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Auf den Schwingen des Adlers

Auf den Schwingen des Adlers

Titel: Auf den Schwingen des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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anrufen können?«
    »Nur einen: Raschid.«
    Coburn wußte, daß Simons Raschid nicht haben wollte, weil der den Sturm auf das Gefängnis angeführthatte, und wenn jemand ihn wiedererkannte, noch dazu als Fahrer eines Vehikels voller Amerikaner, könnten sie in die größten Schwierigkeiten kommen. Aber Coburn fiel niemand anders ein.
    »Na gut«, sagte Simons. »Ruf ihn an.«
    Coburn wählte Raschids Nummer. »Jay Coburn hier. Ich brauche Ihre Hilfe.«
    »Gerne.«
    Coburn wollte die Adresse ihres Verstecks nicht nennen, denn es konnte sein, daß die Leitung angezapft war. Ihm fiel ein, daß Bill Dvoranchik leicht schielte. Also sagte er: »Erinnern Sie sich an den Burschen mit dem komischen Blick?«
    »Mit dem komischen Blick? Ach, ja ...«
    »Nennen Sie keinen Namen. Wissen Sie, wo er gewohnt hat?«
    »Klar ...«
    »Sagen Sie es nicht. Dort bin ich. Kommen Sie hierher.«
    »Jay, ich wohne kilometerweit entfernt und habe keine Ahnung, wie ich durch die Stadt kommen soll ...«
    »Versuchen Sie’s eben«, sagte Coburn. Er kannte Raschids Einfallsreichtum. »Sie werden es schon schaffen.«
    »Na gut.«
    »Danke.« Coburn legte auf.
    Es war Mitternacht.
    Paul und Bill hatten sich aus dem Stapel Pässe, den Gayden aus den Staaten mitgebracht hatte, jeweils einen herausgesucht, und Simons trug ihnen auf, die Namen, Geburtsdaten, besonderen Kennzeichen, sowie sämtliche Visa und Einreisestempel auswendig zu lernen. Die Fotografie in Pauls Paß sah ihm mehr oder minder ähnlich, aber mit Bill war es nicht so einfach. Keins von den Fotos paßte richtig, und am Ende wählte er den Paß von Larry Humphreys, einem blonden, ziemlich nordischen Typ, dem Bill jedoch nicht im mindesten ähnelte.
    Während die sechs die Einzelheiten der Reiseausarbeiteten, die sie in den nächsten Stunden antreten wollten, stieg die Spannung. Rich Gallaghers Armeeinformanten zufolge wurde in Täbris gekämpft; sie würden sich also an die südliche Route um den See Rezaiyeh halten und durch Mahabad fahren. Die Geschichte, die sie auf Befragen erzählen wollten, sollte der Wahrheit möglichst nahekommen – Simons’ bevorzugte Strategie, wenn er lügen mußte. Sie wollten erzählen, sie seien Geschäftsleute auf dem Heimweg zu ihren Familien, der Flughafen sei geschlossen, und sie führen in die Türkei.
    Um den guten Eindruck nicht zu verderben, würden sie keine Waffen bei sich führen. Zu dieser Entscheidung rangen sie sich nur schwer durch – wenn sie unbewaffnet und wehrlos mitten ins Revolutionsgetümmel gerieten, würden sie es sicherlich noch bereuen. Aber Simons und Coburn hatten auf ihrer Erkundungsfahrt herausgefunden, daß die Revolutionäre an den Straßensperren stets nach Waffen suchten. Simons’ sechster Sinn sagte ihm, sie täten besser daran, sich aus Schwierigkeiten nicht herauszuschießen, sondern herauszureden.
    Außerdem ließen sie die Benzinfässer zurück, mit denen sie in ihrer Rolle als Privatleute auf der Heimfahrt allzu professionell und durchorganisiert gewirkt hätten.
    Immerhin nahmen sie eine Menge Geld mit. Joe Poché und das ›Saubere Team‹ waren mit fünfzigtausend Dollar abgezogen, aber die Simons-Truppe besaß noch immer ungefähr eine Viertelmillion Dollar, zum Teil in iranischen Rial, Deutschen Mark, Pfund Sterling und in Gold. Fünfzigtausend Dollar verstauten sie in Zellophanbeuteln, beschwerten sie mit Schrotkugeln und versteckten sie in einem Benzinkanister. Weitere Geldsummen wanderten in eine Kleenex-Schachtel und ins Batteriefach einer Taschenlampe. Den Rest des Geldes teilten sie unter sich auf und versteckten es am Körper.
    Um ein Uhr war Raschid immer noch nichteingetroffen. Simons schickte Coburn ans Hoftor, um nach ihm Ausschau zu halten.
    *
    Er stand in der Dunkelheit, zitterte vor Kälte und hoffte, Raschid würde bald auftauchen. Morgen würden sie fahren, ob nun mit oder ohne ihn; aber ohne ihn kamen sie wahrscheinlich nicht sehr weit. Die Landbevölkerung würde Amerikaner vielleicht nur aus Prinzip festhalten. Trotz aller Bedenken Simons’ wäre Raschid der ideale Führer: Der Bursche konnte mit Engelszungen reden.
    Coburn dachte an zu Hause. Liz war wütend auf ihn, das stand bereits fest. Sie hatte Merv Stauffer ganz schön getriezt, tagtäglich bei ihm angerufen und gefragt, wo ihr Mann sei, was er täte und wann er endlich heimkäme.
    Coburn wußte, daß er eine Entscheidung fällen mußte, wenn er in die Staaten zurückgekehrt war. Er war sich nicht sicher, ob er den Rest seines

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