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Auf den Flügeln des Adlers

Titel: Auf den Flügeln des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watt
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richtigen Zeit zuschlagen und ihn in Misskredit bringen musste. Falls Patrick glaubte, der Krieg wäre ein schmutziges Geschäft, würde er schnell feststellen, dass es in der Finanzwelt nicht weniger brutal zuging.
    Immer noch überprüfte George Hobbs jeden Besucher. Er bewachte das Büro wie ein Wachhund den Hof seines Herrn. Andere Mitarbeiter der Firma mochten kommen und gehen, aber George hatte sich durch seine ergebene Treue zu Lady Enid eine Lebensstellung gesichert. Granville hatte versucht, ihn in den Ruhestand zu schicken, denn für seinen Geschmack wusste der Sekretär zu viel. Aber Enid hatte ihr Veto dagegen eingelegt.
    Nun arbeitete George Hobbs also für Patrick. Seine intime Kenntnis des Labyrinths der Finanzstruktur des Macintosh-Imperiums war von unschätzbarem Wert. Schnell wurde Patrick klar, welch scharfen Verstand sein Sekretär besaß. Er belohnte ihn mit einer Gehaltserhöhung, was ihn in Georges Achtung weiter steigen ließ.
    Da George den alltäglich anfallenden Papierkram erledigte, hatte Patrick Zeit, aus dem Fenster zu sehen und die an den Kais liegenden Schiffe zu betrachten. Neben den wenig eleganten Schornsteinen der neueren Schiffe ragten anmutige Masten und Spieren in die Höhe, zwischen denen sich die Takelage spannte. In den Monaten, seit er den Militärdienst quittiert hatte und nach Neusüdwales zurückgekehrt war, hatte er die besten Lehrer gehabt, denn Lady Enid hatte die Geschäftsführer der verschiedenen Unternehmen des Konzerns mit seiner Einweisung beauftragt. Er lernte schnell, und die sonst so mürrische Frau strahlte vor Stolz, wenn sie die Berichte über seine bemerkenswerten Fortschritte las.
    Patrick verstand es, mit Menschen umzugehen, schließlich hatte er eine der härtesten Truppen des Empire befehligt. Die Schotten hatten wenig Geduld mit unfähigen Leuten, aber der junge Offizier aus den Kolonien hatte ihr Vertrauen gewonnen. Jetzt setzte er diese Führungsqualitäten bei seinen Mitarbeitern ein, ohne wie ein Tyrann auf der sklavischen Einhaltung von Vorschriften zu bestehen. Die Macintosh-Angestellten mochten ihn nicht nur wegen seiner umgänglichen Art, sondern respektierten ihn auch, weil er sich anhörte, was sie zu sagen hatten. Sorge bereitete Enid nur, dass er offensichtlich jede Art von Schreibarbeit verabscheute. Glücklicherweise besaß sie im Unternehmen genügend Vertraute, die dafür sorgten, dass ihr Enkel die notwendigen Informationen erhielt und die richtigen Dokumente unterzeichnete.
    Patrick seufzte, als ihm Granvilles Empfehlung einfiel, die Klipper der Flotte durch mit Kohle betriebene Dampfschiffe zu ersetzen. Ihm kam das vor, als würde man einen geliebten Hund einschläfern lassen. Für Patrick waren die schnellen Klipper die Windhunde des offenen Meeres. Doch auch ihm war klar, dass ihre Tage angesichts des technischen Fortschritts gezählt waren. Die majestätischen Schiffe waren den Winden ausgeliefert, die unberechenbar und kapriziös wie eine schöne Frau waren.
    Die Erinnerung daran, dass Granville diese Umstellung empfohlen hatte, verursachte Patrick Unbehagen. Er besaß immer noch großen Einfluss bei den Direktoren, und Lady Enid hatte Patrick gewarnt, dass Granville notfalls auch vor einer Diffamierungskampagne nicht zurückschrecken würde. Wenn es ihm gelang, Patrick als unehelichen Sohn eines katholischen Iren in Misskredit zu bringen, konnte ihm das in der streng protestantischen Geschäftswelt der Kolonie schaden. Für den Augenblick schützte ihn sein mutiger Einsatz im Dienst der Königin vor einer solchen Intrige.
    Allerdings hatte Enid, die in dieser Hinsicht nicht allzu optimistisch war, ihm auch vor Augen geführt, dass die Presse Skandale liebte und geduldig warten würde, bis seine Verdienste um das Mutterland vergessen waren. Nur weil die Zeitung, die sie im vergangenen Jahr gekauft hatte, ihn immer wieder als Helden des Suakin-Feldzugs ins Gespräch brachte, hatten sich die rivalisierenden Boulevardzeitungen bisher ruhig verhalten. Sie hoffte inständig, dass es ihrem Enkel gelang, seine Stellung so weit zu festigen, dass es die übrigen Zeitungen nicht mehr wagten, ihn wegen seiner Abstammung zu attackieren.
    Während Patrick auf das Meer der Masten blickte, fühlte er nervöse Erwartung in sich aufsteigen. Am Tag zuvor hatte er eine Nachricht mit der Bitte um ein Gespräch erhalten und sofort all seine Termine abgesagt, um seine Tante Kate zu empfangen.
    Würde sie sich ebenso distanziert geben wie sein Onkel

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