Auf den Flügeln des Adlers
Er sprach von den Kämpfen, die er ausgefochten hatte, und von den Orten, an denen er in den vergangenen zwanzig Jahren gewesen war.
Auch Patrick berichtete so viel wie möglich aus seinem Leben, von den ersten Jahren seiner Kindheit, die er bei Michaels Familie in Sydney verbracht hatte, und von der Zeit in Lady Enid Macintoshs Obhut in England. Verwundert stellten die beiden fest, dass es zahlreiche Parallelen zwischen ihnen gab, obwohl sie völlig unabhängig voneinander gelebt hatten. Patrick war ganz und gar der Sohn seines starken und gleichzeitig sanften Vaters.
»Bald wird es dunkel«, seufzte Michael, als der Hügelkamm vor ihnen anfing, mit dem Horizont zu verschmelzen. »Dann werden sie uns mit geballter Kraft angreifen.« Er überprüfte den großen Colt, den er zusätzlich zu der Winchester bereitgelegt hatte. Die Waffe war geladen und jederzeit einsatzbereit, falls sich ein Feind an ihn heranwagte.
»Wann soll ich aufbrechen?«, fragte Patrick widerwillig. Er fand es nicht richtig, dass sein Vater es allein mit dem Burenkommando aufnehmen wollte. Aber Michael hatte die besseren Argumente gehabt. Er hatte ihn daran erinnert, dass er als Soldat wissen musste, wie wichtig logisches Denken in solchen Situationen war. Mit Gefühlsduselei kam er bei seinem Vater nicht weiter; so etwas machte ihn nur wütend.
»Ziemlich bald«, erwiderte Michael, während er auf die Ebene am Fuß des Hügels hinausspähte. »Sobald die Sichtweite unter zwanzig Meter sinkt, wird Bronkhorst bei diesem Wetter nicht lange fackeln.«
»Das dürfte in etwa zehn Minuten sein«, meinte Patrick mit einem Blick zum Himmel.
»Hast du alles?«, fragte Michael, als würde sein Sohn seinen Schulranzen packen und nicht versuchen, einen Belagerungsring zu durchbrechen. »Du hast dir gemerkt, was ich dir über den Kraal unten am Fluss erzählt hab?«
Patrick klopfte mit der Hand auf ein in Segeltuch gewickeltes Paket. Es enthielt eine Sammlung von Gegenständen, die ihm bei seinem Fluchtversuch als eine Art Schwimmweste dienen sollten. »Ja, ich soll mich bis zum Kraal durchschlagen und dort nach Mbulazi fragen«, erwiderte Patrick.
Sein Vater grunzte zustimmend. »Mbulazi ist ein alter Zulukrieger und hat nicht viel für die Buren übrig. Er wird von dem britischen Posten in De Aar Hilfe holen. Aber lass dich bloß nicht auf ein Saufgelage mit dem alten Gauner ein. Seine Leute brauen ein Maisbier, das haut den stärksten Mann um. Ich weiß das aus eigener Erfahrung.«
»Du könntest mitkommen«, schlug Patrick hoffnungsvoll vor. »Bis die hier sind, sind wir beide weg.«
»Das ist aussichtslos, Patrick«, erwiderte sein Vater betrübt. »Dieser Bure ist ein erstklassiger Kämpfer. Dem ist absolut klar, dass wir versuchen werden, in der Dunkelheit zu entkommen. Solange sie wissen, dass ich noch da bin, werden sie sich darauf konzentrieren, mich in der Dunkelheit zu überrennen. Ich bin der Mann, den sie suchen. Du bist nur eine Dreingabe.«
»Du musst unbedingt durchhalten! Ich verspreche dir, dass ich Unterstützung hole und zurückkomme, so wahr mir Gott helfe! Sonst will ich nicht mehr Duffy heißen.«
Michael lachte leise über Patricks finstere Entschlossenheit. Es wurde allmählich dunkel, und er konnte das Gesicht seines Sohnes kaum noch erkennen. Genauso gut hätte er der kleine Junge sein können, dem er einst bei Fräsers Paddock in Redfern begegnet war. »Weißt du, Patrick«, sagte er liebevoll, »vor langer Zeit in Cooktown dachte ich einmal, ich müsste sterben. Damals hat mir deine Tante Kate von dir erzählt, und ich habe es geschafft, dem Sensenmann von der Schippe zu springen. Jetzt bist du bei mir, und weißt du was? Wenn du sagst, dass du Hilfe holst, dann weiß ich, dass das stimmt.«
Nach diesen vertrauensvollen Worten gelang es Patrick nur mühsam, die Tränen zu unterdrücken. Kein besonders gelungener Abschied, wenn ein Sohn vor seinem Vater heulte! »Wir haben noch viel miteinander zu besprechen«, sagte er mit erstickter Stimme. Er bemühte sich, normal zu sprechen, damit sein Vater nicht merkte, dass er gegen die Tränen kämpfte. »Wenn das hier vorbei ist.«
»Das werden wir auch tun, Patrick«, gab Michael leise zurück. »Aber jetzt verschwindest du besser. Ich habe das Gefühl, die kommen bald.«
Patrick kroch zu seinem Vater und nahm dessen Hand in seine. Er drückte sie kräftig. Dann erhob er sich, und sein Vater schloss ihn kurz, aber fest in die Arme.
»Sag deiner Mutter, dass du sie
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