liegt, steht seit 1965 unter Denkmalschutz. Obwohl es schon im Neoliticum besiedelt war, wird der Ursprung der heutigen Stadt mit dem Camino de Santiago in Verbindung gebracht. So hat Alfons VI im Jahr 1070 das Kloster Santa María de Clunaco bzw. Cluniego oder auch Coruniego für die französischen Mönche aus Cluny gegründet. Im selben (ahrhundert entstanden auch die Hospitäler San Lázaro und Santiago . Eine Besonderheit: im Mittelalter gab es hier, ähnlich wie auch schon aus Navarra berichtet, eine doppelte Jurisdiktion, eine für Franzosen und eine für Spanier.
Diese Frankensiedlung war wohlhabend, denn das Land ist fruchtbar. Kein Wunder, denn das gemäßigte Klima profitiert von atlantischen wie von mediterranen Einflüssen. Es ist gut feucht,
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