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Auf den Flügeln des Adlers

Titel: Auf den Flügeln des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watt
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nicht«, seufzte Godfrey. »Es könnte schädlich für meinen Ruf sein, wenn man mich mit einem gesuchten Verbrecher wie Ihnen sieht, Mister Duffy. Aber wir verschwenden unsere Zeit mit Banalitäten. Das ist doch nichts für alte Soldaten wie Sie und mich.«
    Die vorübergehenden Passagiere der Fähren beachteten die beiden Männer kaum. Sie hätten ebenso gut zwei Gentlemen sein können, die die Chancen eines Vollbluts auf der Rennbahn von Randwick diskutierten oder die Bedrohung durch das alarmierende Auftreten der Russen in Afghanistan. Das Gespenst des russischen Bären griff drohend nach Süden, nach dem Tor zu Indien. Die australischen Kolonien des britischen Empire waren besonders gefährdet. Viele Bürger der Hafenstadt sprachen bereits von einem möglichen Schlag der mächtigen russischen Marine gegen die verwundbaren Pazifikkolonien Englands. Gerüchten zufolge sollten die freiwilligen Kolonialtruppen, die von demselben Kai abgelegt hatten, an dem Michael und Colonel Godfrey jetzt standen, zurückgerufen werden, um die Stadt zu verteidigen, falls die gefürchteten russischen Kriegsschiffe wirklich im Hafen auftauchten.
    Hätte jemand das Gespräch der beiden Männer belauscht, so wäre er wahrscheinlich überrascht gewesen, dass sie nicht die konkrete Bedrohung durch die Russen, sondern die langfristige Gefährdung der Kolonien durch Deutschland diskutierten.
    Schweigend hörte Michael zu, als Colonel Godfrey ihm erklärte, welche Unterstützung er und John Wong bei ihrer Jagd nach Informationen erhalten würden. Ihre Aufgabe sollte es sein herauszufinden, ob Otto von Bismarck beabsichtigte, im Pazifik Gebiete für den Kaiser in Besitz zu nehmen. Schließlich verabschiedeten sich die beiden Männer mit einem Handschlag.
    Michael blieb noch am Wasser stehen, paffte seine Zigarre und dachte über seinen nächsten Schritt nach. Er würde in das Büro unter der engen Wohnung zurückkehren, die er mit John Wong teilte. Die Miete dafür wurde aus den Mitteln von Horace Brown finanziert. Durch die Lage direkt am Wasser am einen Ende der Bucht hatten sie einen hervorragenden Überblick über Ankunft und Abfahrt der Schiffe. Offiziell handelte es sich um ein Import- und Exportbüro für die östlichen Märkte Chinas. Gleichzeitig boten sich dort günstige Voraussetzungen für die Überwachung der Aktivitäten im Hafen, wo vielleicht die richtigen Leute dazu gebracht werden konnten, über Dinge zu sprechen, die für den Geheimdienst wichtig waren.
    Dann grübelte Michael über den schwierigsten Aspekt seiner Mission nach. Das war nicht die Gefahr, der er sich durch eine mögliche Konfrontation mit dem preußischen Adligen aussetzte, sondern eine eventuelle Begegnung mit Fiona. Er zog am Rest seiner Zigarre und schnippte den Stummel ins Wasser.

20
    Captain Patrick Duffy dachte nur noch daran, wie er den nächsten Tag des Wüstenfeldzugs überleben konnte. Die britische Expeditionsstreitmacht hatte einen mörderischen Marsch durch den glühend heißen Wüstensand zu den Anhöhen hinter dem Dorf Tamai hinter sich. Bei Sonnenuntergang errichteten die Männer hastig aus Steinen und Erde eine Schanze, eine Zareba. Über ihnen trieb ein Gasballon, von dem aus die Manöver der Derwisch-Armee in der Ferne jenseits der Ruinen des Dorfes beobachtet wurden. Im Ballonkorb wurde hastig ein Bericht verfasst und abgeworfen. Ein wartender Läufer eilte mit der Nachricht zu General Grahams mobilem Hauptquartier: Die Derwische zogen sich vor der vorrückenden britischen Armee in die Berge zurück. Die meisten hätten sich über diese Nachricht gefreut. Nicht so General Graham. Er wünschte sich eine entscheidende Auseinandersetzung mit den Rebellen, und zwar in einer Schlacht nach militärischen Regeln. Die flüchtenden Krieger des Mahdi gaben ihm diese Gelegenheit nicht.
    Patrick, der allein am äußeren Verteidigungsring stand, fühlte sich angesichts des Rückzugs der Derwische nicht so erleichtert wie seine Kameraden. Der Anblick, der sich ihnen auf dem Schlachtfeld bei McNeill’s Zareba geboten hatte, hatte ihre Begeisterung für den Krieg deutlich gedämpft, obwohl sie sich das untereinander nicht eingestehen mochten. Patrick wusste nur zu gut, dass in dieser Nacht keiner von ihnen ungestört schlafen würde. Seine Erfahrung im Sudan-Feldzug hatte ihn gelehrt, dass sich in der Nacht einzelne Trupps zurückschleichen würden, deren Scharfschützen sie nicht zur Ruhe kommen lassen würden. Sogar ein richtiger Angriff war denkbar.

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