Auf den Schwingen des Adlers
Aktiengesellschaft möglicherweise nicht erlaubt sei, eine solche Summe sozusagen für Lösegeld herzugeben. Perot wischte diesen Einwand vom Tisch: Dann würde er das Geld eben aus seiner eigenen Tasche bezahlen.
Perot war zuversichtlich gewesen, daß bei der Befreiung wenigstens eine der drei Möglichkeiten greifen würde: gesetzlicher oder politischer Druck oder die Zahlung der Kaution.
Aber dann traf eine Hiobsbotschaft nach der anderen ein.
Plötzlich tönten die Rechtsanwälte im Iran ganz anders:Einer nach dem anderen bezeichnete den Fall nun als »politisch«, von »politischer Tragweite« oder als »heiße politische Kartoffel«. John Westburg war sogar von seinen iranischen Kompagnons gebeten worden, sich nicht länger mit dem Fall zu befassen, weil er sie bei den Mächtigen in Mißkredit bringen könnte. Ganz offensichtlich befand sich der Untersuchungsrichter Hussein Dadgar durchaus nicht auf unsicherem Boden.
Tom Luce und Tom Walter waren nach Washington gefahren und hatten, begleitet von Admiral Moorer, im Außenministerium vorgesprochen. Sie hatten erwartet, sich mit Henry Precht an den Verhandlungstisch zu setzen und gemeinsam eine scharf formulierte Forderung auf Freilassung von Paul und Bill zu entwerfen. Henry Precht gab sich jedoch zugeknöpft. Er hatte ihnen zwar die Hand geschüttelt – das ließ sich kaum vermeiden, da sie in Begleitung eines ehemaligen Vorsitzenden der Gemeinsamen Generalstäbe erschienen waren –, aber er hatte sich keineswegs mit ihnen an einen Tisch gesetzt. Statt dessen hatte er sie an einen Untergebenen weitergereicht. Der wußte zu berichten, daß keiner der Vorstöße des Außenministeriums irgendeinen Erfolg gezeitigt hatte: Weder Ardeschir Zahedi noch Charlie Naas war es gelungen, Pauls und Bills Freilassung zu erwirken.
Tom Luce, der nicht eben mit Hiobs sprichwörtlicher Geduld gesegnet war, wurde fuchsteufelswild. Es sei schließlich die Aufgabe des Außenministeriums, so argumentierte er, für den Schutz amerikanischer Bürger im Ausland zu sorgen, doch alles, was es bisher erreicht hätte, wäre, daß Paul und Bill im Gefängnis säßen. Keineswegs, bekam er zu hören: Das Ministerium habe bereits mehr als seine Pflicht getan. Ließen sich Amerikaner im Ausland etwas zuschulden kommen, so unterstünden sie den Gesetzen des jeweiligen Landes. Irgendwelche Leute aus Gefängnissen herauszupauken, gehöre nicht zu denPflichten des Außenministeriums. Aber, wandte Luce ein, Paul und Bill hätten überhaupt kein Verbrechen begangen, sie seien nichts als Geiseln für dreizehn Millionen Dollar!
Er hätte sich seine Mühe sparen können. Mit leeren Händen kehrten er und Tom Walter nach Dallas zurück.
In der Nacht zuvor hatte Perot die US-Botschaft in Teheran angerufen und bei Charles Naas angefragt, warum er sich noch nicht mit den von Kissinger und Zahedi benannten Beamten getroffen habe. Die Antwort war denkbar einfach: Die Beamten ließen sich Naas gegenüber verleugnen.
Heute rief Perot wieder bei Kissinger an und erstattete ihm Bericht. Kissinger gab seinem Bedauern darüber Ausdruck, glaubte aber nicht, daß er sonst noch etwas tun könne. Trotzdem würde er sich noch einmal bei Zahedi melden.
Eine weitere Hiobsbotschaft vervollständigte das Bild. Tom Walter hatte zusammen mit den iranischen Rechtsanwälten versucht, die Bedingungen festzulegen, unter denen Paul und Bill gegen Kaution freigelassen werden könnten: Würden sie zum Beispiel versprechen müssen, für weitere Verhöre in den Iran zurückzukehren oder könnten sie auch im Ausland befragt werden? Keins von beiden, teilte man ihnen mit: Sollten Paul und Bill auf freien Fuß gesetzt werden, dürften sie den Iran trotzdem nicht verlassen.
Heute war Silvester. Seit drei Tagen hatte Perot sein Büro nicht mehr verlassen, hatte auf dem Fußboden genächtigt und sich von Käsebroten ernährt. Zu Hause war niemand – Margot und die Kinder hielten sich noch immer in Vail auf –, und wegen des Zeitunterschieds von neuneinhalb Stunden zwischen Texas und dem Iran mußte er dringende Telefongespräche oft mitten in der Nacht führen. Er verließ das Büro nur, um seine Mutter zu besuchen, die aus dem Krankenhaus entlassen worden warund sich nun in ihrem Haus in Dallas erholte. Sogar mit ihr sprach er über Paul und Bill, war sie doch an der Entwicklung dieses Falls höchst interessiert.
An diesem Abend wollte er unbedingt etwas Warmes essen und beschloß, trotz des Hundewetters – ein eisiger
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