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Auf den Schwingen des Adlers

Auf den Schwingen des Adlers

Titel: Auf den Schwingen des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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seiner Anziehungskraft ausmachte.
    »Wir beide müssen heute einmal Tacheles miteinander reden«, sagte Perot. »Zwar habe ich die Absicht, mindestens hundert Jahre alt zu werden, aber sollte mir doch vorher etwas zustoßen, dann erwarte ich von dir, daß du das College verläßt, nach Hause zurückkehrst und dich um deine Mutter und um deine Schwestern kümmerst.«
    »Das würde ich ohnehin machen«, sagte Ross. »Mach dir darüber keine Sorgen.«
    »Und sollte deiner Mutter etwas zustoßen, so möchte ich, daß du zu Hause lebst und deine Schwestern aufziehst. Ich weiß, das ist viel von dir verlangt, aber ich sähe es garnicht gerne, wenn du fremde Leute dafür anstelltest. In solch einem Fall braucht die Familie dich , weil du dazugehörst. Ich verlasse mich darauf, daß du zu Hause mit ihnen zusammenlebst und dich darum kümmerst, daß sie ordentlich erzogen werden ...«
    »Dad, das hätte ich ohnehin getan, auch wenn du es nie erwähnt hättest.«
    »Fein.«
    Der Junge erhob sich zum Gehen. Perot begleitete ihn zur Tür. Er war überrascht, Tränen in den Augen seines Sohnes zu sehen.
    Perot hatte den Plan, selber nach Teheran zu fliegen, noch nicht genauer ins Auge gefaßt, wußte jedoch, daß er es nicht fertig bringen würde, sich im Hintergrund zu halten, während seine Männer ihr Leben aufs Spiel setzten.
    Seine Familie würde geschlossen hinter ihm stehen, so viel war Perot klar. Sie hatten ihn alle stets ermutigt zu tun, was er für seine Pflicht hielt.
    Während er noch saß und überlegte, kam seine älteste Tochter Nancy herein.
    »Poops!« sagte sie. Das war ihr Kosename für ihren Vater.
    »Hallo, kleine Nan! Komm her!«
    Sie ging um den Schreibtisch herum und setzte sich auf seinen Schoß.
    Er liebte Nancy über alles. Sie war achtzehn Jahre alt, blond, sehr klein, aber kräftig und erinnerte ihn an seine Mutter. Genau wie Perot selbst war sie energisch und eigensinnig und verfügte wahrscheinlich über ebensoviel Begabung fürs Geschäft wie ihr Bruder.
    »Ich komme, um dir Lebewohl zu sagen – ich fahre nach Vanderbilt zurück.«
    »Hast du Großmutter noch einmal besucht?«
    »Klar.«
    »Braves Mädchen.«
    Sie war bestens aufgelegt und freute sich darauf, wieder zur Schule zu gehen; die gespannte Atmosphäre ignorierte sie.
    »Wie wär’s mit ein bißchen Extrageld?« fragte sie.
    Perot lächelte nachsichtig und zückte seine Brieftasche. Wie stets war es ihm unmöglich, ihr zu widerstehen.
    Sie steckte das Geld ein, gab ihm einen Kuß auf die Wange, sprang von seinem Schoß herunter und verließ das Zimmer.
    Dieses Mal hatte Ross Perot senior Tränen in den Augen.
    *
    Das ist ja das reinste Klassentreffen, dachte Jay Coburn. Die alten »Teheraner« hockten zusammen in einem Zimmer, warteten auf Simons und schwatzten über den Iran und die Evakuierung. Da war einmal Ralph Boulware, der wie ein Maschinengewehr redete; dann Joe Poché, der nachdenklich herumsaß und so aufgekratzt wirkte wie ein beleidigter Roboter; Glenn Jackson, der über Schußwaffen sprach; Jim Schwebach, dessen schiefes Lächeln stets den Eindruck erweckte, er wüßte mehr als man selbst; und Pat Sculley, der sich über den Angriff auf Son Tay ausließ. Mittlerweile wußten sie alle, daß sie den legendären Bull Simons kennenlernen sollten. Als er noch Ranger-Ausbilder gewesen war, hatte Sculley Simons’ berühmten Sturm auf Son Tay in seinen Lehrplan aufgenommen; er wußte also genauestens Bescheid über die minuziösen Vorbereitungen, die endlosen Probeläufe und die Tatsache, daß Simons all seine Männer lebend zurückgebracht hatte.
    Die Tür ging auf und eine Stimme befahl: »Alles aufgestanden!«
    Sie stießen ihre Stühle zurück und erhoben sich.
    Ron Davis schlenderte herein und grinste von einem Ohr zum anderen.
    »Du Rindvieh!« sagte Coburn, und alle mußten lachen, als sie begriffen, daß sie hereingelegt worden waren. Davis ging herum und gab jedem einen lockeren Begrüßungspatsch.
    Das war typisch Davis, er mußte immer den Clown spielen. Coburn betrachtete einen nach dem anderen und fragte sich, wie er wohl in einer gefährlichen Situation reagieren würde. Der Kampf war schon eine komische Sache; man konnte nie voraussagen, wie einer damit fertig wurde. Der Mann, den man immer für den tapfersten gehalten hatte, konnte den Schwanz einziehen, während der größte Feigling plötzlich zum Fels in der Brandung wurde und die Stellung behauptete.
    *
    Alle Gespräche verstummten, als Simons zum Kopfende des

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